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Sieben in einem Auto

Sieben in einem Auto

Titel: Sieben in einem Auto
Autoren: Werner Schrader
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See.“
    „O ja“, sagte Jan, „noch mal mitten Lift fahren ist gut!“
    „Damit wären wir durch. Bliebe noch die Reihenfolge festzulegen.“
    „Wir haben Stefan vergessen!“ rief Jan. „Der muß doch auch noch bestimmen!“
    „Der bestimmt, daß wir alle in die Hose machen!“ sagte Christine.
    „Oh“, lachte Jan, „du bist aber ein Ferkel!“
    „An dem Tag, der Stefan zusteht, fahren wir zu den Gepperts“, sagte Frau Heger. „Habt ihr vergessen, daß wir da zum Fondue eingeladen sind?“
    Es wurde eine sehr erlebnisreiche Woche.
    Jeder durfte an seinem Wunschtag nicht nur bestimmen, was getan wurde, sondern auch, wann die Familie aufstehen sollte und wo eingekehrt und gegessen wurde. Dabei hatte ausgerechnet Sascha, der Feinschmecker, das Pech, eine Gaststätte auszusuchen, in der man ihnen einen Schweinebraten mit einem üblen Nachgeschmack, eine viel zu warme Limonade und einen bitteren Salat servierte.
    Die festliche Tafelei bei den Gepperts am nächsten Tag wirkte wie eine Entschädigung.
    Am Abend vor der Abreise, als die Koffer längst gepackt waren und das Auto, ihr Auto, dem nichts mehr von einem Unfall anzusehen war, vor der Tür stand, ging Conny ganz allein zu der kleinen Kapelle hinauf. Dort setzte sie sich auf die Bank neben der Tür, blickte weit ins Zillertal hinab und schrieb ihrer Seelenfreundin ein letztes Mal.
     
    Liebe Geraldine!
    Die Zeit ist um! Wie im Flug ist sie vergangen. Eine Nacht noch, und wir brechen auf in die Heimat.
    Ein Kapitel Leben ist abgeschlossen. Und was für ein Kapitel!! Bunter, schöner und schrecklicher als alles, was mir bisher beschieden war. Zweimal waren wir dem Tode nahe, so nahe, daß wir seine kalten Knochenhände schon an der Kehle spürten, einmal, als uns das schrecklichste aller Gewitter auf dem Berg überraschte, und einmal, als ein Unfall uns in die Knie zwang.
    Das Gewitter an jenem heißen Augusttag hat sich unauslöschlich in mein Gedächtnis gegraben. Nie im Leben kann ich die Blitze vergessen, die uns mordgierig umzuckten, nie die Wasserfluten, die uns zu ersäufen drohten! Wie bange flatterte meinem kleinen Bruder das Herz, als er auf der Schulter meines Vaters zu Tal ritt! Wie ängstlich schauten die graublauen Augen meiner lieben Schwester in das tosende Unwetter! Mit welchen Worten soll ich schildern, wie auch mir der Schreck in allen Gliedern saß!
    Was ist der Mensch angesichts solch elementarer Erdkatastrophen?! Ein Wurm, ein Nichts, ein Winzling, eine Null hinter dem Komma in Gottes starker Faust!
    Zittern, zittern, das war’s, was uns blieb!
    Wie ein Phoenix aus der Asche stiegen wir dann glücklich in unser treues Auto. Aber Irrtum, wenn du glaubst, die Gefahr sei damit überstanden gewesen und der Tod gewichen! Unter unseren Füßen versank buchstäblich die Straße, von der Gewalt des Wassers in den Abgrund gerissen. Hätte uns nicht das Glück zur Seite gestanden, wer weiß, wer weiß!!! Welcher Mund rühmt unsere Dankbarkeit, als wir endlich, endlich die rettende Hütte erreichten und uns an des Herdfeuers Glut erwärmen und trocknen konnten! Wiedergeschenktes Leben! Erneutes Geborensein!!
    Dann der Unfall! Kein Sturm, kein Regen, im Gegenteil, eine strahlende Sonne am Augusthimmel. Wir wie immer zu siebt in unserm Auto, ohne Argwohn, voll Vorfreude auf die schöne Stadt Innsbruck. Da reißt es uns zurück, da dröhnt ein Krachen an unser Ohr, und wir merken entsetzt, daß wir in einen Unfall der schlimmsten Art verwickelt sind! Geistesgegenwärtig stößt meine Mutter die Tür des Autos auf und befiehlt uns, auszusteigen aus dem Gefährt, das schon so manchem blühenden Leben zum Blechsarg wurde. Jedoch ist uns auch diesmal wieder ein unverschämtes Glück hold: keine Flamme schlägt aus dem Benzintank, uns und den Wagen in Stücke reißend. Unversehrt entkommen wir dem uns fast zum Verhängnis gewordenen Schicksal.
    Ich will jedoch nicht schließen mit diesen Schreckensbildern, liebe Geraldine, oh nein, auch das Schöne, das wir erleben durften, verdient noch einmal dankbare Erwähnung. Das kühle Bad im Gebirgsbach, das so unsäglich den Körper erfrischt; das selige Emporschweben mit den unzähligen Sesselliften; die Gastfreundschaft im Hause hilfsbereiter Menschen; das Träumen im Gras vor der Majestät der Berge!
    Unvergeßlich das alles!
    Was wiegt dagegen schon das törichte Gezänk der Geschwister! Man tut es ab wie einen Schal in der Sonnenhitze und steht lächelnd darüber.
    Ein Abenteuer neigt sich dem Ende zu,
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