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Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht

Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht

Titel: Schwarze Rose der Nacht - Amber, P: Schwarze Rose der Nacht
Autoren: Patricia Amber
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gelbe Lichtkegel, in denen man die grauen Streifen des Regens sah, dazu eilig vorüberhastende Menschen, aufgespannte Regenschirme, tief ins Gesicht gezogene, steife Hüte, schmutzig verbeulte Mützen oder verwegen gebundene und vom Regen durchweichte Kopftücher.
    Violet beschloss, die südliche Route zu nehmen, denn sie erhoffte sich, in Fleetstreet und Ludgate Hill mehr abendliche Passanten anzutreffen als auf den breiten Avenues, wo meist Droschken und Karossen vorüberrauschten. Obgleich die Menschenmenge, die sich um diese Zeit dort drängte, nicht gerade hilfreich war, wenn man es eilig hatte, so fühlte sie sich inmitten der vielen Leute doch sicher. Wenn man einmal davon absah, dass es betrunkene Rüpel gab, die Frauen gezielt anrempelten und Taschendiebe, die auf gut gefüllte Börsen aus waren.
    Sie hatte die schwer verdienten fünf Pence in die Innentasche ihres Mantels gesteckt und presste den Beutel mit ihren Noten fest an sich. So kämpfte sie sich durch die schiebende, stoßende Menge, starrte hin und wieder in die erleuchteten Fenster der Straßencafés, wo gut gekleidete Männer und Frauen bei einem anregenden Getränk saßen und das Gewimmel auf den Straßen wie ein spannendes Schauspiel betrachteten. Ein Mann im schwarzen Gehrock drängte sich an sie und sie spürte, wie seine Hände tastend über ihren Mantel glitten und dann durch den Kleiderstoff hindurch versuchten, ihre Oberschenkel zu umfassen. Doch in diesem Augenblick tauchte die dunkle Silhouette eines Polizisten im Schein der Laterne auf und ihr unheimlicher Begleiter blieb in der Menge zurück.
    „Vorsicht Miss“, rief ihr der Polizist zu, dem der Regen vom Helm in den Nacken rieselte. „Diese verdammten Pickpockets versuchen es immer wieder.“
    Sie war noch zu erschrocken, um ihm zu danken, gleich darauf hatte der Strom der Menschen sie schon wieder mit sich fortgezogen. Gesprächsfetzen aller Lautstärken und Tonarten, das Gerassel der Wagen, das Getrappel der Pferdehufe und die Rufe der Zeitungsjungen mischten sich zu einer vielstimmigen, auf- und abebbenden Großstadtmelodie. Sie überließ sich der langsam voranstrebenden Menschenflut und ihre Gedanken kehrten allmählich zurück zu den alltäglichen Problemen.
    Grace hatte sich noch am Vormittag, als sie ihr Frühstück einnahmen, so penetrant über sie lustig gemacht, dass Violet ernstlich böse auf sie gewesen war.
    „Weißt du, was dein größter Fehler ist, Violet“, hatte Grace provozierend gefragt, während sie sich eine Portion Eier mit Schinken einverleibte. „Du weißt nicht, was du wert bist. Wenn du so weitermachst, wirst du als verschrumpelte Blumenfrau enden, die nachts durch die Kneipen zieht, um ein paar Veilchen oder halb verwelkte Rosen zu verscherbeln.“
    „Vielen Dank!“, hatte Violet mit Ironie geantwortet und dabei auf ihren Teller gestarrt. Das Service gehörte Grace, ebenso wie alle Möbel, die Vorhänge und Teppiche - ja, sogar die Mahlzeit, die sie gerade zu sich nahmen, hatte Grace bezahlt. Gar nicht zu reden von der schönen Wohnung, in der sie Violet ein geräumiges, möbliertes Zimmer zugewiesen hatte, für das sie nur einen winzigen Mietanteil bezahlen konnte.
    Grace war eine selbstlose Freundin, die es gut mit ihr meinte. Sie waren früher Nachbarskinder gewesen, hatten schon im Sandkasten miteinander gespielt, später war Grace von Devonshire fortgegangen und es hatte böse Gerüchte darüber gegeben, was aus ihr geworden war. Doch als Violet vor einem halben Jahr durch einen tragischen Eisenbahnunfall beide Eltern verlor, war Grace urplötzlich wieder aufgetaucht. Sie hatte Violet unterstützt, als der kleine Buchladen ihres Vaters und die Wohnung darüber geräumt werden mussten und Violet nach Abzug der Unkosten so gut wie keine Mittel mehr blieben. Grace war für Violet da, tröstete sie, kümmerte sich um sie und bot ihr schließlich an, bei ihr in der Culumstreet einzuziehen. Dort hatte Violet bald begriffen, auf welche Weise die üppige, blonde Grace ihr Geld verdiente. Im zweiten Stock des Hauses hatte sie ein weiteres Zimmer gemietet, das sie Violet gleich bei ihrem Einzug stolz präsentierte. Einige reichlich geschmacklose Möbelstücke befanden sich dort, dunkelrote, goldgefasste Samtportieren und an den Wänden hingen Gemälde von der Art, wie sie auch Mr. Spyker besaß. Die Mitte des Raumes wurde von einem geradezu überdimensional breiten Himmelbett aus dunklem Mahagoniholz eingenommen, von blauen Samtvorhängen umhüllt und
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