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Sehnsucht

Sehnsucht

Titel: Sehnsucht
Autoren: Ally Blue
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die Kante des Sofas und spielte unbewusst an seinen Fingern herum. »Hör zu, Sam… Da gibt es etwas, dass ich dir sagen muss.«
    Sam dachte, dass nichts, was so anfing, ein gutes Ende nehmen konnte. Er ließ sich auf den Sessel sinken, der protestierend knarzte, und versuchte, ein entspanntes Lächeln aufzusetzen.
    »Was denn?«
    Bo sah auf seinen Schoß hinunter. »Du warst nicht der erste.«
    Sam runzelte die Stirn. »Der erste was?«
    »Der erste Mann, den ich…« Bo räusperte sich. »Du warst nicht der erste.«
    Schockiert starrte Sam ihn an.
    Er versuchte, seine instinktive Wut und Enttäuschung rigoros zu unterdrücken. Bo hatte etwas zu sagen und er war entschlossen, ihm ruhig und ohne Vorverurteilung zuzuhören.
    »Erzähl mir davon.«
    Bo atmete tief ein und sehr langsam wieder aus. »Es war, nachdem ich Janine kennengelernt hatte, aber bevor wir geheiratet haben. Wir gingen zu dem Zeitpunkt eigentlich erst seit ein paar Monaten miteinander aus. Sie bekam einen Job in Chicago, für die städtische Tageszeitung. Sie ist Journalistin, weißt du«, fügte er mit einem kleinen Lächeln hinzu.
    »Jedenfalls hat sie mit mir Schluss gemacht. Sie meinte, es gäbe keine Möglichkeit, eine Fernbeziehung am Leben zu erhalten, und dass es so das Beste wäre.« Bo sprach nicht weiter, aber Sam glaubte zu wissen, was als nächstes kam.
    »Sprich weiter«, bat er. »Ich höre zu.«
    Bo schwieg einen Moment lang. Als er schließlich wieder zu sprechen anfing, war seine Stimme zu einem kaum hörbaren Flüstern geworden.
    »Ich war aufgebracht, aber nicht wirklich darüber, dass sie mich verlassen hat. Eher, weil ich nicht so unglücklich darüber war, wie ich es hätte sein sollen, verstehst du? Ich fühlte… Ich weiß es nicht einmal. Ich hab sie vermisst, aber nicht auf die Art, wie ich es hätte tun sollen.«
    »Was ist passiert, Bo?«, fragte Sam sanft.
    »Ich habe in New Orleans diesen Typen getroffen«, erzählte Bo traurig weiter. »Ich wollte dort mit ein paar Freunden das Wochenende verbringen und Cal und ich trafen uns im Voodoo-Museum. Er hat dort gearbeitet. Wir sind nur… wir kamen so gut miteinander aus und ich war einsam und verwirrt wegen der Dinge, die ich nicht fühlte, obwohl Janine mich verlassen hatte. Und dann führte eins zum anderen und wir…«
    Bo schloss die Augen und seine Brauen zogen sich zusammen. »Wir hatten nie Sex. Aber die Art, wie er mich berührte… Gott, war das gut! Besser als jemals zuvor mit Janine. Ich verbrachte den größten Teil des Wochenendes in seinem Bett und es war wundervoll. Es hat mein Leben komplett auf den Kopf gestellt.«
    Sam dachte an die Unterhaltung zwischen Bo und Amy zurück, die er vor einer Ewigkeit mitangehört hatte, und ein plötzlicher Geistesblitz traf ihn.
    »Amy war dort, nicht wahr? Sie war eine von den Freunden, mit denen du nach New Orleans gefahren bist.«
    Bo nickte. »Sie hat Cal und mich beim Küssen erwischt. Du weißt ja, wie sie ist –« Er brach ab. »Wie sie war. Sie ließ mir keine Ruhe, bis ich ihr die ganze Geschichte erzählt habe. Sie hat versucht, mir zu sagen, dass es mehr bedeutet hat als nur die Befriedigung eines komischen, einmaligen Drangs. Sie hat gesagt, ich würde es bereuen, wenn ich versuchen würde, das, was mit Cal passiert war, als Anomalie abzutun.«
    Bo lachte, aber es klang mehr wie ein Schluchzen. »Sie hatte recht. Ich wünschte, ich könnte ihr das sagen.«
    Sam fühlte einen Anflug von Mitgefühl. Er erinnerte sich an das erste Mal zurück, als er erkannt hatte, was das kribbelnde Gefühl bedeutete, wenn er einen anderen Jungen ansah. Wenn man dazu erzogen wurde, zu glauben, dass man solche Gefühle nur für ein Mädchen haben sollte, war das furchtbar verwirrend. Er vermutete, dass die Verwirrung und das Trauma mit dem Erwachsensein nicht weniger wurde.
    »Du wolltest es verleugnen«, sagte Sam sanft. »Du wolltest dir einreden, dass es nur eine Art Experiment oder Phase war, dass es nichts bedeutete.«
    Bo öffnete die Augen und ein Teil seiner Anspannung fiel von ihm ab. »Ja. Es hat mir Angst gemacht. Lafayette ist ja nun nicht gerade ein Zentrum der Schwulenkultur. Ich bin nicht dazu erzogen worden, es als falsch zu empfinden. Mir war nur nie bewusst, dass diese Möglichkeit überhaupt existiert. Selbst als ich auf der LSU war, habe ich diese Seite des Lebens nie gesehen. Vielleicht wollte ich es auch nicht, ich weiß es nicht.
    Aber ich habe nie jemanden gekannt, der offen schwul war. Ich war dem nie
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