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Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless

Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless

Titel: Seelenkalt - Minajew, S: Seelenkalt - Duchless
Autoren: Sergej Minajew
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schweinemäßig interessiert an seiner Idee und erkläre großartig, dass ich »natürlich« und »auf jeden Fall« so schnell wie möglich ein Fischzuchtoligarch werden will, vor allem mit so einem smarten Partner. Die Einlage von dreihunderttausend
Dollar werde ich selbstverständlich jederzeit mit links beschaffen, genauso wie er, versteht sich. Ich höre mir dieses ganze sinnlose Gefasel an, und damit mir der Suff nicht vollkommen das Licht ausknipst, betrachte ich währenddessen die Nutten um uns herum.
    Im Vogue gibt es, wie in jedem angesagten Restaurant, etliche Prostituierte, die auf anständiges Moskauer Mädchen machen, und noch mehr anständige Moskauer Mädchen, die, aus mir unbegreiflichen Gründen, auf Prostituierte machen. Wodurch sich die Ersteren von Letzteren unterscheiden, kann ich beim besten Willen nicht sagen.
    Mein schweifender Blick bleibt an einem bemerkenswerten Pärchen hängen. Der Typ, ziemlich dick, so um die fünfzig, mit kahlem Schädel und kleinen Schweinsäuglein, hängt wie ein schlaffer Sack an seinem Tisch. Sein Anzug ist sauteuer, was nicht verhindert, dass er an ihm beschissen aussieht. In der einen Wurstfingerhand steckt ein Glas Chateau Margaux (die Flasche steht deutlich sichtbar auf dem Tisch, damit auch wirklich jeder mitkriegt, dass unser Sportsfreund die Tausender nur so wegsüffelt), mit der anderen betatscht er ein kleines aufgetakeltes Luder, grade mal halb so alt wie er, so eine Hyperblondierte in einem Prada-Gucchi-Sonstwas plus Louis-Vuitton-Tasche und meterlangen Fingernägeln. Er tätschelt abwechselnd mal ihre Knie, mal kneift er sie in den Hintern. Dabei lacht sie so hysterisch, dass man es im ganzen Restaurant hören kann, und sie legt jedes Mal den Kopf so weit in den Nacken, dass ihr fast die Sonnenbrille aus den toupierten Haaren fällt.
    Das ist noch so ein Schwachsinn, den ich nie begreifen werde: diese ewigen Sonnenbrillen! Keine von den Weibern,
die nicht ständig so ein Ding in den Haaren stecken hat. Dabei benutzen sie sie bloß als affiges modisches Accessoire, wahrscheinlich so wie die reichen Französinnen ihre Brilliantdiademe. Ich vermute, die Ursachen dafür liegen tief in der sowjetischen Vergangenheit, als es bei uns überhaupt noch keine Sonnenbrillen gab. Wenn man doch mal eine auf dem Schwarzmarkt erbeutet hatte, dann wurde die überallhin mitgeschleppt, notfalls auch in die Sauna.
    Der alte Sack knabbert seiner Schnecke immer noch am Ohr, wahrscheinlich erzählt er ihr einen ebenso blöden wie schlüpfrigen Witz aus den alten Lagerbeständen der Komsomolzen, und sie sitzt mit vollkommen ausdruckslosem Gesicht da und krault ihm den Specknacken. Während er die Rechnung ordert, kommt mir der Gedanke, dass der Gute in der nächsten halben Stunde wahrscheinlich ein ernstes Problem haben wird. So angestrengt wie der seine Tussi befummelt und dabei genau aufpasst, welchen Eindruck er auf sie und seine Umgebung macht, zieht er hier eine ziemlich armselige Show ab. Es gibt diese bizarre Kategorie von alternden Typen mit dickem Portemonnaie, die alles dafür tun, um sich selbst, ihren Geschäftspartnern und ihren Freunden zu beweisen, dass sie noch was in der Hose haben. Dabei kann man sich an zwei Fingern ausrechnen, wie diese Geschichte weitergeht: Nachdem der Bursche der ganzen Welt ausgiebig seine intakte Libido vorgeführt hat, schleppt er sein Mäuschen ins Hotel ab, und spätestens wenn sie dann auf dem Zimmer sind und er den Champagner bestellt hat, packt ihn die nackte Panik. Weil er nämlich weiß, dass er zu gar nichts mehr imstande ist, außer ihr seinen Schwanz hinzuhalten, damit sie ihm einen bläst. Vermutlich
hat er sein Ding zum letzten Mal vor zehn Jahren hochgekriegt, als er sich auf der Datscha seiner Freunde im Vollrausch über seine Frau hergemacht hat. Und der Witz dabei ist, dass diese Nutte, die da bei ihm ist, ganz genau Bescheid weiß. Sie hat nämlich pro Woche acht von diesen alternden Don Juans. Man fragt sich wirklich, warum er diesen ganzen Zirkus überhaupt veranstaltet, anstatt sich ein nettes hübsches Mädchen zu suchen, mit dem er sich vernünftig arrangiert und ein paar Mal in der Woche gepflegt ausgeht. Aber nein, er macht sich vor allen zum Idioten, verpfeffert sein Geld und hat nichts davon.
    Während ich über all das nachdenke, schaukelt mein Kumpel Timur vor und zurück wie ein Wackelbuddha, verstreut überall Zigarettenasche und scheffelt in seiner Fantasie eine Million nach der anderen. Mit schwerer
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