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SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher
Autoren: Steven Erikson
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Macht, denn es ist ein Glaube an das Veränderliche, an den Wandel. Ein Gott, der kein Gesicht hat - und gleichzeitig alle. Unser Tempel ist der Strand, an dem der ewige Krieg zwischen Land und See geführt wird, ein Tempel, der nur entsteht, um wieder zu zerfallen. Ein Tempel aus Geräuschen, aus Gerüchen, aus Geschmack und Tränen auf jeder Fingerspitze.
    Unser Hexenzirkel hat Wunden geheilt, Krankheiten beseitigt und Säuglinge ermordet.
    Die Tarthenal haben uns mit Entsetzen betrachtet. Die Nerek haben unsere Leute in den Wäldern gejagt. Für die Faered waren wir Kinderdiebe in der Nacht. Sie haben für uns Brotrinden auf Baumstümpfe gelegt, ah wären wir nichts weiter als bösartige Krähen.
    Und jetzt bin ich die Königin dieses Volkes, dieser Triller.
    Und ein Mann, der ihr Ehemann werden würde, erwartete sie auf der Insel.
    Hol mich der Abtrünnige, ich bin zu müde für all das.
    Pferdehufe planschten durch Pfützen, wo die alte Straße sich abgesenkt hatte - sie näherten sich der Küste. Vor ihnen stieg das Land wieder an - das Zeugnis eines lange zurückliegenden Hochwassers, ein breiter Grat aus glattgeschliffenen Steinen und Kieseln, die in sandigen Lehm gebettet waren - in die Art von Lehm, die unter der Last der Zeit zu Schieferton wurde, von rastlosen Steinen übersät. In solchem Schieferton konnte man eingeschlossene Muscheln und Molluskenteile finden, ein Beweis für die vielen Siege der See.
    Die Bäume standen hier viel lichter, waren gebeugt von dem Wind, den sie noch nicht auf ihrem Gesicht spüren konnte - eine Windstille, mit der sie um diese Jahreszeit nicht gerechnet hatte. Der Geruch der Küste hing schwer in der Luft, reglos und streng.
    Sie ließen ihre Reittiere langsamer werden. Vom noch immer unsichtbaren Meer drang kein Geräusch zu ihnen, noch nicht einmal das Flüstern sanfter Wellen. Es war, als wäre die Welt auf der anderen Seite des Grats verschwunden wäre.
    »Hier sind Spuren«, sagte einer ihrer Soldaten, als sie kurz vor dem Hang haltmachten. »Reiter, die am Damm entlanggeritten sind, sowohl nach Norden wie nach Süden.«
    »Als ob sie jemanden gejagt hätten«, bemerkte ein anderer.
    Yan Tovis hob eine behandschuhte Hand.
    Pferde im Norden, im Galopp. Und sie kamen näher.
    Plötzlich von beinahe abergläubischer Furcht gepackt, machte Yan Tovis eine Geste, und ihre Soldaten zogen die Schwerter. Sie griff nach ihrer eigenen Waffe.
    Der erste Reiter kam in Sicht.
    Ein Letherii.
    Yan Tovis entspannte sich und atmete langsam aus. »Halt, Soldat!«
    Der unerwartete Befehl überraschte die Gestalt ganz offensichtlich - genau wie die drei anderen, die ihr folgten. Hufe schlitterten über lockere Kieselsteine.
    Sie waren gerüstet wie für eine Schlacht - Halsbergen aus Kettengewebe, deren geschwärzte Ringe glänzten, die Visiere heruntetgeklappt. Der vorderste Reiter hielt eine langschäftige, einschneidige Axt in der rechten Hand; die hinter ihm trugen Lanzen mit breiten, mit Widerhaken versehenen Spitzen, als wäre der Trupp auf Eberjagd gewesen.
    Yan Tovis zog ihr Pferd herum und ließ es ein paar Schritte vortreten. »Ich bin Atri-Preda Yan Tovis«, sagte sie.
    Der führende Reiter neigte leicht den behelmten Kopf. »Yedan Derryg«, sagte er mit leiser Stimme, »Waffenmeister von Fort Boarai.«
    Sie zögerte kurz, ehe sie sagte: »Die Wacht.«
    »Zwielicht«, antwortete er. »Selbst in dieser Düsternis kann ich sehen, dass du es bist.«
    »Es fällt mir schwer, das zu glauben - du bist geflohen …«
    »Geflohen, meine Königin?«
    »Vom Haus meiner Mutter, ja.«
    »Dein Vater und ich, wir sind nicht sonderlich gut miteinander ausgekommen, Zwielicht. Du warst noch ein Kleinkind, als ich dich das letzte Mal gesehen habe. Aber das spielt keine Rolle. Ich sehe jetzt in deinem Gesicht das Gleiche, was ich damals gesehen habe. Ein Irrtum ist ausgeschlossen.«
    Seufzend saß sie ab.
    Nach einem kurzen Augenblick machten die anderen das Gleiche. Yedan winkte ihr mit einem leichten Kopfnicken, und er und Yan Tovis gingen ein paar Schritte weg. Stellten sich unter den größten Baum, der so nah am Grat zu finden war - eine tote Kiefer -, während es leicht zu regnen begann.
    »Ich komme gerade aus der Festung«, sagte sie. »Dein Dresh hat versucht, aus der Gefangenschaft zu entkommen, und ist tot. Oder wird es bald sein. Ich habe kurz mit den Hexen gesprochen. Es werden Tiste Edur kommen, aus Rennis, aber wenn sie in der Festung eintreffen werden, wird die Untersuchung
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