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Shane - Das erste Jahr (German Edition)

Shane - Das erste Jahr (German Edition)

Titel: Shane - Das erste Jahr (German Edition)
Autoren: Julia von Rein-Hrubesch
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vor dem Zirkuszelt und blickte zur Flamme an der Mauer. Sie zog langsam die kalte Luft durch die Nase ein. Oh, süße Freiheit.
    Die Mutter hatte das Stadtverbot aufgehoben, es war ihr, Shane, nun erlaubt, ein Stück des Weges durch die Straßen zu gehen.
    Shane grinste. Sie überquerte die Straße. Sie ging durch den Riss hindurch und lief auf der Straße entlang, die direkt in die Stadtmitte führte. Alte graue Häuser beugten sich über sie, dunkle Gassen zwängten sich hindurch, Menschen zogen an ihr vorüber. In die zweite Querstraße bog sie ein, sie lief nach rechts, parallel zur zweiten Stadtmauer, die sich nun zu ihrer Linken erstreckte.
    Shane schaute in den Himmel. Es wurde bereits dunkel. Sie hatte vielleicht noch eine halbe Stunde.
    Sie lief ein wenig schneller; zwei Straßen, die in die Stadt abbogen, hatte sie bereits hinter sich gelassen. Hier wurde das Gelände abfällig, die Stadtmauer lag etwas weiter unten, Shane hatte einen wunderbaren Ausblick auf den Durchgang, der die äußere von der inneren Stadt trennte.
    Es gab hier keinen Riss in der Mauer, ein steinerner Bogen gab den Weg frei, Shane starrte ihn an und stellte sich vor, wie sie wie Goldmarie darunter hindurch gehen würde. Schließlich blieb sie stehen.
    Sie stand vor einem kleinen Tor, eher ein Türchen in einem Zaun und schaute in den Hinterhof.
    Ein Weg führte durch den abfälligen dunklen Garten, schlängelte sich an Häusern vorbei, grauen Häusern und Hütten und unter Wäscheleinen hindurch.
    Shane legte die Hand auf die eiserne Klinke. Sie blickte auf ihre Schuhe. Schwarzer nasser Matsch. Shane verzog das Gesicht. Sie nahm die Hand von der Klinke. Sie würde wiederkommen, wenn der Boden gefroren war.
     
    Die Lehrerin ging vor der Tafel hin und her. Shane kniff die Augen zusammen. Wie sollte sie erkennen, was an der Tafel stand, wenn die Lindenbaum davor herumtigerte? Shane schaute aus dem Fenster. Fette Wolken zogen vorbei und schüttelten dicke weiße Flocken aus ihrem Bauch.
    „Shane, gibt es da draußen etwas Interessantes?“
    „Nein, Frau Lindenbaum, ich kann nur die Buchstaben nicht sehen, wenn sie …“
    Die Lehrerin zog die Augenbrauen hoch. Maria schaute Shane an.
    „Nichts, Frau Lindenbaum.“, sagte Shane leise.
    „Dann ist es ja gut. So, nun schreibt alle fertig, und dann: Viel Spaß auf dem Weihnachtsmarkt euch allen!“
    Shane suchte ihre Sachen zusammen und stopfte sie in die Tasche. Sie blickte M und M hinterher. Als sie über den leeren Flur lief, traf sie auf  Rambo und seine Gang. Rambo hielt einen Arm in einer Schlinge.
    Sie blieben stehen.
    Shane verzog das Gesicht. „Was willst du hier, du Arsch? Meine Eltern sagten, du wärst von der Schule geflogen.“
    „Der Verweis wurde aufgehoben. Meine Jungs haben gesagt, dass ich es nicht gewesen bin.“
    Shane schaute ihn verächtlich an. „Na, das sind ja ganz tolle Nachrichten.“
    Sie setzte sich in Bewegung und ging an der Bande vorbei.
    „Ganz schön große Fresse, was, Ratte? Eigentlich solltest du langsam Schiss kriegen!“
    Shane blieb stehen. Eisige Kälte kroch in ihr hoch. Sie öffnete den Mund. Weißer Nebel kam heraus. Sie drehte sich um.
    Rambo schaute sie an. Shane ging auf ihn zu.
    Seine Kumpane hatten die Augen aufgerissen und traten einen Schritt zurück.
    Shane trat an Rambo heran. „Soweit ich das beurteilen kann, gab es nur einen, der sich vor Angst beinahe in die Hosen gemacht hätte. Ist es nicht so, Rambo?“
    Sie starrten sich an. Rambo schwieg.
    Shane drehte sich um und ging durch das leere Treppenhaus hinaus.
     
    Sie steckte den Schlüssel in das Schloss, dann drehte sie sich um. Eine dicke weiße Schneedecke legte sich über die Wiese. Shane grinste. Letztes Jahr war sie mit M und M Schlitten fahren gewesen. Sie hatten eine Rampe auf der Piste gebaut und Max war es gewesen, der am weitesten geflogen war. Sein Schlitten war mit einem Krachen auf dem vereisten Boden aufgekommen und in tausend Teile zerbrochen. Max hatte die ganze Zeit „Mein Arsch, mein Arsch!“ gebrüllt, und Shane und Maria hatten sich nicht mehr eingekriegt vor Lachen.
    Shane’s Blick wurde düster. In diesem Winter würde sie wohl nicht Schlitten fahren gehen. Diesen Winter nicht und nie mehr wieder. 
    Sie schloss die Tür auf. Vor ihr stand Timmy. „Wir gehen auf den Weihnachtsmarkt! Wir gehen auf den Weihnachtsmarkt! Shane, kommst du mit?“
    Shane überlegte kurz. „Ja.“
    Der kleine Bruder drehte sich um und rannte davon. „Mama, Shane kommt
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