Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sharpes Weihnacht

Sharpes Weihnacht

Titel: Sharpes Weihnacht
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
keine Gewitterwolken zu sehen, und kurz darauf wehte der Wind den Schwarzpulvergeruch von Musketenfeuer heran.
    Caillou galoppierte zu Gudin zurück und grinste triumphierend. »Sehen Sie? Das ist der Feind vor uns!«
    »Das wissen wir noch nicht«, erwiderte Gudin. »Das Geräusch könnte von überall gekommen sein.«
    »Sie warten auf uns«, erklärte Caillou und deutete mit dramatischer Geste den Hügel hinauf. »Und hätten wir die Frauen zurückgelassen, wären wir schon längst da oben. Das ist Ihre Schuld, Gudin! Ich schwöre Ihnen: Sollte mein Adler verloren gehen, wird der Kaiser von Ihrem Versagen erfahren.«
    »Sie können dem Kaiser erzählen, was Sie wollen«, entgegnete Gudin resigniert.
    »Lassen Sie endlich die Frauen zurück!«, forderte Caillou. »Hier und jetzt! Lassen Sie sie zurück! Marschieren Sie in Richtung des Musketenfeuers und sorgen Sie dafür, dass wir noch vor Einbruch der Nacht dort ankommen!«
    »Ich werde die Frauen nicht zurücklassen«, erklärte Gudin. »Und wir werden Irati trotzdem lange vor Sonnenuntergang erreichen. So weit ist das nicht mehr.«
    Caillou spie angewidert aus und galoppierte wieder davon. Colonel Gudin seufzte und ging weiter. Seine Fersen waren wund, doch er würde sich sein Pferd nicht zurückholen, denn er wusste, dass die Not des Lieutenants größer war als seine. Auch würde er die Frauen seiner Männer nicht einfach aufgeben, und so marschierte er einfach weiter und versuchte das Stöhnen und Jammern des schwangeren Mädchens zu verdrängen. Gudin war kein frommer Mann, aber als er in Richtung der fernen Salven den Hang hinaufstieg, da betete er. Er betete, dass Gott ihm einen Sieg schenken möge, nur einen einzigen kleinen Sieg, damit seine Karriere nicht in Schande oder gar vor einem Erschießungskommando endete. Ein Weihnachtswunder, das war alles, worum er bat, nur ein kleines Wunder als Ausgleich für ein Leben voller Niederlagen.

    Général Maximilien Picard bahnte sich einen Weg durch die in Panik geratenen Männer und baute sich am Eingang des kleinen Tals auf. Er konnte die toten Grenadiere sehen, die zerfetzten Fässer und jenseits davon weitere Fässer auf der Straße. Eine Gewehrkugel zischte an seinem Kopf vorbei, doch Picard ignorierte die Bedrohung. Er war ein Glückskind, und nichts und niemand auf dieser Welt konnte ihm dieses Glück streitig machen.
    »Santon!«, schnappte er.
    »Mon général?« Major Santon widerstand dem Instinkt, sich in Deckung zu werfen.
    »Eine Kompanie da rauf. Sie sollen die Fässer mit Salvenfeuer zerstören. Verstanden?«
    »Jawohl, mon général.«
    »Und wenn Sie schon dabei sind – schicken Sie die Voltigeure die Hänge rauf.« Der General deutete auf die Stellen, wo grau-weißer Rauch die Position der Riflemen verriet. Allerdings wusste er nicht, dass es sich um Riflemen handelte, sonst wäre er wohl vorsichtiger gewesen. Stattdessen ging er davon aus, es mit Guerilleros zu tun zu haben. Aber wer auch immer das sein mochte, die französische Leichte Infanterie würde sie aus ihren Löchern jagen. »Sofort!«, brüllte Picard den Major an. »Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!« Er drehte sich um, und eine Kugel traf seinen Mantel und ließ ihn flattern wie ein Banner im Wind. Picard wirbelte noch einmal herum, sah den Rauch aus der Mündung eines Gewehrs und richtete den Finger darauf. »Bastarde«, knurrte er und ging davon. »Bastarde.« Weihnachten hin oder her, jetzt würde er ihnen eine Lektion erteilen.

    Hornist!«, rief Sharpe, und der dreizehnjährige Junge rannte herbei und stellte sich neben seinen Major. »Blas zum Rückzug«, befahl Sharpe und sah, wie Peter d’Alembord fragend die Augenbraue hob. »Jeden Augenblick«, erklärte Sharpe, »werden die Froschfresser ihre Voltigeure vom Tal heraufschicken, und es ergibt schlicht keinen Sinn, wenn unsere Jungs dann noch da rumhängen. Außerdem haben sie schon ordentlich Schaden angerichtet.«
    Der Hornist atmete tief durch und stieß ins Horn. Er spielte eine Folge von neun Tönen. Die ersten acht waren abgehackt und gleich, der letzte deutlich höher. Das Hornsignal hallte von den Hügeln wider, und Sharpe, der weiter alles durch das Fernrohr beobachtete, sah, wie sich der französische General wieder umdrehte.
    »Blas noch einmal, Junge«, befahl Sharpe dem Hornisten.
    Das Horn erklang noch zweimal. Zum einen befahl das Signal Harpers Schützen, ihre Positionen aufzugeben und wieder über die Kuppe zu klettern, aber es verriet den Franzosen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher