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Schokolade des Schreckens

Schokolade des Schreckens

Titel: Schokolade des Schreckens
Autoren: Thomas Brezina
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in den Augen begann das Superhirn im Schnee zu wühlen und zu tasten. Immer wieder bekam es etwas Festes zu fassen, und jedesmal hielt es das Ding für Axels Arm oder Bein. Verzweifelt stellte Lilo dann aber immer fest, daß es sich nur um einen Klumpen Eis handelte.
    „Axel... Axel“, wimmerte das Mädchen. „Axel, wo bist du! Bitte... bitte tauch auf! Bitteee!“
    Wenige Minuten später trafen die Leute von der Seilbahnstation bei ihnen ein und halfen den drei Knickerbockern aus dem Kessel. Die Kinder wurden in Decken gewickelt und von den Männern am Rücken hinaufgetragen.
    „Axel... einer ist noch im Schnee“, schluchzte Lieselotte. „Bitte holen Sie ihn heraus. Bitte!“
    „Jaja, machen wir“, sagte das Frauchen von Barni und strich Lilo beruhigend über den Kopf.
    „Den finden wir nicht mehr lebend“, hörte das Mädchen einen der Männer sagen. Lieselotte begann zu weinen, wie nie zuvor in ihrem Leben. Wieso Axel? Wieso? Wieso? Wieso?
    In dicke Decken gemummt, wurden die drei Knickerbocker mit dem Sessellift ins Tal gebracht, wo Max bereits ungeduldig und besorgt auf sie wartete.
    Er fuhr mit ihnen in das Sporthotel, wo sie kurze Zeit später vom Arzt untersucht wurden. Poppi hatte leichte Abschürfungen im Gesicht und stand – wie ihre Freunde – unter Schock. Sie erhielten alle drei ein Beruhigungsmittel, auf das sie schnell einschliefen.
    „Aber Axel... Axel...“, keuchte Lilo, bevor ihr die Augen zufielen.
    Max, der das Nebenzimmer bewohnte, ging unruhig auf und ab. Drei Stunden waren nun seit dem Lawinenunglück vergangen, aber er hatte noch immer keine Meldung vom Berg. Immer wieder warf er sehnsüchtige Blicke auf das Telefon. „Bitte klingle! Bitte, bitte!“ flehte er. Aber vergeblich. Die Klingel blieb still.
    Natürlich hatte der Fahrer längst Monsieur Schwertli verständigt, der sich größte Vorwürfe machte, weil er die Bande nach St. Moritz geschickt hatte.
    Gegen Mitternacht verlor Max die Geduld und marschierte in die Hotelhalle. „Haben Sie vielleicht Nachricht vom Berg?“ fragte er den Nachtportier.
    „Tut mir leid, mein Herr, leider nichts!“ erwiderte der Mann.
    Max ließ sich in einen der mächtigen Lehnstühle fallen, die bei der Rezeption standen, und kaute an seinen Fingernägeln. Das hatte er seit seiner Kindheit nicht mehr getan, aber heute konnte er nicht anders.
    Es war bereits ein Uhr früh, als sich die Drehtür in Bewegung setzte und ein Mann von der Bergwacht das Hotel betrat.
    „Bitte verbinden Sie mich mit dem Zimmer von Herrn Bergengrün“, sagte er zum Portier.
    „Hier! Ich bin hier!“ rief Max und sprang aus dem Sessel. „Was ist? Haben Sie ihn gefunden?“
    „Leider nein“, lautete die entsetzliche Antwort. „Wir haben das gesamte Gelände mit Sonden abgesucht und nichts entdeckt. Er muß tief unten liegen. Ich verstehe zwar nicht, wieso es die anderen geschafft haben, nach oben zu kommen, und er nicht. Aber es scheint so zu sein. Wir haben die Suche abgebrochen, weil keine Überlebenschance mehr besteht. Morgen früh werden wir mit dem Graben beginnen.“
    Wortlos ließ sich Max wieder in den Polstersessel sinken und stützte das Gesicht in seine Hände. Er weinte. Er weinte hemmungslos und hatte den Eindruck, die Welt stand still. Der schmächtige Junge, der immer eine Sportkappe trug, war tot! Wieso waren die vier nur in einen Lawinenhang gefahren? Was war ihnen dabei eingefallen? Sie waren doch sonst so verantwortungsbewußt.
    Max wollte nicht, daß die heimkehrenden Disco-Besucher ihn so sahen, so stolperte er über die Treppe in den zweiten Stock.
    Bevor er sein eigenes Zimmer betrat, wollte er noch einen Blick auf die drei schlafenden Kinder werfen. Wie sollte er ihnen diese Mitteilung nur beibringen? Die vier hatten doch zusammengehalten wie Pech und Schwefel.
    Max öffnete leise die Tür und streckte den Kopf in den Raum. Er stutzte.
    Im Zimmer herrschte absolute Stille. Kein Atmen, kein Stöhnen, kein Rascheln des Bettzeugs.
    Hastig tastete er nach dem Lichtschalter und knipste die Deckenlampe an.
    Die Betten waren zerwühlt, aber leer.

Die Zeit läuft
     
     
    „Axel? Wo ist Axel?“ Das waren die ersten Gedanken, die durch Lilos Kopf gingen, als sie die Augen aufschlug. Mühsam hob sie die Lider und blinzelte in eine Lampe, die neben ihrem Bett stand. Das heißt, sie lag gar nicht im Bett, sondern auf einer dünnen Matratze auf dem Boden.
    Das Mädchen dachte nicht weiter darüber nach, sondern warf zuerst einen Blick auf die
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