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Schloß der verlorenen Seelen

Schloß der verlorenen Seelen

Titel: Schloß der verlorenen Seelen
Autoren: Anne Alexander
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Lächeln, doch dann wurde er wieder ernst. “Laura fragte nach Cathy.” Er seufzte auf. “Vor über hundert Jahren hat auf Danemore Castle ein Mädchen namens Cathy gelebt. Es war die einzige Tochter meines Urgroßvaters. Cathy wurde von heute auf morgen sehr krank. Kein Arzt konnte ihr helfen. Dann fiel sie ins Koma. Wochenlang lag sie bewegungslos im Bett. Eines Morgens lebte sie nicht mehr. In den Armen hielt sie ihre Puppe. Das Kleid dieser Puppe war blutverschmiert, doch Cathys Körper enthielt nicht mehr einen einzigen Tropfen Blut.”
    Camilla stieß heftig den Atem aus. “In Lauras Traum hielt Cathy eine Puppe mit einem blutverschmierten Kleid im Arm”, sagte sie betroffen. “Und während ihres Komas fragte sie immer wieder nach Cathy.”
    Der Schloßherr nickte. “Es gab noch etwas Seltsames bei Cathys Tod. Auf einem Gemälde, das einige Monate zuvor gemalt worden war, erschien plötzlich ihr Abbild.”
    “Das ist doch unmöglich.”
    “Nein, das ist es nicht.” Der Earl of Danemore schüttelte den Kopf. “Ich selbst glaube an und für sich nicht an Spukgeschichten und dergleichen, aber dieses Bild hatte immer über unserem Kamin im kleinen Salon gehangen. Vor rund vierzig Jahren, ich war damals selbst noch ein Kind, fiel das Bild plötzlich herunter, und das Mädchen, also Cathy, verschwand aus ihm.”
    Die junge Frau sah unsicher von einem zum anderen. “So etwas gibt es nicht”, meinte sie. “Das widerspricht doch jedem Naturgesetz. - Existiert dieses Bild noch?”
    “Mein Vater hat es damals weggeschlossen. Leider weiß ich nicht, wohin”, antwortete ihr Gastgeber.
    “Erzähle Camilla von den anderen Bildern”, forderte ihn seine Frau auf.
    “Von den anderen Bildern?” wiederholte Camilla.
    “Ja.” Der Earl of Danemore stand auf und trat zu den Gemälden, die Camilla zuvor bewundert hatte. Die junge Frau folgte ihm. “Diese Bilder wurden im sechzehnten, siebzehnten und acht-zehnten Jahrhundert gemalt.” Er wies auf die kleinen Mädchen, die mitten in der Landschaft standen. “Man erzählt sich, daß auch diese Kinder durch einen Spuk in die Bilder gerieten.”
    Camilla konnte und wollte nicht glauben, was sie gerade gehört hatte. Langsam ging sie an den Bildern vorbei. Die Trauer in den Gesichtern der Mädchen war ihr schon vorhin aufgefallen, und auch, daß irgend etwas mit ihnen nicht stimmte. “Aber…”
    “Ich weiß selbst nicht, was ich davon halten soll”, bemerkte James Earl of Danemore. “Ich kann nur erzählen, was ich gehört habe. Natürlich darf man auch nicht vergessen, daß ich dabei gewesen bin, als das Bild von der Wand fiel, das angeblich Cathy zeigte. Ich habe mit meinen eigenen Augen gesehen, daß Cathy verschwunden war.”
    “Hat man versucht, die anderen Bilder hinunterzuwerfen?” fragte die junge Frau. Unwillkürlich streckte sie die Hand nach dem Bild aus, vor dem sie gerade stand.
    Der Earl nickte. “Ich selbst habe es getan, aber es ist nichts weiter passiert, als daß mir mein Vater mit fester Hand klargemacht hat, was für ein Tunichtgut ich bin.” Er lachte auf. “Mein Vater hatte eine sehr schnelle und vor allen Dingen harte Hand, was derartige Dinge betraf.”
    Sie setzten sich wieder zu ihrem Kaffee, der inzwischen allerdings kalt geworden war. Camilla dachte an Laura. Sie fragte sich, ob ihre kleine Schwester auf Danemore Castle überhaupt sicher war.
    “Mach dir keine Sorgen um Laura”, meinte Lady Mabel, als hätte sie ihre Gedanken erraten. “Schließlich leben wir in einem aufgeklärten Jahrhundert, in dem es weder Geister noch andere Spukgestalten gibt.”
    Die Lehrerin antwortete ihr nicht darauf sondern fragte: “Wurde überliefert, wodurch die kleinen Mädchen in die Bilder gerieten?”
    “Nein”, sagte der Earl. “In der Chronik steht nur, daß auch diese Mädchen nach wochenlangem Koma starben, so wie Cathy.”
    “Wir haben jetzt genug Spukgeschichten gehört”, meinte Lady Mabel. Sie wandte sich direkt an Camilla. “Ich gehe gerne abends spazieren. Hast du Lust, mich ein Stückchen zu begleiten?”
    “Gerne. Ein Spaziergang wäre jetzt genau richtig.” Die junge Frau stand auf. “Ich hole nur meine Jacke.” Sie schenkte ihren Gastgebern ein vages Lächeln und verließ den Salon. Tief in Gedanken stieg sie die Treppe hinauf. Sie gestand sich ein, daß sie am liebsten sofort mit Laura wieder abgereist wäre. Aber sie konnte die Danemores nicht so vor den Kopf stoßen. Immerhin wollten sie ihrer kleinen Schwester
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