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Schloß der verlorenen Seelen

Schloß der verlorenen Seelen

Titel: Schloß der verlorenen Seelen
Autoren: Anne Alexander
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helfen.
    8. Kapitel
    Trotz der Sorgen, die sie sich machte, fiel es Camilla nicht schwer einzuschlafen. Kaum hatte sie das Licht gelöscht, fielen ihr auch schon die Augen zu. Sie erwachte nicht ein einziges Mal, und als sie am Morgen durch einen vorwitzigen Sonnenstrahl geweckt wurde, war sie überzeugt, nicht einmal geträumt zu haben. Sie fühlte sich ausgeruht und munter. Rasch zog sie sich ihren Morgenrock über und ging durch den Salon in das Zimmer ihrer Schwester.
    “Hallo, Lovely”, begrüßte sie Laura, als sie sah, daß ihre Schwester im Bett saß.
    Das Mädchen reagierte nicht. Es hatte die Augen starr auf einen Punkt an der gegenüberliegenden Wand gerichtet.
    “Laura.” Camilla rüttelte ihre Schwester sanft bei den Schultern. “Laura, was hast du?”
    Laura wandte sich ihr zu. Ihre Lippen umhuschte ein Lächeln. “Guten Morgen, Camilla”, sagte sie.
    “Guten Morgen, Lovely. Hast du gut geschlafen?”
    Das kleine Mädchen nickte. “Cathy hat die ganze Nacht über an meinem Bett gewacht. Ich wollte mich mit ihr unterhalten, aber ich war so müde. Cathy ist nett, noch viel netter, als ich es erwartet habe.”
    Camilla beschloß, nicht darauf einzugehen. Es konnte nur ein dummer Zufall sein, daß sich Laura ausgerechnet eine unsichtbare Freundin ausgedacht hatte, die so hieß wie das Mädchen, das hier vor über hundert Jahren gestorben war. Aber tief in ihrem Herzen spürte die junge Frau, daß sie sich nur etwas vormachte, daß diese unsichtbare Freundin mehr als nur eine Ausgeburt von Lauras Fantasie war. Über kurz oder lang würde ihr gar nichts anderes übrigbleiben, als sich eingehend mit ihr zu beschäftigen.
    “Wenn du ausgeschlafen hast, solltest du aufstehen”, sagte sie. Sicher wartet man schon mit dem Frühstück auf uns.”
    Laura blickte zur Uhr. “Ganz bestimmt sogar”, erwiderte sie und schlüpfte aus dem Bett. “Wer eher fertig ist.” Barfuß rannte sie ins Bad.
    Als die Schwestern nach unten in den Frühstücksraum kamen, saßen ihre Gastgeber tatsächlich schon am Tisch. Zwischen den Zwillingen bemerkte die junge Frau einen dunkelblonden, sehr gut aussehenden Mann Anfang der dreißig.
    “Da seid ihr ja”, meinte der Earl of Danemore und erhob sich. Auch die Zwillinge und der junge Mann standen auf. “Ich möchte euch Roger Gordon, den Lehrer meiner Söhne, vorstellen. Wie ich schon gestern sagte, hat Mister Gordon die fast unlösbare Aufgabe übernommen, Donald und Edmund Nachhilfeunterricht zu geben.”
    “Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Miß Corman.” Roger Gordon ergriff Camillas Hand. “Im übrigen ist es gar nicht so schwer, Edmund und Donald Unterricht zu geben. Wir kommen ganz gut miteinander aus, nicht wahr?” Er blickte die Zwillinge an.
    “Wie man es nimmt, Mister Gordon”, erklärte Donald.
    “Was bleibt uns anderes übrig, als miteinander auszukommen, Mister Gordon”, fügte sein Bruder hinzu.
    “Nun, das klingt nicht gerade begeistert”, bemerkte Mr. Gordon lachend. “Aber damit muß ein Lehrer leben können.”
    Ich mag ihn nicht, dachte die junge Frau und erschrak im selben Moment. Sie verstand sich nicht. Roger Gordon machte einen freundlichen, zuvorkommenden Eindruck, und er schien ein guter Lehrer zu sein. Aber gleichzeitig kam es ihr vor, als würde er etwas verbergen, als sei er nicht ganz aufrichtig.
    Du mußt verrückt sein, ging es ihr durch den Kopf. Da lernst du gerade einen Menschen kennen und schon brichst du den Stab über ihn. Sie zwang sich zu einem Lächeln. “Ich bin ebenfalls Lehrerin”, sagte sie. “In London, an einer Schule für verhaltensgestörte Kinder.”
    “Bestimmt keine leichte Aufgabe”, meinte er. Dann wandte er sich Laura zu und fragte sie nach ihrem Lieblingsfach.
    “Singen und Zeichnen”, erwiderte das kleine Mädchen. “Aber ich rechne und lese auch gerne.” Sie richtete die Augen in die Ferne. “Auch Cathy liest gerne”, fügte sie hinzu. “Sie hat mir erzählt, daß sie eine Menge Bücher besitzt.”
    “Cathy?” fragte Roger Gordon.
    “Ja, Cathy”, bestätigte Laura mit einem entwaffnenden Lächeln.
    “Wenn du gerne zeichnest, dann komm doch nachher mit ins Schulzimmer. Ich könnte dir beibringen, wie man eine Katze malt”, schlug der Lehrer vor.
    “Prima, Katzen gehören zu meinen Lieblingstieren.” Erneut schenkte ihm die Kleine ein Lächeln.
    Camilla wußte nicht recht, ob sie sich über sein Angebot freuen sollte. Wieder fragte sie sich, was sie gegen Mister Gordon hatte, und sie
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