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Silberfieber

Silberfieber

Titel: Silberfieber
Autoren: Peter Wuehrmann
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stellte sich vor Frank auf.
    »Es ist besser, wenn du mich nicht so schnell vergisst«, sagte er und näherte sich seinem Gesicht. Frank kam es vor, als habe Einstein hinter seiner Maske ein spöttisches Krächzen von sich gegeben.
    Dann wandte er sich ab, machte zwei Schritte zum anderen Ende des Heizkörpers hin und drehte den Thermostat bis zum Anschlag auf.
    »He, bist du bescheuert? Hast du eine Ahnung, wie heiß das hier in der engen Wohnung wird?«, protestierte Frank.
    Aber Einstein stand schon wieder in der Tür. Er drehte sich nicht mehr um, sondern hob nur noch die rechte Hand und schwenkte zum Abschied die Pistole, bevor er so schnell wieder verschwand, wie er gekommen war.

2
    Michael Zylinski hockte in seinem Wohngemeinschaftszimmer im dritten Stockwerk eines Hauses in Hamburg-St.Pauli auf dem Fußboden vor seinem alten Compaq-Notebook. Er korrigierte den Text einer Hausarbeit in Meeresgeografie, die er in zwei Tagen abgeben sollte. Der Arbeit galt jedoch nur ein kleiner Teil seiner Aufmerksamkeit. Mit einem Ohr kontrollierte er die summenden Geräusche der achtzig Gigabyte Festplatte seines PC-Towers, auf der gerade die neueste Version des Computerspiels Rolling Tetris aus dem Internet heruntergeladen und abgelegt wurde, mit dem anderen Ohr verfolgte er die Spätausgabe der Tagesthemen, während er mit der Nase den aktuellen Zustand seiner Fertigpizza überprüfte, die er in der Küche in den Backofen geschoben hatte.
    Zwischen dem leisen, kratzenden Geräusch der Festplatte und der monotonen Fernsehstimme erklang plötzlich die Erkennungsmelodie einer englischen Fernsehserie aus den sechziger Jahren.
    Michael drückte sofort auf die Empfangstaste seines Handys.
    »Hallo Michael, hier ist Katja, ist Frank bei dir?«, hörte er die Stimme der Frau sagen, die er schon seit Beginn seines Studiums an der Universität Hamburg verehrte. Selbstverständlich ohne es in den letzten drei Jahren jemandem verraten zu haben.
    »Nein, aber warte einen Moment«, antwortete Michael und tastete mit einer Hand nach der Fernbedienung des Fernsehers. Dabei stieß er gegen den Bildschirm des Notebooks, das sofort zuklappte und die letzten beiden Seiten seiner Hausarbeit im Nirwana verschwinden ließ. Noch bevor er den Fernseher abstellen konnte, kollidierte sein rechter großer Zeh mit dem Tischbein seines Schreibtisches, wodurch die Festplatte augenblicklich zu surren aufhörte. Michael biss sich auf die Unterlippe und fluchte leise. »Mist!« Er hielt die Fernbedienung weiter in der einen und das Handy in der anderen Hand und hüpfte auf einem Bein in die Küche, um wenigstens dort das Schlimmste zu verhindern.
    »Ist bei dir alles in Ordnung?«, hörte er Katja aus dem Hörer fragen.
    »Ja, alles bestens«, sagte Michael, während er die Fernbedienung ins Spülbecken warf und den Schalter des Backofens ausdrehte.
    Katja Albers war eine dieser strahlend schönen Frauen mit blonden Haaren und hellblauen Augen, von denen es in jedem Semester nur wenige gab. Michael fand, dass man nicht so genau einschätzen konnte, ob diese Traumfrauen tatsächlich so gut aussahen, oder ob sich in ihren strahlenden blauen Augen nur die grenzenlose Bewunderung widerspiegelte, die ihnen durch die versammelte männliche Zuhörerschaft in den ersten Vorlesungen zuteil wurde.
    Katja Albers wurde schon bald in Begleitung eines Mitglieds der groß gewachsenen männlichen Sportfraktion gesehen, die zumeist ebenso blond war wie deren weibliche Eroberungen. Bei Katjas Eroberer handelte es sich im Übrigen um Michaels besten Freund, Frank Schönbeck.
    Seinem Aussehen nach gehörte Michael Zylinski nicht zu den auffallend attraktiven Studenten, ohne dass er das sonderlich bedauert hätte. Er zählte eher zu den vielen normalen und unauffälligen Studenten, schlank, aber weder durchtrainiert noch muskulös. Er trug eine Brille, die nicht sehr modisch war, aber auch keine extra dicken Brillengläser hatte. Er ließ sich keinen Bart stehen, ging aber auch nicht alle drei Wochen zum Friseur, um sich die lockigen, braunen Haare nachschneiden zu lassen. Seine Professoren konnten sich nicht unbedingt sofort an sein Gesicht in der dritten Sitzreihe des Hörsaals und den dazugehörigen Namen erinnern.
    Die Unauffälligkeit hatte jedoch den unwiderlegbar großen Vorteil, fand Michael, dass man notfalls bei der nächsten Vorlesung immer behaupten konnte, man sei auch bei der letzten zugegen gewesen, selbst wenn das nicht unbedingt stimmen musste.
    »Ich dachte,
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