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Sieben Siegel 01 - Die Rückkehr des Hexenmeisters

Titel: Sieben Siegel 01 - Die Rückkehr des Hexenmeisters
Autoren: Kai Meyer
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Schweineblut, den sie vor seine Tür gestellt hatten, nicht angerührt – im Gegenteil, er war am Morgen darüber gestolpert und hatte sich seinen schicken schwarzen Anzug ruiniert. Zwar hatte er die drei Freunde in Verdacht gehabt, aber Beweise hatte er keine vorbringen können.
    Es war bereits dunkel, als sich die Freunde dem Bahndamm näherten. Sie hatten den Feldweg, der von der Hauptstraße abzweigte, schon nach wenigen Metern verlassen, waren durch eine Schneise zwischen den Hecken gehuscht und liefen jetzt über die offenen Weiden.
    »Sollten wir nicht lieber näher bei den Hecken bleiben?«, schlug Lisa vor. »Die Büsche werfen einen ziemlich dunklen Schatten. Keiner könnte uns dort sehen.«
    Sie hatte natürlich Recht. Es war ziemlich leichtsinnig, mitten über die Wiesen zu laufen, wo das Mondlicht sie weithin sichtbar machte. Also schlugen sie sich nach links und folgten dem Verlauf einer Hecke, die fast bis zum Bahndamm führte. Nur auf den letzten Metern mussten sie erneut über offenes Weideland laufen.
    »Mist!«, rief Nils plötzlich.
    »Was ist?«, fragte Kyra.
    »Tretminen.«
    »Kuhfladen?«, Kyra kicherte schadenfroh. »Hart oder weich?«
    Auch Lisa grinste. »Dem Geruch nach hatte die Kuh eben erst zu Abend gegessen.«
    Nils grummelte etwas vor sich hin und wischte sich seinen Turnschuh am Gras sauber. Dann schlichen sie lautlos die Böschung hinauf und beobachteten durch das Geäst der Brombeersträucher den Schienenstrang. Zu beiden Seiten war niemand zu sehen. Zögernd verließen sie ihr Versteck und sahen sich um. Von hier oben hatte man sogar im Mondlicht eine gute Aussicht über das Hügelland, bis nach Giebelstein im Süden und zum finsteren Waldrand im Norden. Die Steinkuppel des Hügelgrabs schimmerte in einiger Entfernung wie die Schädeldecke eines Riesen.
    »Seht mal, da drüben«, wisperte Lisa plötzlich aufgeregt und wies mit dem Finger in südwestliche Richtung.
    Die anderen sahen sofort, was sie meinte.
    Einige hundert Meter nördlich des Dorfes lag die Kirche Sankt Abakus. Sie war das einzige Gotteshaus in Giebelstein, und wer die Messe besuchen wollte, musste den Gang durch die Felder in Kauf nehmen. Außerhalb der Stadtmauer zweigte ein schmaler Weg von der Hauptstraße ab, eingefasst von buschigen Hecken, der den steilen Hügel zur Kirche hinaufführte. Sankt Abakus stand einsam und trutzig auf dieser Erhebung, umgeben von den Grabsteinen und Kreuzen des Friedhofs. Gottesacker und Kirche waren von einer Bruchsteinmauer umgeben, die mit grünem Moos bewachsen war. Die Kirche war so alt, dass ihr Glockenturm nicht einmal eine Spitze besaß. Mit seinem überdachten Zinnenkranz sah er eher aus wie der Bergfried einer Burg.
    Um diese Zeit waren Friedhof und Kirche normalerweise verlassen. Nur im kleinen Pfarrhaus am Fuß des Hügels brannte hinter einem einzelnen Fenster Licht.
    Jetzt aber sahen die Kinder, wie mehrere schlanke Gestalten den Hügel hinaufstiegen – drei Frauen! Sie traten durch das halbrunde Steintor auf den Friedhof. Der Wind wirbelte ihr langes Haar auf, es flatterte wie Rabenschwingen. Die Frauen gingen den Mittelweg des Friedhofs entlang, genau auf das Tor der Kirche zu.
    Lisa zeigte zum Nachthimmel. »Da!«, flüsterte sie. »Eine Sternschnuppe!«
    Tatsächlich war etwas Glitzerndes über den Himmel gehuscht, ganz in der Nähe des Kirchturms.
    Kyra schüttelte finster den Kopf. »Das war keine Sternschnuppe.«
    Im selben Moment riss eine der Gestalten mit beiden Händen einen Gegenstand empor – eine offene Handtasche. Das Silberding zuckte erneut durch die Dunkelheit, und jetzt erkannten auch Lisa und Nils, dass es sich dabei auf gar keinen Fall um eine Sternschnuppe handeln konnte. Mit einem Geräusch wie von einer fauchenden Feuerlohe verschwand der schimmernde Punkt in der Handtasche. Das Schnappen, als der Verschluss zuklappte, hallte von der Kirche bis zum Bahndamm herüber. Es klang wie die Kiefer eines Krokodils, die gierig aufeinander krachten.
    »Wieso sind die jetzt zu dritt?«, fragte Nils nervös.
    Kyra schaute sich wachsam um. »Ich wüsste viel lieber, wie viele von denen es hier noch gibt.«
    Lisa bückte sich tiefer hinter die Büsche. »Ich glaube nicht, dass ich das so genau wissen will.«
    Sie sahen zu, wie die drei Frauen in der Kirche verschwanden. Mit einem hohlen Geräusch fiel das schwere Doppeltor hinter ihnen ins Schloss. Die Buntglasfenster der Kirche blieben dunkel, auch nach zwei oder drei Minuten.
    Nils rieb sich mit beiden
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