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Sieben Siegel 08 - Teuflisches Halloween

Sieben Siegel 08 - Teuflisches Halloween

Titel: Sieben Siegel 08 - Teuflisches Halloween
Autoren: Kai Meyer
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Verliebtheit?
    Toby spürte, dass ihm ein wohliger Schauder den Rücken hinunterlief. Lisa war einfach unglaublich süß, ganz gleich, ob nun komisch oder nicht.
    Er verließ die Mumiengrabkammer und betrat das Labor des Verrückten Wissenschaftlers. Früher war dies ein Chemieraum gewesen, damals, bevor die Schulleitung den Altbau geschlossen und den kompletten Unterricht aller Klassen in den neuen Trakt der Schlossschule verlegt hatte. Aber das war lange vor Tobys Schulzeit gewesen, vor über zehn Jahren. Seitdem stand der Altbau leer und wartete auf eine gründliche Renovierung – doch dafür fehlte das Geld. Es hatte die Schülervertretung eine Menge Zeit und Mühe gekostet, die Schulleitung zu überreden, den Trakt für Giebelsteins erste große Halloweenfeier zu öffnen.
    Alle Räume des Altbaus waren dekoriert worden, in jedem erwartete die Besucher eine neue gruselige Überraschung. Die Fenster waren verdunkelt, und in monatelanger Arbeit waren im Kunstunterricht und in der Freizeit aufwändige Kulissen gezimmert worden. Während mutige Besucher die einzelnen Horrorszenarien begutachteten und dabei von Zombies, Vampiren und anderen Monstern attackiert wurden, fand im Innenhof der Schule ein Halloweenmarkt statt. Daneben gab es – auf einer eigens hergerichteten Bühne – eine Gruselshow mit unheimlichen Zauberkunststücken, eine kurze, ziemlich blutige Theateraufführung und den Auftritt einer einheimischen Heavy-Metal-Band.
    Der Tag war ein voller Erfolg gewesen, und fast alle Schüler hatten eifrig mitgearbeitet – sogar Lisa und ihre sonderbare Clique.
    Toby hatte den Vormittag in einem viel zu warmen Werwolfkostüm verbracht und sich brüllend in den Ketten einer Kerkerzelle gewunden. Später hatte er dann die Rolle eines Führers übernommen und Besuchergruppen von einem Horrorraum zum anderen begleitet. Deshalb kannte er den Altbau und seine Dekorationen wie seine Westentasche.
    Jetzt löschte er das Licht im Labor des Verrückten Wissenschaftlers und trat hinaus auf den menschenleeren Korridor. Die Wände des Gangs waren mit schwarzem Stoff verhängt, der sich oben an der Decke ausbeulte wie ein orientalischer Baldachin. Notleuchten auf Metallständern summten wie ein Wespenschwarm – sie waren nur für den heutigen Tag angebracht worden, da sich herausgestellt hatte, dass das alte Stromnetz des Trakts nicht mehr genutzt werden konnte. Das Licht der Notleuchten war spärlich und von einem ungesunden Gelb, aber alle waren der Meinung gewesen, dass es ganz wunderbar zur unheimlichen Atmosphäre beitrug.
    Als Tobys Blick auf seine Hände fiel, hatte das Licht sie gelblich verfärbt. Er fand, dass die Haut krank aussah, wie von hässlichen Ekzemen befallen. Leichenhände.
    Er atmete tief durch – und hörte ein Geräusch!
    Erschrocken schaute er sich um, doch der Gang war noch immer in beiden Richtungen verlassen. Ihm kam der Gedanke, dass seine Freunde ihm vielleicht einen Streich spielen wollten, um ihm den Gewinn der Wette zu vermiesen.
    Da – schon wieder!
    Es war ein kurzes, kaum hörbares Zischen, wie von etwas Dünnem, das rasch durch die Luft saust, gefolgt von einem leisen Klatschen. Wie der Schlag einer Peitsche.
    Toby stand mucksmäuschenstill und horchte. Das Einzige, was er jetzt noch hörte, war der dumpfe Lärm vom Innenhof, wo sich die Halloweenfeier anscheinend ihrem Höhepunkt näherte. Die dicken Mauern des Altbaus dämpften die Laute und Stimmen, vermischten sie zu einer unwirklichen Klangsuppe, die hin und wieder hochschwappte, um sich gleich darauf zu einförmigem Schweigen zu glätten. Die Stoffbahnen an den Wänden taten ein Übriges, die Spuren der Außenwelt auszusperren.
    Das Peitschengeräusch war jedoch aus dem Inneren des Gebäudes gekommen, daran bestand kein Zweifel. Sogar aus diesem Stockwerk. Vielleicht aus einem der angrenzenden Räume.
    Toby räusperte sich. »Hallo? Ist da jemand?«
    Gut möglich, dass sich ein paar der älteren Schüler aus der Oberstufe hier herumtrieben und Bier tranken. Oder vielleicht eines der Liebespaare, die sich sonst in die Gebüsche vor der Schule verdrückten. Plötzlich war Toby ziemlich neugierig.
    Vorsichtig schlich er zur nächsten Tür.
    Ein Windstoß von weiß-Gott-woher wehte den Gang hinunter und bauschte die schwarzen Stoffe an den Wänden auf. Es sah aus, als schöben sich bizarre Gestalten an den Mauern entlang, heimlich, verborgen hinter den Stoffbahnen. Der Luftzug rauschte auf Toby zu und passierte ihn. Hinter ihm setzte
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