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Schuld war nur die Badewanne

Schuld war nur die Badewanne

Titel: Schuld war nur die Badewanne
Autoren: Evelyn Sanders
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den Herd ab und sah auf die Uhr. Halb acht. Zwei Stunden maximal braucht man von Mainz bis zu uns, wo also blieben Sascha und Vicky?
    »Otto kratzt an der Tür«, meldete Nicole, »muss der etwa jetzt noch raus?
Ich
gehe jedenfalls nicht schon wieder. Vorhin habe ich ihn bloß hinter mir her gezerrt.«
    Stimmt. Otto ist ausgesprochen lauffaul und dürfte der einzige Hund sein, dem die Leine grundsätzlich längs über der Schnauze hängt. Normale Dackel rennen vorneweg, Otto schleicht im Zeitlupentempo hinterher. Rolf öffnete die Terrassentür. Der Hund steckte den Kopf ins Freie, befand den Schneeregen als für ihn unzumutbar, drehte um und verkroch sich unterm Schaukelstuhl, nicht ohne vorher einen anklagenden Blick in meine Richtung geworfen zu haben. Die vielen Leute gingen ihm ganz offensichtlich auf die Nerven. Außerdem war kein Sessel mehr frei, und sein Lieblingsplatz auf dem Sofa war ebenfalls belegt.
    Wer hat eigentlich behauptet, wenn man in die mittleren Jahre käme und die Kinder so nach und nach aus dem Haus gingen, würde bei den gestressten Eltern allmählich Ruhe einkehren? Aus dem Haus gehen sie ja wirklich, doch nach kurzer Zeit kommen sie wieder und sind zu zweit. Früher hatten sich außer uns allenfalls noch eine und einmal sogar alle beiden Omas zum Ansingen der Edeltanne eingefunden, doch jetzt ähnelte unser Wohnzimmer immer häufiger einem Theaterfoyer kurz vor Beginn der Vorstellung. Gesungen wird auch nicht mehr.
    »Wenn das so weitergeht, müssen wir anbauen«, hatte Rolf erst unlängst überlegt. »Stell dir bloß mal vor, hier tummeln sich noch zwei bis sieben Enkelkinder und wollen Ostereier suchen.«
    Im Augenblick hatten sich allerdings erst die eventuellen Erzeuger dieser Enkelkinder eingefunden, nämlich Steffis Dauerfreund Horst Hermann sowie die beiden Thomasse. Katja legt übrigens großen Wert darauf, dass ihr Thomas Tom genannt wird, um jede Verwechslung mit Nickis Thomas auszuschließen. Die Gefahr ist allerdings sehr gering, denn die beiden ähneln sich überhaupt nicht, und dass Thomas im internen Kreis bei uns nur noch »der Schwabe« hieß, hat Nicki erst erfahren, als ich mich in ihrer Gegenwart mal verquasselt hatte. Darauf hatte sie mich drei Wochen lang nicht angeguckt, obwohl ich ihr begreiflich machen wollte, dass diese Bezeichnung nichts mit seinem Charakter zu tun hätte, sondern lediglich mit seiner Herkunft. Sehr überzeugend kann ich nicht gewesen sein!
    Lediglich Sven hockte unbeweibt auf dem Boden und ärgerte Otto. Die Eltern seiner Freundin pflegten die Feiertage immer in ihrem Ferienhaus bei Marbella zu verbringen, hatten ihn auch zum Mitkommen aufgefordert, doch das hatte er abgelehnt. »Im Kofferraum ’ne Plastiktanne und im Hinterkopf ein ellenlanges Vergnügungsprogramm einschließlich Silvesterball in so einem Schickimicki-Laden. Nee, danke. Ohne mich!«
    Bremsen quietschten, ein Hund bellte, drinnen antwortete Otto – die Nachzügler waren endlich da. Ich öffnete die Tür. »Wo bleibt ihr denn so lange … Mäx, olles Ferkel!!!« Nichts ist so anschmiegsam wie ein nasser Hund! Da hatte dieses Wollknäuel erst einen kurzen Inspektionsgang durch den Vorgarten unternommen, das frisch angehäufelte Mandelbäumchen bepinkelt, und jetzt hing das Vieh an meiner hellen Hose. »Die habe ich erst gestern aus der Reinigung geholt! Könnt ihr diesen verrückten Handfeger nicht festhalten?«
    »Der freut sich doch bloß«, informierte mich Sascha. Als ob ich das nicht wüsste! Otto freut sich ja auch dauernd, wobei es völlig gleichgültig ist, ob ich aus dem Keller komme oder auf der Gästetoilette eine neue Rolle Klopapier eingesetzt habe. Sobald ich länger als zwei Minuten aus Ottos Blickfeld verschwunden bin, führt er bei meinem Wiederauftauchen einen Freudentanz auf.
    Jetzt begrüßte er quiekend und jaulend seinen Halbbruder, wälzte sich mit ihm auf dem Teppich herum, entdeckte die noch offenstehende Haustür, ein kurzer Blickkontakt genügte, und prompt verschwanden beide Hunde ins Dunkle. Wir hörten es bloß noch rascheln und fauchen. Die Katze von gegenüber, seit Jahren Erzfeind unseres Vierbeiners, war noch unterwegs und nunmehr auf der Flucht. Die Hunde hechelnd hinterher.
    »Seht zu, wie ihr die wieder einfangt. Ich ziehe mich erst mal um.«
    Es war fast neun Uhr, als ich das letzte Würstchen – jetzt waren sie alle geplatzt! – aus dem Topf fischte und die Platte auf den Tisch stellte. Dazu gibt (und gab es seit jeher)
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