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Shannara I

Titel: Shannara I
Autoren: Terry Brooks
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Sturmwindes erfasste auch sie und trieb sie noch schneller durch den Hagel aus Steinen und Staub. An Biegungen und Winkeln huschten sie vorbei, und sie wussten, dass sie sich dem anderen Ende der Schlucht näherten, wo das offene Vorgebirge begann. Shea nahm plötzlich wahr, dass sein Sehvermögen wieder nachließ, und er taumelte unsicher dahin, während er sich wütend die Augen rieb.
    Plötzlich schien die ganze Westseite der Schlucht auseinanderzubersten und auf die beiden Männer herabzustürzen, um sie unter Fels- und Erdmassen zu begraben. Etwas Scharfes traf Sheas Hinterkopf, und für einen Moment wurde ihm schwarz vor den Augen. Er lag halb begraben unter Geröll, bemüht, wenigstens einen einigermaßen klaren Gedanken zu fassen. Dann schaufelte Panamon ihn frei, hob ihn auf und hielt ihn aufrecht. Durch einen grauen Nebel sah Shea Blut auf dem Gesicht seines Begleiters. Er richtete sich auf und stützte sich auf das Schwert von Shannara.
    Panamons Hand wies auf den Pass hinter ihnen. Sheas Blick glitt an ihm vorbei. Entsetzt sah er ein missgestaltetes, schwankendes Wesen aus dem Staubsturm auf sie zutaumeln. Ein Muten! Das formlose Gesicht, gebildet wie aus einem künstlichen Stoff, wandte sich ihnen zu, und das Ungeheuer tappte vorwärts. Panamon sah Shea an und lächelte grimmig.
    »Er ist uns von drüben gefolgt. Ich dachte, wir könnten ihn hier abschütteln, aber er gibt nicht auf.« Er stand langsam auf und zog sein Breitschwert heraus.
    »Lauf weiter, Shea. Ich komme bald nach.«
    Shea glotzte ihn an und schüttelte stumm den Kopf. Er glaubte, sich verhört zu haben.
    »Wir können ihn abschütteln«, stieß er hervor. »Wir sind ohnehin schon fast über den Pass. Dort können wir uns beide auf ihn stürzen.«
    Panamon schüttelte den Kopf und lächelte traurig.
    »Diesmal nicht, fürchte ich. Ich habe mich am Bein verletzt. Ich kann nicht mehr laufen.« Er schüttelte den Kopf, als Shea etwas sagen wollte. »Ich will nichts hören, Shea. Lauf - und bleib nicht stehen!«
    Shea liefen die Tränen übers Gesicht.
    »Das kann ich nicht!«
    Das ganze Gebirge erbebte in den Grundfesten und warf Panamon und Shea zu Boden. Felsklötze stürzten von den zerbröckelnden Wänden herab. Der Muten stapfte hirnlos auf sie zu, unbeeindruckt von den Erdstößen. Panamon raffte sich mühsam auf und zog Shea hinter sich her.
    »Der ganze Pass bricht zusammen«, sagte er. »Wir haben keine Zeit, uns zu streiten. Ich kann für mich selbst sorgen - wie früher, bevor ich dich oder Keltset traf. Ich will, dass du läufst - bring den Pass hinter dich!« Er legte die Hand auf die schmale Schulter des Talbewohners und schob ihn weg. Shea trat ein paar Schritte zurück und zögerte, hob das Schwert von Shannara beinahe drohend. Panamon Creels Gesicht zeigte Überraschung, dann grinste er und funkelte Shea an.
    »Wir treffen uns wieder, Shea Ohmsford. Warte, bis ich komme.« Er winkte mit dem Haken und wandte sich dem Muten zu. Shea starrte ihm nach. Seine Augen mussten ihn täuschen - es sah so aus, als hinke der scharlachrote Dieb gar nicht. Dann grollten die Erdstöße wieder durch das ganze Gebirge, und Shea hetzte zu den Vorbergen. Durch lockeres Geröll und Erde taumelnd und springend, hinwegsetzend über alle Hindernisse, die von den Höhen der Messerkante herabstürzten, lief er weiter - allein.

Kapitel 33
    Der Nachmittag war fast vergangen. Das Sonnenlicht teilte in langen, dunstigen Strahlen die dahinziehenden Wolken und berührte das nackte, leere Nordland mit wärmenden Fingern. Hier und dort erfasste der Sonnenschein kleine Fleckchen Grüns - die ersten Anzeichen dauerhaften Lebens, das eines baldigen Tages hier erblühen würde, aus einer Erde, die so viele Jahre lang ausgetrocknet und unfruchtbar gewesen war. In der Ferne zeichneten sich die ihrer Gipfel beraubten Berge der geborstenen Messerkante vor dem Horizont ab, und im verwüsteten Tal dahinter hing noch immer der Staub über den Ruinen des Schädelreiches.
    Shea schien aus dem Nichts aufzutauchen, auf zielloser Wanderschaft durch das Gewirr von Schluchten und Graten im Vorgebirge unterhalb der Messerkante. Halb blind und völlig erschöpft taumelte die zerlumpte Gestalt dahin. Shea kam auf Allanon zu, ohne ihn zu sehen, mit beiden Händen den Silberknauf des Schwertes umklammernd. Der Druide starrte den wankenden, abgerissenen jungen Mann einen Augenblick sprachlos an, dann stieß er einen Schrei der Erleichterung aus, stürzte auf Shea Ohmsford zu und
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