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Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)

Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)

Titel: Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)
Autoren: Frank Demant
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Schwarzbach würde für immerdar im Fegefeuer schmoren.
    Auf der letzten Etappe seiner inneren Einkehr widmete er sich dem Umstand, daß Klaus-Dieter ja wegen seiner vermeintlichen Startbahnmorde abgestraft worden war. Und hier lag, da beißt die Maus keinen Faden ab, von irgendeiner Seite ein Denkfehler vor. Klaus-Dieter war kein Mörder. Den Tod hatte er zwar verdient, aber ein Mörder war er nicht. Zur Untermalung dieser gescheiten Erkenntnis schlug sich Herr Schweitzer vehement mit der rechten Faust in die linke Handfläche. So vehement, daß auf der gegenüberliegenden Sitzbank ein Muttchen erschrocken zusammenfuhr. Als Simon Schweitzer diese Reaktion auf seine Aktion bemerkte, errötete er leicht und entschuldigte sich gestenreich, nicht daß es wieder hieß, die Jugend von heute tauge nichts.
    Aber wer hatte denn nun die zwei Polizisten ermordet? Herr Schweitzer mußte sich eingestehen, daß er in diesem Punkt nicht weiterkam. Als er an der Feuerwache ausstieg, war er aber soweit mit sich im reinen, daß der Tod des Stadtverordneten von Stund an kein übergeordnetes Thema mehr für moralische Fragenkomplexe sein sollte. Ab sofort gedachte er, wieder an seine Liebste, Maria von der Heide, zu denken. Und das tat er intensiv, da war er durch und durch Frankfurter. Goethe hatte auch nichts anderes im Kopp gehabt. Hieß es.
    Daheim gelüstete ihn nach einem Tee. Diesen Trieb befriedigte er umgehend. Danach wußte er nichts Vernünftiges mit sich anzufangen. Zum Buchlesen fehlte ihm die Lust, Putzen und ähnliche Aktivitäten kamen bei dieser Hitze nicht in Frage. Solche von Phlegma geprägten Tage kamen im Leben ab und an vor, und Herr Schweitzer, der alte Taktiker, pflegte diese Zustände in aller Gemütsruhe an sich vorüberziehen zu lassen. Geschadet hatte es noch nie.
    Irgendwann im Laufe des Spätnachmittags, als er einfach nur so durch die Wohnung streunte, kam er am Zimmer seiner Untermieterin vorbei. Er klopfte, obwohl er wußte, daß Laura auf Arbeit war. Selbstverständlich reagierte niemand auf sein Klopfen. Voller Heimtücke öffnete er die Tür einen Spalt breit und spähte vorsichtig hinein. Niemand da. Ohne an etwaige Folgen zu denken, ging er zur aufgespannten regenbogenfarbigen Hängematte. Liebevoll doch tatkräftig packte er Bimbo, den Stoffelefanten, der die Hängematte als Schlafstatt okkupiert hatte, und setzte ihn auf den Boden. Dann kletterte er ungelenk hinein. Irgendwie war Feinmotorik nicht sein Ding, er lag bäuchlings, und die Schnüre preßten sich in sein verzerrtes Gesicht. Die Füße hatten sich auch verheddert.
    Zehn Minuten später hatte sich Herr Schweitzer wieder befreit, und er stand voller Unverständnis vor diesem Teufelswerk und betrachtete es. Nach einem ausgedehnten Studium versuchte er es erneut. Diesmal ging er weniger blauäugig zu Werke, nein, seinem Tun lag sogar ein ausgetüftelter Plan zugrunde. Er setzte sich auf die Hängematte, so daß die Beine herausbaumelten. Dann legte er sich quer zur vom Konstrukteur erdachten Liegerichtung. Kopf und Füße schwebten im Freien, aber der Clou kam ja noch. Zentimeter für Zentimeter arbeitete er sich nun voran, das heißt, im Kreise und gegen den Uhrzeigersinn. Natürlich mußte er da von Zeit zu Zeit die Gliedmaßen und einige andere Körperteile anheben, um den Stricken und Querverstrickungen Gelegenheit zu geben, sich neu zu formieren und auszurichten.
    Nach nicht einmal einer Viertelstunde lag er völlig erschöpft aber glücklich und werbepostergleich, in dulci jubilo sozusagen, in der regenbogenfarbenen Hängematte. Probeweise stieß er sich mit dem Fuß an der Wand ab. Es schaukelte. Und wie. Die Hände verschränkte Simon Schweitzer hinter dem Kopf. Als er ausgeschaukelt hatte, stieß er sich von neuem ab. Undsoweiter. In ihm reifte der Gedanke, ein baugleiches Modell in seinem Zimmer aufzuspannen. Man könne da als Aufhängepunkt möglicherweise einen starken Baumstamm installieren. Sein Schreiner wußte da bestimmt Rat.
    Er sah eine rosige Hängemattenzukunft auf sich zukommen. Einstweilen jedoch, er hätte es gerne vermieden, kehrten seine Gedanken selbständig zu Detailfragen des Schwarzbachdelikts zurück.
    Karin hätte zwei Morde verhindern können, hatte sie selbst gesagt. Wie hatte er diesen Aspekt die ganze Zeit unbeachtet lassen können? Vielleicht lag ja hier des Rätsels Lösung. Rein mathematisch betrachtet, hieß das bei insgesamt drei Morden, daß damit nur der Doppelmord an der Startbahn gemeint sein
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