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Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
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eine Schublade. Zuoberst in der Schublade lag ein zusammengefaltetes Blatt
Papier. Er faltete es auf. Als er sich wieder gesetzt hatte, schob er es
Bløgger über den Tisch zu.
    »Hier«, sagte er. »Lesen Sie.«
    Dagfinn Bløgger las, schaute auf. »Was ist das?«
    »Ein Vertrag.«
    »Na und?«
    »Da Sie dieses Interview aufzeichnen, werde ich mir die
Freiheit nehmen, zu erklären, was hier vor sich geht. Sie halten eine
Vertragskopie in Händen. Der Vertrag ist 1971 ausgestellt, über den Kauf
eines Schiffes im Wert von zweihundertzwanzig Millionen norwegischen Kronen.
Das Geld wurde – wie Sie ebenfalls bezeugen können – auf ein Konto auf den
Bahamas überwiesen. Mein Dokument zeigt, im Gegensatz zu Ihrem, dass das Konto
auf den Bahamas der griechischen Schiffswerft gehört, die das Schiff gebaut
hat. Das ist die Erklärung für die Verwendung des Geldes: Schiffsbau. Solange
ich bei Spenning & Co angestellt war, wurde nie irgendwelches Geld in
irgendwelche privaten Taschen gepumpt oder auf geheimen Konten oder Fonds
deponiert. Die Reederei hat Schiffe bauen lassen. Weiter: Ich kann es gerne bis
zur Erschöpfung wiederholen, aber es ist eine Tatsache, dass ich Spenning
& Co im Dezember 1972 verlassen habe. Ich maße mir nicht – absolut nicht
– an, die späteren Ereignisse zu beurteilen.«
    Vebjørn hielt inne, und Dagfinn Bløgger starrte ihn hohl
an. Das Tonbandgerät drehte sich.
    Vebjørn holte schwer Atem. »Zu jener Zeit lief das
Geschäft gut. Die Flotte war einwandfrei. Aber Spenning und ich – genauer
gesagt, Spennings damaliger Berater und ich – waren uneins, was die Strategie
für die Zukunft anbetraf. Nach meinem Abgang erlebte die norwegische
Schifffahrt einen Aufschwung, den die Analysten dem Jom-Kippur-Krieg
zuschreiben. Leider wurden im Kielwasser dieses Krieges von norwegischen
Reedern große Mengen Registertonnen in Auftrag geben, für die, wie sich
erweisen sollte, kein Markt vorhanden war. Das galt auch für Spenning &
Co. Man kann vieles über Georg Spenning sagen. Eine seiner weniger
ansprechenden Seiten war der Drang, groß zu sein. Er wollte wirklich riesig
sein. Georg Spenning träumte davon, der norwegische Onassis zu sein. Das
führte dazu, dass er, als alle Pfeile nach oben zeigten, nicht nur neue
Tankschiffe bauen ließ, sondern obendrein noch die gesamte Flotte der Reederei
Samos kaufte. Er leerte seine eigenen Kassen, nahm in Erwartung formidabler
Einnahmen enorme Kredite auf. Aber dann hoben die Araber die Preise an. Die
Welt musste sich umstellen. Die Umweltbewegung wurde geboren. Die ganze Welt
erkannte, dass Öl kein erneuerbarer Rohstoff ist, sondern irgendwann zu Ende
geht. Die norwegische Schifffahrt steuerte 1974 in eine Krise, die bis heute
ununterbrochen anhält. Einer, der von dieser Krise am härtesten getroffen
wurde, war Reedereibesitzer Georg Spenning. Die Kassen waren leer, die Reederei
erhielt kaum noch Aufträge, und er musste Kredite für Schiffe tilgen, die
gebaut, aber nie eingesetzt wurden. Sie wurden aufgelegt, sobald sie auf der
Werft fertiggestellt waren. Ich persönlich glaube, dass Georg Spenning in
dieser Zeit nie den Ernst der Lage erkannte. Weil er – ebenso wie die meisten
in Norwegen – dachte, dass die Krise vorübergehend sei, stellte er den
Reedereibetrieb nie um. Er brauchte sein letztes Erspartes auf, um seine
Mitarbeiter zu bezahlen, während er darauf wartete, dass der Wind sich drehte.
Doch er war nie der Einzige, der so dachte. Der Glaube daran, dass die Krise
nur vorübergehend war, saß bombenfest, bei der Bevölkerung, der norwegischen
Presse und beim Parlament.«
    Die beiden blieben sitzen und schauten einander schweigend
an. Schließlich brach Vebjørn die Stille. Er sagte: »Hätte man mich um Rat
gefragt, als Spenning Samos’ Flotte kaufen wollte, hätte ich abgeraten. Aber
ich bin nie gefragt worden. Sie wissen genau so gut wie ich, dass Spennings
Berater zu jener Zeit Brede Gran war. Er wurde gefragt. Er gab den Rat, den Sie
in Ihrem Magazin seitenweise lächerlich gemacht haben.«
    »Wie war es möglich, dass Spenning knapp eine Milliarde
Staatsgelder kassieren konnte, obwohl ein Konkurs früher oder später
unumgänglich war?«
    »Ich habe keine Ahnung, was sich damals in der Reederei
abgespielt hat. Ich habe noch weniger Ahnung, was sich in den Fluren der
Garantiegemeinschaft abgespielt hat. Oder im Ministerium. Aber was die
Schuldensanierung von Spenning & Co
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