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Schwerter und Rosen

Schwerter und Rosen

Titel: Schwerter und Rosen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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gar nicht, warum ich mir überhaupt all diese Mühe gebe«, beschied die Gemahlin des englischen Königs resigniert und fuhr sich mit einer Hand über den dunklen Schopf, den sie kurz darauf mit einem dünnen Schleier bedeckte. »Wenn es nicht dieser kriecherische Devizes ist, dann teilt er das Lager mit einer einheimischen Hure!« Erschrocken über die Heftigkeit der Worte, schlug Catherine die Hand vor den Mund und blickte Hilfe suchend zu Johanna Plantagenet, die das geräumige Zelt mit Berengaria teilte. Die von den starken Holzstangen aufrecht gehaltene Zeltleinwand war im Inneren mit einem seidenen Futter ausgeschlagen, das den Eindruck erweckte, die Damen nächtigten unter dem freien Sternenhimmel. Im Unterschied zu den für gewöhnlich einfach gehaltenen, zerlegbaren Bettkästen bestanden die Kopf an Kopf stehenden Ruhestätten aus kostbar geschnitztem Kirschholz, über dessen unbeschädigten Transport Johanna mit Argusaugen wachte. Und damit die gold- und silberdurchwirkten Bliauds und Mäntel keinen Schaden nahmen, ruhten sie in aufwendig geschliffenen, mit Blattgold beschlagenen Ebenholztruhen.
    Was das Mädchen seit der missglückten Hochzeitsnacht ihrer Herrin nicht begreifen konnte, war, dass Berengaria offensichtlich in Eifersucht entbrannt war. Anstatt froh zu sein über das mangelnde Interesse ihres Gemahls, schien sie sich nach der Zuneigung des ihr gegenüber inzwischen vollständig gleichgültigen Löwenherz zu sehnen. »Ich beneide dich, Catherine«, riss Berengaria sie unvermittelt aus den Gedanken. In der angenehmen Stimme der Spanierin schwang so viel Trauer und Enttäuschung mit, dass das Mädchen vor ihr auf den Boden sank und eine ihrer schmalen Hände ergriff. »Aber warum denn?«, fragte sie tröstend. »Was könnte ich haben, das Ihr begehrt?« Die Augen der Königin füllten sich mit Tränen. »Ich weiß, dass es unreif und kindisch klingt«, sagte sie und beugte sich vor, um Catherine über die Wange zu streichen. »Schließlich hast du deinen Vater verloren.« Der Blick des jungen Mädchens trübte sich. Aber die Erleichterung über Harolds Befreiung hatte in den vergangenen Wochen viel dazu beigetragen, den Schmerz über den feigen Mord an ihrem Vater zu lindern. Auch hatte die Hinrichtung der Mörder, bei der die Damen nicht anwesend gewesen waren, sie von einer zentnerschweren Last auf ihrem Herzen befreit. »Aber du hast die Liebe gefunden «, setzte Berengaria hinzu und presste die Lider aufeinander, um die Tränen zurückzuhalten.
     
     
    Caesarea, 5. September 1191
     
    In den vergangenen Tagen waren die Angriffe des Feindes immer heftiger geworden. Ohne Unterlass surrten die tödlichen Pfeile der maurischen Bogenschützen über die Köpfe der englischen Kavallerie hinweg. Und wann immer es schien, als sei eine Bresche in die feindlichen Linien geschlagen, schloss sich diese Lücke augenblicklich wieder mit Nachschub aus den hinteren Reihen. Trotz der Abneigung, die er gegen diesen Schritt empfand, hatte sich Löwenherz am vergangenen Abend dazu entschieden, endlich seine vermeintliche Trumpfkarte zu spielen und mit dem Feind zu verhandeln, der als Racheakt für das Massaker in Akkon sämtliche während der Gefechte gemachten Gefangenen auf der Stelle hinrichten ließ. Da nicht nur die Kampfhandlungen mit den Sarazenen dem immer weiter schwindenden Heer der Kreuzfahrer zu schaffen machten, sondern auch die unerträgliche Hitze, unter der die Küstenlandschaft zu versengen schien, hatte Richard einen Boten in das Heerlager der Sarazenen geschickt und ein Treffen für den heutigen Tag, an dem auf beiden Seiten die Waffen schweigen würden, vereinbart.

    » Der Sultan Saladin ließ Richard und die mit ihm zu dem Treffen erschienenen Männer seine Macht spüren, indem er sie zwang, bei den Verhandlungen unter freiem Himmel den Platz einzunehmen, der sie direkt in die vom Himmel brennende Sonne blicken ließ. Wegen der Notlage, in der sich der König durch die hohen Verluste befand, musste er die Demütigung ohne Protest hinnehmen.«

    Die Worte formten sich in Richard of Devizes‘ Kopf, bevor er nach Pergament und Tinte greifen konnte, um die Zusammenkunft der Giganten festzuhalten. Beide Seiten hatten sichergestellt, dass kein Zweifel über die jeweilige Position aufkommen konnte, indem sie nicht nur ihre kostbarsten Gewänder angelegt, sondern sich auch mit ihren mächtigsten Unterführern umgeben hatten. So thronte Salah ad-Din inmitten seiner Generäle und Berater an der
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