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Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Titel: Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse
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zugange, das keinen Zweifel an seiner Ursache ließ: Lyonesse wurde vom Rest der Insel gespalten.
    Dreißig Schritte.
    Das Donnern der Flutwelle übertönte selbst den gellendsten Angstschrei. Niemand konnte sich mehr auf den Beinen halten, denn die Erde bebte zu stark. Manannan Mac Lirs Plan wurde endlich offensichtlich: Wenn sich Lyonesse ablöste und die gigantische Wasserwand auf das treibende Land herunterschlug, würde es in tausend Stücke zerfallen und vergehen.
    Zwanzig Schritte. Zehn.
    Trevilian rief ein magisches Wort in den heulenden Sturm. Das Winterpferd stieg auf die Hinterhand, und seine lange Seidenmähne wallte wie ein Banner. Wuchtig kamen die Vorderhufe herunter. Als sie den Boden berührten, vereiste das Tier.
    Auf der Flutwelle bildete sich eine Schaumkrone, weiß wie der Frost, der dem tödlichen Wasser entgegenlief. Sie stieß an die Küste, begann zu kippen. Schneller als der Wind erfror das Land bis in tiefste Tiefen. Die Flutwelle fiel. Rauschend, donnernd, alles vernichtend. Unter ihr lief der magische Winter mit – schnell, nur schnell! – bis an den Strand und über ihn hinaus. Mit furchtbarer Wucht schlug die Welle herunter … und traf auf eisenharte Erde.
    Lyonesse hob sich über Cornwalls Grenze dem Himmel entgegen, und das andere Ende des Reiches wurde unter Wasser gedrückt. Eine ganze Welt kam aus dem Gleichgewicht, glitt nach vorn. Trevilian riss das Winterpferd herum und rettete sich zu der Höhle. Seine Aufgabe war getan.
    Von ihrem sicheren Thron aus beobachtete Gwynbaen das Geschehen mit magischen Sinnen und wartete auf den richtigen Moment. Wie eine Eisscholle tauchte Lyonesse mit dem Südrand ins Meer, tiefer, tiefer – und die Geisterhand der Elfenkönigin fiel auf ein Portal. Dann öffnete Gwynbaen ihre magische Landesgrenze. Nur ein winziges Stück; gerade so viel, dass zwei Enden hochsprangen. Sie hefteten sich an Lyonesse, flogen um das Land herum und schlossen es ein.
    Augenblicklich verschwand die Flutwelle, und das Beben endete.
    Lyonesse hatte die Anderswelt erreicht; sein Anker ruhte im Dazwischen.

21 Merlin’s Cave
    Ein paar Minuten werden wir noch warten müssen.« Cunomorus beendete seine lange Geschichte, just als sie Merlin’s Cave erreichten. »Die Ebbe hat zwar eingesetzt, aber das Wasser steht noch zu hoch.«
    »Wow, was für eine Story! Ich hätte nie geahnt, dass eine Elfenkönigin dazu in der Lage wäre. Ich dachte, das können nur Götter.« Nadja war noch ein wenig benommen und rieb sich die Augen. »Den Namen Trevilian habe ich zu der Geschichte von Lyonesse auch gelesen; er ist in die kornischen Legenden eingegangen. Nur heißt es da, er wäre ein Überlebender der Katastrophe gewesen.«
    »Das war er auch, würde ich sagen.«
    Nadja blieb stehen. »Wieso müssen wir warten?«, fragte sie verwundert. »Der Eingang ist doch frei.«
    »Das schon.« Über knirschende Strandkiesel führte Cunomorus seine Begleiter auf ihn zu. »Nur ist er nicht das Portal nach Lyonesse! Es liegt im Inneren von Merlin’s Cave, etwas tiefer. Wir könnten es schon erreichen, müssten dazu aber durch eisiges Wasser waten.«
    »Ach nein«, sagte David. »Da warten wir doch lieber noch ein wenig. Ich würde mir die Höhle gern einmal ansehen.«
    Genau genommen waren es zwei Höhlen. Eine kleine befand sich am Strand, unterhalb der Vorburg von Tintagel, und eine mächtige etwa dreißig Meter weiter seewärts, jenseits der Brandung: Merlin’s Cave. Beide lagen am Fuß einer beeindruckenden, wild zerklüfteten Steilwand. Sie war Teil der schlanken Landzunge, die ein Stück ins Meer hinausragte und auf ihrem windumtosten Hochplateau die Ruinen von Tintagel trug.
    Die Höhlen zu erreichen war den Wagemutigen vorbehalten. Der Weg von der hohen Landzunge hinunter an den Strand – einem winzigen, halbmondförmigen Streifen hinter mächtigen Felsbrocken – führte über alte Steinstufen und einen Holzsteg. Dieser überbrückte die Kluft zwischen zwei auseinanderdriftenden Höhen und war freischwebend und abwärts gerichtet. Zurzeit lag nasser Schnee auf seinen wettergrauen Planken, was den Gang zu Merlin’s Cave noch reizvoller machte. Aber wenigstens kam man hinunter, dank der neuzeitlichen Kletterhilfen.
    Nadja kam ins Grübeln. »Ich frage mich«, wandte sie sich an Cunomorus, »wie die Menschen zu Merlins Zeit hierher gelangt sind, ohne den Holzsteg und dafür in bodenlangen Gewändern.«
    Der alte König balancierte gerade auf einem Stein, der die Strandkiesel und
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