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Schrei in der Nacht

Schrei in der Nacht

Titel: Schrei in der Nacht
Autoren: Jack Higgins
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Schwierigkeiten
überschritten. Ein schneller Fußmarsch über eine halbe
Meile hatte ihn nach Carlington gebracht. Nun war er wieder hier,
mitten im gegnerischen Gebiet, wo fast jeder sein Feind war, und doch
war es jetzt anders als früher. In ihm war nicht mehr das alte
Gefühl von Aufregung und Spannung, eher war in ihm eine gewisse
Gleichgültigkeit und das Empfinden, daß alles nur ein Traum
sei, aus dem er bald erwachen werde. Er schlug den Kragen hoch, eng um
den Hals, und trat dann auf den Platz und in den Regen hinaus.
    Er war noch nicht sehr weit gegangen, als er merkte, daß er
    verfolgt wurde. Es war noch früh am Morgen, so daß sich
nicht viele Leute auf der Straße befanden, und Fallon schlenderte
langsam durch die Innenstadt. Als er sich eine Zigarette anstecken
wollte und die Hand schützend vor das Streichholz hielt, schaute
er wie zufällig die Straße zurück und sah einen Mann
mit einer flachen Mütze und einem braunen Ledermantel, der abrupt
stehen blieb und in ein Schaufenster starrte.
      Fallon ging im gleichen langsamen Tempo weiter, bog
aber dann in die nächste Seitenstraße ein und begann
schneller zu gehen. Schließlich kreuzte er die Straße und
bog wieder in eine schmale Gasse ab. Nach einer Weile blieb er stehen
und schaute zurück. Der Mann im braunen Ledermantel stand am Ende
der Gasse und beobachtete ihn. Fallon ging jetzt noch schneller; er
fühlte sich jedoch erleichtert. Sein Verfolger war bestimmt nicht
von der Polizei, das war klar; er war höchstens ein Amateur.
Wieder bog Fallon in eine Seitenstraße ab und preßte sich
dann flach gegen die Mauer. Sein Verfolger lief jetzt. Seine Schritte
hallten an den Ziegelwänden der Häuser wider. Als die
Schritte fast herangekommen waren, überquerte Fallon die
Straße und ging auf dem Bürgersteig weiter.
      Auf der Straße war niemand zu sehen. Der Regen
nahm plötzlich zu, prasselte in kleinen Fontänen auf das
Pflaster und durchnäßte Fallons Trenchcoat. Ein Stück
weiter die Straße hinunter kam er zum Eingang eines Holzplatzes.
Er zögerte, schaute zurück und sah gerade noch, wie der Mann
im Ledermantel hinter eine Ecke zurücksprang. Auf dem Holzplatz
war kein Mensch zu sehen, nur die Bretter waren zu großen Stapeln
getürmt, so daß der Platz einem Labyrinth mit engen
Gäßchen glich, die den Zugang zum Mittelpunkt
freiließen. Fallon tat rasch ein paar Schritte in einen solchen
Gang hinein und blieb dann hinter einer Pyramide von Eichenplanken
stehen.
    Wenige Augenblicke später war sein
Verfolger heran. Er blieb zunächst am Eingang stehen und schaute
sich vorsichtig um, dann trat er in den Gang hinein. Fallon wartete,
bis der andere an seinem Versteck vorbei war, dann trat er vor und
sagte: »Schlechtes Wetter heute!« Der andere fuhr herum,
und Fallon versetzte ihm einen Haken in die Magengrube.
      Der Mann sackte gegen einen Bretterstapel und
stieß mit einem kleinen Pfeifen die Luft aus dem Brustkorb. Sein
Kopf sank zurück. Er rang nach Atem, und seine Mütze fiel zu
Boden. Er war noch sehr jung, vielleicht siebzehn oder achtzehn Jahre,
und hatte rotes, dicht gekräuseltes Haar. Fallon packte den Jungen
am Genick und drückte dessen Kopf erbarmungslos herunter. Dies
wiederholte er einige Male, trat dann zurück und wartete. Nach
einer Weile kam der Bursche mit kalkweißem Gesicht wieder hoch
und stammelte mühsam: »Sie müßten einem aber
wenigstens Zeit lassen, sich zu erkennen zu geben.«
      Fallon zuckte die Schultern. »Ich habe es nicht gern, verfolgt zu werden. Wer bist du also?« fragte er.
      Der Bursche nahm seine Mütze auf und sagte
vorwurfsvoll, indem er auf sie zeigte: »Schauen Sie sich das an!
Letzten Montag gekauft und heute schon hinüber.« Dann
versuchte er, mit dem Ärmel den Schmutz von der Mütze zu
wischen, ließ es jedoch schließlich bleiben und setzte sie
wieder auf. »Murphy ist mein Name, Mr. Fallon«,
erklärte er dann. »Johnny Murphy. Ich habe Sie am Bahnhof
erwartet, aber ich war zuerst nicht ganz sicher, ob Sie es
seien.«
    »Und wieso bist du jetzt sicher?« fragte Fallon.
      »Oh, wegen Ihres Bartes. Man hatte mir gesagt,
ich solle nach einem Mann mit einem Bart Ausschau halten.« Der
Junge unterbrach sich und lachte. »Um ehrlich zu sein, Mr.
Fallon, ich konnte es zunächst gar nicht glauben, daß Sie es
wären. Teufel, ich glaubte, Sie würden ganz anders
aussehen.«
    Fallon mußte ebenfalls
lächeln. »Das glauben die Leute immer. Ein großer
Vorteil bei unserer
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