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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien
Autoren: Jules Verne
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ohnehin halb verhüllten. Er achtete vielmehr darauf,
    nicht die Aufmerksamkeit irgendeines Passagiers zu erre-
    gen. Vielleicht befand sich der Urheber des zweiten Briefs
    jetzt mit auf dem Dampfer, obgleich der Ingenieur nirgends
    einen verdächtigen Blick bemerkte.
    Nachdem die ›Prince de Galles‹ den Granton-Pier verlas-
    sen, wendete sie sich nach der engen Durchfahrt zwischen
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    den beiden weit hervorspringenden Landspitzen von South
    und North Queensferry, jenseits welcher der Forth eine Art
    See bildet, den noch Schiffe von 100 Tonnen befahren kön-
    nen. Zwischen den Nebeln des Hintergrunds zeigten sich
    durch einige offene Stellen des Horizonts die schneeigen
    Gipfel der Grampian-Berge.
    Bald ließ das Dampfboot das Dorf Aberdour hinter
    sich, ebenso wie die von den Ruinen eines Klosters aus
    dem 12. Jahrhundert gekrönte Insel Colm, die Überreste
    des Schlosses von Barnbougle, ferner Donibristle, wo der
    Schwiegersohn des Regenten Murray ermordet wurde, und
    das befestigte Eiland Garvin. Es durchschnitt die schmale
    Wasserstraße bei Queensferry, ließ das Schloß von Rosyth,
    in dem früher ein Zweig der Stuarts, dem sich die Mutter
    Cromwells anschloß, residierte, zur Linken, passierte Black-
    ness Castle, das gemäß einem Artikel der Verfassung stets in
    Verteidigungszustand ist, und berührte die Kais des kleinen
    Hafens Charleston, den Exportplatz für den Kalkstein aus
    den Brüchen von Lord Elgin. Endlich signalisierte die Glo-
    cke der ›Prince de Galles‹ die Station Crombie Point.
    Das Wetter war sehr schlecht. Der von einem heftigen
    Wind gepeitschte Regen zerstäubte sich zu nassen Wolken,
    die trombenähnlich vorüberflogen.
    James Starr wurde etwas unruhig. Würde der Sohn Si-
    mon Fords wie versprochen zur Stelle sein? Er wußte aus
    Erfahrung, daß die an die gleichmäßige Ruhe der tiefen
    Kohlengruben gewöhnten Bergleute sich weniger gern der
    Unbill der Atmosphäre aussetzen als die Tagarbeiter und
    — 24 —
    die Landleute. Von Callander bis zur Grube Dochart und
    dem Yarow-Schacht rechnete man eine Entfernung von
    reichlich 4 Meilen. Möglicherweise hatte sich der Sohn des
    alten Obersteigers doch abhalten lassen oder durch die üble
    Witterung verspätet. Dazu kam noch der Gedanke, daß der
    zweite Brief ja überhaupt die erste Einladung aufhob, ein
    Umstand, der seine Sorge nur noch vermehren mußte.
    Immerhin hielt er an dem Entschluß fest, für den Fall,
    daß Harry Simon bei der Ankunft des Zugs in Callander
    nicht da sein sollte, sich allein nach der Grube Dochart,
    und wenn es nötig erschien, selbst bis Aberfoyle zu bege-
    ben. Dort durfte er hoffen, Nachrichten von Simon Ford zu
    erhalten, und auch zu erfahren, wo der alte Obersteiger jetzt
    wohl hauste.
    Inzwischen wühlte die ›Prince de Galles‹ fortwährend
    große Wellen unter dem Schlag ihrer Schaufeln auf. Jetzt
    sah man von beiden Ufern gar nichts mehr, weder das Dorf
    Crombie, noch Torrybourn oder Torryhouse, weder New-
    mills noch Carridenhouse, ebenso wie Kirkyrange und Salt
    Pans, der unbedeutende Hafen von Bowneß und der von
    Grangemouth, der an der Mündung des Kanals von Clyde
    liegt, in dem feuchten Nebel verschwanden. Genauso blie-
    ben Cubross, die alte Burg und die Ruinen seiner Abtei, Ci-
    teaux, Kincardine mit seinen Werften, wo der Steamer an-
    lief, Ayrth Castle samt seinem viereckigen Turm aus dem
    13. Jahrhundert, Clarkmann nebst seinem für Robert Bruce
    gebauten Schloß, wegen des fortdauernden Regens so gut
    wie unsichtbar.
    — 25 —
    Die ›Prince de Galles‹ hielt am Hafendamm von Alloa
    an, um einige Passagiere abzusetzen. James Starr empfand
    einen Druck im Herzen, als er nach 10 Jahren wieder an die-
    ser kleinen Stadt vorbeikam, die als Mittelpunkt eines wich-
    tigen Kohlenbergwerkbetriebs noch heute eine zahlreiche
    Arbeiterschar ernährte. Seine Phantasie führte ihn hinab
    unter die Erde, wo die Spitzhaue der Bergleute noch immer
    mit bestem Erfolg den Bodenschätzen nachging. Diese Mi-
    nen von Alloa, die nächsten Nachbarn derer von Aberfoyle,
    bereicherten noch immer die Grafschaft, während die an-
    grenzenden, schon seit so vielen Jahren erschöpften Berg-
    werke keinen einzigen Arbeiter zählten.
    Als der Dampfer Alloa verließ, mußte er sich mühsam
    durch die vielen Bögen winden, die der Forth in seinem Ver-
    lauf von 19 Meilen macht. Für einen Augenblick erschienen
    durch eine Lichtung die Ruinen der Abtei von Cambusken-
    neth, die auf das 12.
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