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Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Herbert Schröger , Katharina Gerwens
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Erklärung«, murmelte Dr. Wild und sah fragend zu Gustav Wiener. »Sie vielleicht?«
    Der schüttelte den Kopf: »Vielleicht sind wir ja wirklich gerade Zeugen einer Wunderheilung geworden.«
    »Was heißt hier vielleicht? Natürlich. Warten Sie.« Martha Moosthenninger öffnete den Kofferraum ihres Autos und hielt eine Flasche Champagner hoch. »Meinrad, hol doch mal Gläser. Die Agnes, was ja deine Tante ist und meine beste Freundin, also unsere wundertätige Agnes Harbinger wird mit dieser ihrer Quelle in Zukunft allen Bedürftigen helfen. Darauf wollen wir trinken.«
    Der Abgesandte des Bischofs bestand darauf, dass Dr. Wild eine Blut- und Urinprobe des Probanden nahm, um die neuen Werte mit den alten zu vergleichen. Wären die Zahlen wirklich anders, so könne das als Beweis des Wunders gelten. »Die sind anders«, sagte der Geometer und betrachtete noch immer staunend seine schmerzfreien Hände.
    Um achtzehn Uhr zehn hatte Gustav Wiener seine Kletzenbrotanalyse beendet. Seit sie in seinem Labor waren, hatten sie kein Wort über die Wunderheilung des Geometers verloren. Franziska fragte sich, welch eigenartige Scheu sie davon abhielt, darüber zu sprechen. Es war fast, als hätten sie wildfremden Menschen bei unglaublich intimen Dingen zugesehen. Eine Mischung aus Scham und Nicht-glauben-Wollen.
    »Mit dem Pfaffenhütchen ist es so«, dozierte Gustav Wiener. »Hier wurden die Samen der Pflanze, die ja besonders giftig sind, in das Kletzenbrot mit hinein gebacken und gingen geschmacklich zwischen getrockneten Äpfeln, Birnen, Quitten, Feigen, Datteln, Zitronat, Orangeat, Sultaninen, Mandeln und Nüssen unter. Dann hab ich zusätzlich noch Substanzen von Nelken, Ingwer, Zimt, Kardamom und Muskat gefunden – also letztendlich alles, was zu einem guten und fruchtigen Kletzenbrot gehört.«
    »Bis auf das Gift.«
    »Sie sagen es.«
    »Und was macht das Gift?«
    »Am gefährlichsten ist das Alkaloid Evonin. Sie wissen ja sicher, dass alle Alkaloide direkt auf den tierischen und menschlichen Organismus wirken. Die Einnahme von Evonin hat Übelkeit, Fieber, Durchfall und Koliken zur Folge. Auf mich macht es übrigens den Eindruck, als habe die Tote nur kleine Mengen von dem Zeug zu sich genommen, dennoch wird sie sich zuweilen schwach und matt gefühlt haben. Und an irgendeinem Punkt kam es dann zum Kreislaufkollaps und zum Herzstillstand. Dieser Punkt war wohl im Schwimmbad in Bad Griesbach erreicht. Als sofort tödliche Dosis gelten übrigens dreißig bis vierzig Früchte. Die Giftstoffe schädigen auch in hohem Maße Leber und Niere.«
    Franziska hätte jetzt gerne eine Zigarette geraucht. »Und das alles hat Elise Waldmoser der Brunnerin von ihrem Mann als Geschenk überreichen lassen. Verstehen Sie das? Warum nur?«
    Seufzend griff sie zum Telefon und wählte Brunos Nummer. Der war ausnahmsweise nicht verreist oder auf Shoppingtour.
    »Hol mich ab. Sofort. Wir müssen nach Landshut.«
    »Warum?«
    »Erzähl ich dir unterwegs. Bitte, komm. Ich mag nicht selber fahren. Ich kann nicht mehr. Dieser Tag war ein bisschen zu viel für mich. Außerdem brauch ich einen Zeugen für das Verhör mit Elise Waldmoser.«
    »Bin schon unterwegs.«
    Als man sie ins Besprechungszimmer führte, schien sie zu ahnen, dass es noch um anderes ging als um den Mord an Günther Hellmann. Bereits die eine Nacht im Untersuchungsgefängnis hatte sie mürbe gemacht. Sie hatte keine Kraft mehr zu lügen. Sie war noch nie ohne ihren Mann verreist gewesen, hatte in den letzten zwanzig Jahren nie allein geschlafen und in den vergangenen vierundzwanzig Stunden kein Auge zugetan.
    Eigenartigerweise war Franziskas erster Gedanke: Die hat ihr Haarspray vergessen. Hatten die Waldmoserschen Dauerwellenlocken zuvor etwas Helmhaftes und Schützendes gehabt, so wirkte Elises Frisur nun zerfleddert, gerupft und aus den Fugen geraten.
    Als sie am Tisch saß und beschämt auf ihre Hände schaute, schob Franziska ihr eine Scheibe Kletzenbrot aus Meinrads Keksdose zu.
    »Haben Sie das gebacken?«
    Sie wurde noch blasser und nickte.
    »Warum?«
    »Ich wollte nur, dass es ihr ein bisschen schlecht geht. Dass sie weiß, wie das ist, wenn man krank ist und Hilfe braucht. Sobald sie auf meinen Mann gehört hätte, dann hätt ich ihr die Kekse wieder weggenommen. Sofort. Ehrlich. Aber die hatte ja ihren eigenen Kopf. Im Alter wurde die immer schlimmer.« Elise Waldmoser putzte sich die Nase.
    Bruno überprüfte, ob sein Aufnahmegerät ordentlich lief.
    Die Frau
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