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Sie nennen es Leben

Titel: Sie nennen es Leben
Autoren: Hannah Pilarczyk
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vorherrschenden Werten handeln.
    Die Herausforderungen, denen sich Jugendliche im Internet stellen müssen, betreffen nämlich nicht nur sie. Wie nutze ich das Internet am besten für meine Zwecke? Wo finde ich die wertvollsten Informationen? Wie stelle ich mich anderen Menschen gegenüber dar? Zu welchen Gruppen gehöre ich? Wie privat will ich leben? Wo sind meine Daten sicher?
    Das alles sind Fragen, die Internetnutzer generell betreffen. Verbindliche Antworten darauf gibt es aber nicht. Im Gegenteil: die Diskussionen sind im Netz, aber auch in der Politik und in der Wissenschaft, in vollem Gang und alles andere als endgültig entschieden. Sie bilden den Rahmen, innerhalb dessen Jugendliche nach ihren ganz persönlichen Antworten suchen. Deshalb will ich hier auch immer wieder die Bezüge zu übergeordneten Diskussionen aufzeigen. Denn die Internetnutzung von Jugendlichen verweist auch immer darauf, wie das Internet insgesamt funktioniert– und wie stark es sich gewandelt hat. Im besten Fall vermittelt das Buch deshalb auch ein Verständnis vom Internet und seiner Geschichte.
    Gleichzeitig ist nicht alles, was im neuen Medium Internet passiert, auch an sich neu. In historischer Perspektive zeigt sich, dass vieles von dem, was wir als unglaublich aktuell empfinden– zum Beispiel die Geschwätzigkeit von Jugendlichen in Social Networks–, ziemlich alt ist. In meinen Schilderungen werde ich deshalb öfters zurückgehen, manchmal nur zehn Jahre, manchmal auch über 190 Jahre. Damit will ich zeigen, dass manches die Form gewechselt hat, die Funktion aber dieselbe geblieben ist.
    Das soll aber nicht heißen, dass das Internet den Alltag von Jugendlichen überhaupt nicht beeinflusst. Vielmehr handelt es sich um ein komplexes Wechselverhältnis. » Medienhandeln ist ohne Kenntnis der Alltagserfahrungen der Jugendlichen nicht verständlich. Umgekehrt ist heute die Alltagserfahrung der Jugendlichen ohne Medienbezug nicht denkbar « , sagt der Kommunikationswissenschaftler Heinz Bonfadelli. In diesem Sinne will ich versuchen, die zwei Perspektiven zu vereinen und den Alltag von Jugendlichen immer auch im Zusammenhang mit ihrer Internetnutzung zu sehen. So ergibt sich im besten Fall ein doppelter Einblick– und ein Verständnis dafür, was es heute bedeutet, jung und online zu sein.
    Zum Aufbau des Buches
    Am Anfang dieses Buches steht eine Enttäuschung. Auch wenn im Titel die Rede von der » digitalen Generation « ist: Im ersten Kapitel will ich zeigen, warum dieses Label keinen Sinn ergibt. Wie Jugendliche das Internet nutzen, variiert nämlich innerhalb ihrer Altersgruppe so stark, dass man von keinem allgemeinen Nutzungsverhalten und damit auch von keiner einheitlichen Generation sprechen kann. Der Begriff » digital natives « erfüllt nur insofern einen Zweck, als dass sich mit ihm Jugendliche in Sippenhaft nehmen lassen– meist um ihre Internetnutzung zu skandalisieren und sie als naiv darzustellen.
    Das erste Kapitel dient als Einführung, auf der die folgenden Kapitel aufbauen. Diese funktionieren als abgeschlossene Texte, die man auch einzeln lesen kann. Verschiedene Beobachtungen und Erklärungsmodelle ziehen sich aber durch das gesamte Buch, weshalb die Kapitel auch ineinandergreifen und sich gegenseitig ergänzen.
    Zwischen die Kapitel gestreut sind drei kleinere Texte: Der erste beschreibt einen Besuch bei SchülerVZ. Das Social Network für Jugendliche von 12 bis 21 Jahren war lange Zeit der Marktführer in Deutschland. Doch mittlerweile ist es Druck von allen Seiten ausgesetzt. Eltern, Politiker und Verbraucherschützer drängen auf mehr Datenschutz. Gleichzeitig wechseln die Jugendlichen massenweise zu Facebook– dem Netzwerk mit dem schlechtesten Datenschutz.
    Der zweite Einschub besteht aus einem Interview mit dem Kommunikationswissenschaftler Uwe Hasebrink. Er hat den deutschen Teil der europaweiten Studie » EU Kids Online « zur Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen betreut. Im Interview erklärt Professor Hasebrink, warum deutsche User anders surfen als ihre Altersgenossen im Rest Europas.
    Der dritte Text ist eine kleine Reportage aus einer Schulstunde im Fach Medienkompetenz an einem Hamburger Gymnasium. Immer wieder wird gefordert, dass Medienkompetenz Unterrichtsfach wird. Doch wie bringt man » das Internet « bei? Bei einem Besuch beim Emilie Wüstenfeld Gymnasium wird dieser
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