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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11
Autoren: Terry Goodkind
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mit den golddurchwirkten Taschen vom Boden auf und schnallte ihn über seinem prachtvollen Überwurf fest.
    »Wenn man der Anführer ist, liegt die Schuld immer bei einem selbst.«
    Kahlan wusste, wie sehr dies stimmte. Sie überlegte, wie sie ihn davon abbringen konnte, und versuchte einen anderen Weg.
    »Welche Gestalt hat diese Vision angenommen?«
    Richard heftete seine stechend grauen Augen auf sie, fast als wollte er sie warnen.
    »Vision, Offenbarung, Erkenntnis, Ahnung, Prophezeiung … Einsicht – nenn es, wie du willst, denn in einem Punkt sind diese Begriffe alle gleich und unmissverständlich. Ich kann es nicht anders beschreiben, als dass ich den Eindruck hatte, es immer schon gewusst zu haben. Vielleicht stimmt das sogar. Es waren nicht so sehr Worte, sondern vielmehr ein in sich abgeschlossener Gedanke, eine Schlussfolgerung, eine Wahrheit, die sich mir in aller Klarheit offenbart hat.«
    Sie wusste, er erwartete von ihr, dass sie es dabei beließ. »Wenn es sich so deutlich gezeigt hat und unzweideutig war«, hakte sie nach, »müsstest du es eigentlich in Worte fassen können.«
    Richard ließ den Waffengurt über seinen Kopf gleiten und führte ihn über seine rechte Schulter. Als er das Schwert an seiner linken Hüfte zurechtrückte, funkelte das Licht auf dem erhabenen Golddraht, der so mit dem Silberdraht des Heftes verwoben war, dass er das Wort WAHRHEIT buchstabierte.
    Seine Stirn war eben und sein Gesicht ruhig. Sie wusste, dass sie ihn endlich auf den Kern der Sache gestoßen hatte. Seine Selbstsicherheit verbot ihm, ihr etwas vorzuenthalten, wenn sie es hören wollte, und das tat sie. Seine Worte kamen ruhig und voller Kraft, wie eine zum Leben erwachte Prophezeiung.
    »Ich bin zu früh zum Anführer geworden. Nicht ich muss mich den Menschen beweisen, sondern sie müssen sich jetzt mir beweisen. Bis dahin darf ich ihre Führung nicht übernehmen, sonst ist alles verloren.«
    Wie er dort stand, aufrecht, ein Bild von einem Mann, gebieterisch in seiner schwarzen Kriegszaubererausrüstung, schien er für ein Standbild dessen zu posieren, der er war: der Sucher der Wahrheit, rechtmäßig ernannt von Zeddicus Z’ul Zorander persönlich, dem Obersten Zauberer und Richards Großvater. Die Ernennung hatte Zedd fast das Herz gebrochen, denn oft starben Sucher jung und eines gewaltsamen Todes.
    Solange er aber lebte, war ein Sucher sein eigenes Gesetz. Gestützt auf die Ehrfurcht gebietende Macht seines Schwertes, konnte ein Sucher ganze Königreiche zu Fall bringen. Unter anderem deswegen war es so wichtig, die richtige Person – eine rechtschaffene Person – für dieses Amt zu ernennen. Zedd behauptete, in gewisser Weise ernenne der Sucher sich durch seine Art zu denken und zu handeln selbst, und die Aufgabe des Obersten Zauberers bestehe lediglich darin, seinen Beobachtungen gemäß zu handeln, ihn offiziell zu ernennen und ihm die Waffe zu überreichen, die ihn sein Leben lang begleiten würde.
    In diesem Mann, den sie liebte, trafen so viele unterschiedliche Eigenschaften und Verantwortungen aufeinander, dass sie sich manchmal fragte, wie er sie alle in Einklang bringen konnte.
    »Bist du dir sicher, Richard?«
    Wegen der Bedeutung des Amtes hatten erst Kahlan und dann Zedd geschworen, Richard, den frisch ernannten Sucher der Wahrheit, mit ihrem Leben zu verteidigen. Das war geschehen, kurz nachdem Kahlan ihn kennen gelernt hatte. Als Sucher hatte Richard zum ersten Mal die ganze ihm aufgebürdete Verantwortung übernommen und sich des in ihn gesetzten Vertrauens würdig erwiesen.
    Seine grauen Augen leuchteten geradezu vor Klarheit und Entschlossenheit, als er ihr antwortete.
    »Ich darf mich nur einer einzigen Macht unterwerfen, der Vernunft, und das erste Gesetz der Vernunft besagt: was existiert, existiert; es gibt, was es gibt. Auf dieses unabänderliche, unerschütterliche Prinzip gründet sich alles Wissen. Das ist das Fundament, von dem aus man das Leben in die Arme schließt. Vernunft bedeutet die Möglichkeit der Wahl. Wünsche und Launen sind weder Tatsachen, noch stellen sie eine Möglichkeit dar, diese zu entdecken. Vernunft ist unsere einzige Möglichkeit, die Wirklichkeit zu erfassen – sie ist unser elementares Werkzeug im Überlebenskampf. Es steht uns frei, die Mühen des Denkens zu umgehen und die Vernunft abzulehnen, doch ob wir der Strafe des Abgrunds entgehen, den zu sehen wir uns weigern, steht nicht in unserer Macht.
    Wenn es mir nicht gelingt, diesen Kampf mit den
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