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Shannara IV

Titel: Shannara IV
Autoren: Terry Brooks
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nicht widerstehen. Bleib und hör mich an! Du brauchst mich!«
    Par schüttelte den Kopf. »Felsen-Dall, du klangst einen Augenblick wie die anderen, jene Schattenwesen, die äußerlich nichts mit dir gemein haben, die jedoch mit dem gleichen Drängen sprechen. Genau wie sie, würdest auch du mich besitzen.«
    Felsen-Dall stand schweigend vor ihm und beobachtete regungslos, wie er immer weiter zurückwich. Das Licht, das der Erste Sucher heraufbeschworen hatte, wurde schwächer, und Dunkelheit breitete sich aus.
    Par Ohmsford ergriff das Schwert von Shannara mit beiden Händen und lief um sein Leben.
     
    Felsen-Dall hatte recht gehabt; es gab keine Korridore und Stufen. Es war alles eine Illusion, eine Magie, die Par hätte erkennen müssen. Aus der Finsternis des Kuppelbaus stürzte er in das graue Licht der Schlucht. Augenblicklich umfingen ihn Feuchtigkeit und Nebel. Er blinzelte, fuhr herum und suchte.
    Wo war Coll?
    Er legte den Mantel ab und wickelte hastig das Schwert von Shannara darin ein. Allanon hatte gesagt, er werde es brauchen - wenn er Allanon überhaupt noch glauben konnte. In diesem Augenblick wußte er es nicht. Aber das Schwert mußte er bewahren; es hatte einen Zweck zu erfüllen. Es sei denn, es hatte seine Magie verloren.
    »Par.«
    Die Stimme ließ ihn zusammenfahren. Sie war hinter ihm, so nah, daß sie sehr wohl hätte ein Flüstern in seinem Ohr sein können, hätte sie nicht den rauhen Klang gehabt. Er drehte sich um.
    Und da stand Coll.
    Oder das, was einst Coll gewesen war.
    Das Gesicht seines Bruders war kaum wiederzuerkennen, zerstört durch eine innere Qual, die die so bekannten Züge verzerrt hatte. Sein Körper war gekrümmt und gebeugt, als wären seine Knochen neu zusammengefügt worden. Er hatte Flecken auf der Haut, Risse und andere Verletzungen, und seine Augen brannten in einem Fieber, das Par augenblicklich erkannte.
    »Sie haben mich genommen«, flüsterte Coll verzweifelt. »Bitte, Par, ich brauche dich. Drück mich. Bitte.«
    Par schrie auf, wünschte das Ding vor sich weit weg, wollte, daß es ihm aus den Augen und aus dem Sinn ging. Schauer ließen ihn erzittern. »Coll!« schluchzte er.
    Sein Bruder stolperte mit ausgestreckten Armen auf ihn zu. Er war ein Schattenwesen geworden, eine Kreatur wie die anderen in der Schlucht, die laut Felsen-Dall von der Föderation zerstört worden waren. Wie? Par hatte sich, wie es schien, nur auf Minuten entfernt. Was hatte man seinem Bruder angetan?
    Er stand da, betäubt und zitternd, als das Ding vor ihm ihn berührte, ihn mit den Armen umschlang und fortwährend flüsterte: »Drück mich, drück mich«, als wäre diese Litanei dazu angetan, ihn zu befreien. Par wünschte, er wäre tot, wäre nie geboren worden, er wünschte sich etwas, das ihn retten konnte. Das Schwert von Shannara entfiel ihm.
    Colls Hände fingen an, an ihm zu zerren.
    »Coll, nein!« schrie Par. Dann geschah etwas ganz tief drinnen, etwas, wogegen er nur kurz ankämpfte, bevor es ihn überwältigte. Ein Brennen wogte durch seine Brust und durchströmte bald seinen ganzen Körper gleich einem Feuer. Es war die Magie - nicht die Magie des Wunschliedes, die Magie der harmlosen Bilder und vorgetäuschten Dinge, sondern die andere. Es war die Magie, die einst in den Elfensteinen gewohnt hatte, die Magie, die Shea Ohmsford vor vielen Jahren von Allanon erhalten hatte, die in Wil Ohmsford und den Gliedern seiner Familie nach ihm weitergelebt und sich verändert hatte und immer ein Geheimnis geblieben war. Jetzt war sie in ihm lebendig, eine Magie, größer als das Wunschlied, mächtig und unbeugsam.
    Sie durchströmte ihn und drängte heraus. Er schrie Coll zu, von ihm abzulassen, aber sein Bruder konnte ihn scheinbar nicht hören. Coll, eine zerstörte Kreatur, eine Karikatur des Menschen aus Fleisch und Blut, den Par geliebt hatte, verzehrte sich in seinem Wahnsinn; der Körper diente lediglich dazu, das Schattenwesen, zu dem er geworden war, am Leben zu erhalten. Die Magie ergriff von ihm Besitz und verwandelte ihn in einem einzigen Augenblick in ein Häufchen Asche.
    Par beobachtete voll Entsetzen, wie sich sein Bruder vor seinen Augen auflöste. Bestürzt fiel er auf die Knie und spürte, wie sein eigenes Leben mit dem von Coll entwich.
    Dann streckten sich andere Hände nach ihm aus, klammerten sich an ihm fest und drückten ihn zu Boden. Eine Flut von verzerrten, zerstörten Gesichtern und Körpern preßte sich an ihn. Die Schattenwesen der Schlucht waren
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