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Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau
Autoren: Carl von Holtei
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wußte, weil er den Herrn ausreiten gesehen? Sie fand das verständig und ließ ihn vor. Was lag ihr am See im Garten? Was lag ihr an jener Lieblingsbank Agnesens, wo die Thränenweiden sich über das Grab der Vorgängerin neigten? Fest entschlossen, auf die Seite des Mühlbauers zu treten, empfing sie ihn. Und als er ohne weitere Vorbereitung gleich beim Eintritt in's Zimmer ausrief: »Ich bringe gar was Schreckliches!« sagte sie lächelnd: »Es wird wohl so erschrecklich nicht sein?« Worauf er folgenden Bericht erstattete:
    »Ich sollt' es eigentlich dem Amtmann melden thun, da der doch Polizei-Districts-Commissair spielt; weil ich aber mit dem Menschen nichts mehr will zu schaffen haben, denn er gönnt seinem Nebenmenschen nicht den Bissen Brot und nicht den Tropfen Wasser, also komm' ich zum gnädigen Herrn. Denn wer kann wissen, daß der bei einem Wetter wird spazieren geritten sein, wo man keinen Hund vor die Thüre schickt, ohne Noth? Und verschwiegen darf es nicht bleiben und anzeigen muß man's, sonst kann unser Einer Verdruß kriegen. Mit Mord und Todschlag ist nicht zu spaßen. Sie haben halt Einen umgebracht und haben das Cadaver in den Mühlgraben geworfen. Wer es ist, kann ich nicht sagen, nur bekannt kommt er mir vor, wie wenn ich ihn schon gesehen hätte; weiß aber nicht, wohin ich ihn bringen soll? Lange liegt er noch nicht im Wasser, so viel kann man sehen. Und freiwillig hinein gesprungen, ist er wohl auch nicht!«
    Caroline ließ sich Mantel und Shawl geben, setzte eine Regenkappe auf, zog Ueberschuhe an die Füsse und sprach entschlossen. »Führt mich dahin, Mühlbauer, wo der Leichnam liegt; ich will ihn sehen!«
    Sie folgte dem Manne durch Dick und Dünn. Schon von Weitem hörte sie das Klappern des alten Storches, welcher vom Regen durchnäßt, zitternd vor Kälte, bei dem Todten stand.
    » Der muß ihn kennen!« sagte der Müller; »er weicht nicht von ihm. Wer des Thieres seine Sprache verstände, der würde gleich wissen, woran wir sind. Nicht wahr, Hannsel?«
    Gleich beim ersten Anblick verstummte Caroline, die auf dem Wege noch manche Frage an ihren Führer gerichtet hatte. Sie blieb, wie wenn sie selbst zur Leiche geworden wäre, vor der Leiche stehen, die starren Augen auf deren entstellte Züge geheftet. Der Mühlbauer fragte, ob der Todte ihr kenntlich sei? Keine Silbe kam über ihre Lippen. Der Revierjäger hatte sich eingefunden. Er schlich zum Mühlbauer heran und flüsterte diesem etwas in's Ohr. »Meiner Seele, ja!« erwiderte der Andere. Dann trat wieder dumpfes Schweigen ein. Nur Hanns der Storch unterbrach es bisweilen durch zorniges Klappern.
    »Dort kommt der Amtmann,« sagte der Revierjäger.
    Caroline ging. Der Storch mit ihr.
    Am Eingange zum Mühlen-Grundstück traf sie mit dem Amtmann zusammen.
    »Die gnädige Frau haben sich bemüht? . . .« fragte dieser . . .
    Sie wies zurück: »Dort, Herr Amtmann! Der Herr ist abwesend; vollziehen Sie eiligst, was die Gesetze vorschreiben. Es ist ein Mord geschehen!«
    Sie sagte das so kalt und gleichgiltig, daß Derjenige, welchem sie es sagte, unmöglich ahnen konnte, was dabei in ihr vorging. Auch hielt sie sich fest, bis sie in ihrem Zimmer angelangt, die Kleidung gewechselt und ihre Dienerin mit den durchweichten Hüllen hinausgeschickt hatte. Dann, allein, ihren stürmenden Gedanken überlassen, schritt sie, laut redend, auf und ab:
    » Der ist's gewesen, den ich für Gustav's Gespenst hielt! – Er sieht ihm jetzt ähnlicher, als je; auch noch als Leiche. Die Haare sind dunkel gefärbt. – Er ist gekommen, alte Rechte geltend zu machen. – Seine Anwesenheit war es also, die Emil peinigte. Daher die Geldnoth! Deßhalb der ernstlich gemeinte Versuch, über meine Chatoulle zu kommen, den ich geneigt war, für einen Scherz auszulegen? – Ich bin an einen Betrüger verheirathet; an einen Dieb. Die Zärtlichkeit dieser letzten Tage war berechnet. Seine Liebe ist Lüge, Verstellung. – Welche Gewalt mußte der Landstreicher über ihn haben, so gemeine, entehrende Absichten in einem Manne von seiner Bildung und Erziehung hervorzurufen! – Ein fürchterliches Gebeimniß waltet zwischen ihnen. – Irgend eine gemeinsam begangene Unthat? – Ein Verbrechen? Gott sei uns gnädig: der Dolch, den ich fand! – Und Gustav's Wunde – Und die unauflöslichen Widersprüche der Neuländer Wirthin, die den Ermordeten mit dem Mörder in den Wagen steigen sah? – Und die Leiter im Hofe? – Es ist Franz gewesen, der mit Emil
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