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Skandalfilme - cineastische Aufreger gestern und heute

Skandalfilme - cineastische Aufreger gestern und heute

Titel: Skandalfilme - cineastische Aufreger gestern und heute
Autoren: Stefan Volk
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Knörer, www.jump-cut.de
    «Der Film schwankt zwischen Befreiungsschlag und Schlag gegen ästhetisches Empfinden und tradierte Sehgewohnheiten. Der Einsatz der Handkamera erleichtert nicht gerade die Rezeption. Das Spiel von größtenteils eigentlich Gesunden, die mit Lust Behinderte mimen, um bürgerliche Individuen aus der Fassung zu bringen und dabei extreme Grenzerfahrungen machen, balanciert manchmal hart an der Grenze des Erträglichen.»
    Margret Köhler, Filmdienst, 1998
    «Von Trier hat das Drehbuch in vier Tagen geschrieben, die der Regisseur mit den Tagen verglich, in denen Sade Justine niedergeschrieben haben soll. Aber in alledem ist das Zentrum verloren, die politische oder philosophische Projektion. Die transgressiven Szenen in diesem Film, die Handkamera-Aufnahmen kopulierender Genitalien, eine Szene, in der einer der spassers sich von zwei Rockern beim Pinkeln helfen lassen muss, um nicht zu verraten, dass er den Idioten nur spielt, übertreffen in ihrer beiläufigen Detailliertheit ‹authentische› Sex-Szenen in französischen Filmen wie S IT C OM oder L A VIE DE J ÉSUS . Sie stellen wohl nicht nur die Zensur in den verschiedenen europäischen Ländern vor neue Probleme, sondern auch die Bereitschaft des Publikums, das Interesse vom Kino-Mythos auf das hyperrealistische Detail zu richten. Kein ‹Orgien-Mysterien›-Kult, sondern pure Gegenwärtigkeit des Körpers und der Begegnung von Begehren und Hysterie. Der Skandal der Sexualität in diesen Filmen ist ihre Trivialität, der Skandal ihrer Hysterie ist es, dass sie nichts mehr zur Sprache bringt.»
    Georg Seeßlen, Strandgut, April 1999
    «Einen Film zu beurteilen, der im Grunde ein kunstvolles Experiment oder einen Rorschachtest für Kinozuschauer darstellt, ist keine leichte Aufgabe. Dies ist die Art von Film, die zwischen Meisterstück und heillosem Fehlschlag schwankt, abhängig davon, wie der Zuschauer auf ihn reagieren möchte.»
    Jeremiah Kipp, www.filmcritic.com , 24. April 2000
    Es liegt nahe, die Dogma-Bewegung in der zyklisch zwischen Illusionierungs- und Realitätsanspruch schwingenden Filmhistorie letzterem zuzurechnen. Und es darf wohl angenommen werden, dass das Manifest von Filmtheoretikern wie Kracauer oder Bazin und Strömungen wie dem Neo-Realismo oder der Nouvelle Vague beeinflusst wurde. Insgesamt divergieren die Dogma-Filme ästhetisch und inhaltlich aber zu stark, um sich über die Produktionsregeln hinaus auf einen Nenner bringen zu lassen.
    Von einer gemeinsamen Schule kann allenfalls bei den dänischen Dogma-Filmen gesprochen werden, die im Dunstkreis der «Dänischen Film Schule» entstanden sind. Mogens Rukov, der Leiter der dortigen Abteilung Drehbuch, war bei mehreren Filmen an der Stoffentwicklung beteiligt. Und nur bei zwei der ersten zehn dänischen Dogma-Filme führte kein ehemaliger Schüler der Kopenhagener Schule Regie: Søren Kragh-Jacobsens M IFUNE (Dogma #3, 1999) und Natasha Arthys A LT, NEU, GELIEHEN & BLAU (Dogma #32, 2003). Arthy, die mehrfach von der «Dänischen Film Schule» abgelehnt wurde, drehte prompt einen Film, der gut und gerne als «romantic comedy» durchgehen könnte. Aber auch die Werke der ehemaligen Kopenhagener Studenten lassen sich nicht über einen Kamm scheren. Ihre Gemeinsamkeiten gründen weniger in den Dogma-Prinzipien als in gemeinsamen Vorbildern und Ausbildern. So rückte beispielsweise Per Fly (ebenfalls Kopenhagener Absolvent) mit seinem Nicht-Dogma-Familiendrama D AS E RBE (2003) inhaltlich und ästhetisch näher an Vinterbergs Dogma #1 heran als Susanne Bier mit ihrem Liebesdrama O PEN H EARTS – F ÜR IMMER UND EWIG (Dogma #28, 2002) oder Lone Scherfig mit I TALIENISCH FÜR A NFÄNGER (Dogma #12, 2000), von dem außerhalb Dänemarks die wenigsten überhaupt wissen, dass es ein Dogma-Film ist.
    Aus internationaler Perspektive zeigt sich endgültig, dass die Dogma-Regeln keinen einheitlichen oder auch nur ähnlichen Stil und Realitätsbezug erzwangen. Zu unterschiedlich nutzten die Filmemacher den gestalterischen Spielraum, den das «Keuschheitsgelübde» ihnen ließ. Die verwackelte Handkamera hatte als Dogma-Markenzeichen rasch ausgedient. So ruhig, unauffällig und souverän bewegte sich die Kamera in manchen Dogma-Filmen, dass sie dabei ganz in Vergessenheit geriet. Zwar verstoßen genaugenommen fast alle Dogma-Produktionen gegen Regel Nr. 8, die Genre-Filme verbietet, da das Genreraster mittlerweile so fein gesponnen ist, dass sich ihm kaum ein Film entziehen kann.
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