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Simsala. Die Geschichte Eines Kleinen Zauberers.

Simsala. Die Geschichte Eines Kleinen Zauberers.

Titel: Simsala. Die Geschichte Eines Kleinen Zauberers.
Autoren: Georg Dreißig
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hatte es plötzlich eilig.
    »Vielleicht hast du recht«, sagte er, indem er sich erhob, »vielleicht sollte ich mich wirklich mehr dafür interessieren, was der Junge erzählt. Aber besser noch, ich schaue mich jetzt selbst einmal um. Wenn mich mein Spürsinn nicht täuscht, lässt sich da ein hübsches Geheimnis lüften. Das gibt einen schönen Stoff für die Zeitung.« Der Fotoreporter gab seiner Frau einen flüchtigen Kuss, langte im Hinausgehen nach der karierten Mütze auf dem Hutständer, rief über die Schulter noch einmal: »Ade, Hannchen, bin schnell mal unterwegs. Es kann auch etwas später werden«, dann hörte Frau Brunk nur noch hinter ihm die Haustür ins Schloss fallen. »Spätzünder«, schimpfte Frau Brunk hinter ihm her. »Für den Zauberer hätte dein Spürsinn wirklich früher aufwachen müssen. Heute Nachmittag ist der Simsala doch längst ausgeflogen, und du stehst nur vor verschlossenen Türen und kannst Mücken fotografieren.« Sie hatte beinahe Recht. Nicht nur die Schüler waren längst nach Hause gegangen. Auch Karl, der Hausmeister, war fort. Die freiwillige Feuerwehr, der er angehörte, hatte eine Übung angesetzt. Die ganze Schule war wie ausgestorben.
    Aber nur beinahe wie ausgestorben. Denn just diesen Nachmittag hatte sich Rektor Häusler zum Teppichfliegen ausgesucht.
    Der Fotoreporter hatte wirklich einen vortrefflichen Spürsinn, auf den er sich verlassen konnte.
    Hätte jemand um die Mittagszeit ins Rektorenzimmer hineingeschaut, er hätte sich gewiss die Augen gerieben. Denn er hätte dort ein Kind und einen älteren Herrn mit überkreuzten Beinen auf dem Läufer vor dem Schreibtisch des Rektors sitzend gefunden, die immer wieder die seltsamsten Bewegungen mit den Händen machten. Zum Glück überraschte niemand Simsala und den Rektor beim Teppichflug-Unterricht.
    Der Junge war sich ganz komisch vorgekommen, als der Rektor ihn gebeten hatte, ihm alles ganz genau zu zeigen. Man denke nur: er, Simsala, sollte den Schuldirektor unterrichten!
    Aber nun saßen sie sich auf dem Läufer gegenüber und waren längst ordentlich in Eifer geraten. Der kleine Zauberer hatte darüber ganz vergessen, dass Rektor Häusler so genau über die Teppichfliegerei gar nicht Bescheid zu wissen brauchte, da ja in Wirklichkeit er, Simsala, den Teppich lenken würde.
    Aufmerksam verfolgte Rektor Häusler, was der kleine Zauberer ihm vormachte, und übte es still und eifrig: die Weg-werfbewegung der Hand, als wollte man einen Teller durch die Luft werfen, um den Teppich zu starten, die weisenden Daumenbewegungen, wenn man steigen oder landen wollte, die Schaukelbewegung mit dem flachen Handteller, wenn man eine Kurve flog, und schließlich das liebevolle Tätscheln des Teppichs, wenn er schneller fliegen sollte. Auf einmal bemerkte Simsala, dass sich eine Mücke auf Rektor Häuslers Handfläche niederließ und dort zu saugen begann. Er erinnerte sich an die Fliege, die sich auf seine eigene Nase gesetzt hatte, als er mit Miau Teppichfliegen geübt hatte, und dachte für sich: »Gleich lässt er den Teppich trudeln und stürzt ab.« Aber der kleine Zauberer irrte sich. Der Rektor ließ das Insekt einfach sitzen, verzog nicht einmal das Gesicht, und seine Hand blieb so ruhig wie zuvor. Simsala bewunderte ihn.
    Als sich die Mücke sattgetrunken hatte und wieder fortgeflogen war, bemerkte der Rektor bloß: »Ich werde ganz hoch fliegen. Da sind die Viecher heute nicht.« Aufmerksam übten sie weiter.
    »Haben wir's?«, fragte Herr Häusler endlich, als Simsala die Hände sinken ließ.
    Der Junge nickte. »Fertig«, erwiderte er, »jetzt können wir's wagen.«
    Rektor Häusler strahlte vor Erwartungsfreude, dass man meinen konnte, er sei auf einmal zwanzig Jahre jünger geworden.
    »Also los«, rief er mutig und eilte dem kleinen Zauberer voraus.
    Simsala nahm die Teppichrolle unter den Arm und folgte ihm. Sie gingen zu dem Platz hinter den Schulgebäuden, wo Vater Bim in den ersten Tagen immer gelandet war. Der Ort war hinter Büschen etwas verborgen, sodass ein ungebetener Zuschauer ihn nicht leicht einsehen konnte. Rektor Häusler nahm auf dem Teppich Platz. »Warten Sie noch, bis ich Ihnen aus dem Rektorenzimmer zurufe«, erinnerte Simsala den Rektor. Herr Häusler nickte gehorsam Sie hatten verabredet, dass Herr Häusler nur unter der Aufsicht des kleinen Zauberers flog - für den Fall, dass etwas schiefgehen sollte. Das Rektorenzimmer erschien dem kleinen Zauberer für seine Zwecke besonders geeignet, da
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