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Seelenfänger

Seelenfänger

Titel: Seelenfänger
Autoren: Andreas Brandhorst
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Entwicklungsgeheim nisse bekannt werden.«
    »Was auch immer der Grund sein mag«, sagte Rasmussen. »Teneker sitzt in ihm fest. Seit fast zwölf Stunden. Wir befürchten ein Koma, wenn es nicht gelingt, ihn zurückzuholen.«
    Sie hatten die Tür am Ende der Glasbrücke fast erreicht, als sie sich öffnete. Ein Mann in Uniform nahm sie in Empfang, im Blau der SN-Konzernpolizei, an Stirn und Schläfen die Spangen sensorischer Signalverstärker.
    Der Uniformierte warf einen kurzen Blick auf die Gestalt im Rollstuhl. »Ist das der Mann?«
    »Ja«, sagte Rasmussen.
    Florence drängte sich neben ihn und streckte die Hände nach den Griffen aus. »Ich schiebe ihn, Jonas.«
    Rasmussen machte ihr bereitwillig Platz, und Florence schob den Rollstuhl, nachdem sie den Monitor über der rechten Armlehne so gedreht hatte, dass sie die Anzeigefläche sehen konnte.
    Mach dir keine Sorgen um mich, stand dort geschrieben. Ich schaffe es schon. Und es könnte interessant werden. Vielleicht bekommen wir diesmal auch ein bisschen Zeit für uns.
    Der blinkende Cursor hatte die letzten Worte kaum geschrieben, als er zurückkehrte und sie verschwinden ließ.
    Florence klopfte Zach auf die Schulter und schwieg, als sie dem Uniformierten durch Zimmer und Flure folgten. Im Verwaltungstrakt begegneten sie dem Sysadmin Matthias, der wie ein Zwillingsbruder des legendären Steven Jobs aussah und mit einem Becher Kaffee zum Hauptterminal von Lily zurückkehrte. Über seine Brille hinweg sah er Florence an und hob beide Brauen, bevor er im Admin-Büro verschwand. Die vertrauten Gesichter von Verwaltungsassistenten erschienen in Türen und hinter Fenstern, ernster als sonst, manche ein wenig verunsichert vom ungewohn ten Anblick blauer Uniformen. Männer und Frauen im Blau der Konzernpolizei von Samsung-Nippon standen vor Aufzügen und dort, wo sich Korridore trafen. Sie versuchten, unauffällig zu bleiben, im Hintergrund, doch ihr Anblick war so ungewohnt, dass sie sofort ins Auge sprangen.
    Auf Zacharias’ Monitor erschien: Und ich habe die Foundation für unabhängig gehalten.
    »So kann man sich irren«, murmelte Florence.
    Rasmussen hatte die Worte ebenfalls gelesen. »SN gehört zu den Geldgebern des Philanthropischen Instituts«, sagte er gerade laut genug, damit Florence und Zacharias ihn hörten. »Uns blieb keine Wahl. Dies scheint wirklich wichtig zu sein.«
    Ein Fahrstuhl brachte sie eine Etage tiefer, in den »Salon«, wie ihn die Traveller nannten, ein aus Dutzenden von Zimmern bestehendes Behandlungs- und Therapiezentrum, zu dem auch zwei große Aufenthaltsräume und eine Cafeteria gehörten. Als sie dort an dem Zimmer vorbeikamen, in dem Penelope seit drei Jahren im Bett lag, angeschlossen an Geräte, die sie am Leben erhielten, sah Florence zur Seite und bemerkte Helen und Duke, die neben der im Koma liegenden Travellerin saßen. Beide standen auf, traten in den Flur und schlossen sich der kleinen Prozession an, wie auch einige weitere Traveller, die – neugierig geworden – aus anderen Zimmern kamen. Vor den Behandlungsräumen im Westflügel des Salons trafen sie auf noch mehr Uniformierte. Zwei Männer in Zivil standen bei ihnen, einer von ihnen der große, schlanke und immer freundliche Thorpe, der seit zwei Monaten im Auftrag des Philanthropischen Instituts bei der Foundation nach dem Rechten sah – Florence mochte ihn noch immer nicht, obwohl einige der anderen inzwischen Freundschaft mit ihm geschlossen hatten oder ihn zumindest als Dauergast bei der Foundation akzeptierten. Der zweite Zivilist war Asiat und kleiner als Thorpe, trug einen gewöhnlichen dunklen Anzug und hatte dünnes, lichtes Haar. Florence schätzte ihn auf etwa fünfzig, und obwohl sie mit der asiatischen Physiognomie nicht vertraut war, erkannte sie in seinem Gesicht etwas, das ruhige Autorität und Kompetenz bewies.
    Thorpe kam näher. »Helen, Duke, Elisabeth, Beatrice, Stratford …« Er nannte noch einige weitere Namen, was typisch für ihn war. Thorpe verzichtete nie darauf, Traveller und Personal mit ihren Namen anzusprechen. »Es tut mir leid, aber ich fürchte, diesmal haben Sie keinen Zutritt.«
    »Aber …«, begann die nie um einen Streit verlegene Helen.
    »Wir sind hier eine große Familie, Mr. Thorpe«, kam Rasmussen ihr zuvor. »Tenekers Wohlergehen liegt uns allen am Herzen.«
    »Das verstehe ich natürlich, Jonas«, sagte Thorpe. »Aber diesmal haben wir es mit besonderen Umständen zu tun.«
    Wir, dachte Florence, die Hände noch
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