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Schlafender Tiger. Großdruck.

Schlafender Tiger. Großdruck.

Titel: Schlafender Tiger. Großdruck.
Autoren: Rosamunde Pilcher
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ab­zeich­ne­ten wie ein mi­kro­sko­pi­sches Bild. Ein Bild von ihm selbst, ein­zig­ar­tig und nur zu Ge­or­ge Dyer ge­hö­rig, ge­nau­so wie das Le­ben, das er ge­führt hat­te, und al­les, was er ge­ra­de tat, ein­zig­ar­tig wa­ren.
    Er war nicht be­son­ders stolz auf sich. Er hat­te über die Jah­re zu vie­le Men­schen ge­kränkt und ver­letzt, und die gest­ri­ge Nacht war der Hö­he­punkt ge­we­sen, er wag­te nicht ein­mal, dar­an zu den­ken. Trotz­dem konn­te nichts von al­lem das Hoch­ge­fühl sei­ner ur­ei­ge­nen Per­sön­lich­keit zer­stö­ren, das ihn in die­sem Au­gen­blick er­füll­te.
     
    I've grown ac­cu­sto­med to her face.
     
    Die Plat­te war zu En­de. Er ging nach drin­nen, um sie ab­zu­neh­men.
    „Jua­ni­ta!“
    Sie füll­te ge­ra­de Kaf­fee­pul­ver in sei­ne Kan­ne. „Señor?“
    „Jua­ni­ta, wuß­ten Sie, daß Pe­pe, Ma­ri­as Mann, die Seño­ri­ta ges­tern nach­mit­tag zum Flug­ha­fen ge­fah­ren hat?“
    „Si, Señor“, er­wi­der­te Jua­ni­ta, sah ihn je­doch nicht an.
    „Hat er Ih­nen auch ge­sagt, daß er die Seño­ri­ta wie­der zu­rück­ge­bracht hat?“
    „Si, Señor. Das gan­ze Dorf weiß es.“
    Na­tür­lich. Ge­or­ge seufz­te, fuhr je­doch mit sei­ner Be­fra­gung fort: „Und hat Pe­pe er­zählt, daß die Seño­ri­ta ih­ren Paß ver­lo­ren hat?“
    „Er wuß­te nicht, daß sie ihn ver­lo­ren hat. Nur daß sie ihn nicht mehr hat­te.“
    „Aber sie hat es der Gu­ar­dia Ci­vil am Flug­ha­fen er­zählt?“
    „Das weiß ich nicht, Señor .“ Sie goß ko­chen­des Was­ser in die Kan­ne.
    „Jua­ni­ta...“ Er leg­te ihr die Hand auf den Arm. Sie wand­te sich um, und zu sei­nem Er­stau­nen sah er, daß sie über ihn lach­te. Sie schi­en sich köst­lich zu amü­sie­ren. „Jua­ni­ta... Die Seño­ri­ta ist nicht mei­ne Toch­ter.“
    „Nein, Señor “, sag­te Jua­ni­ta ernst.
    „Er­zäh­len Sie mir nicht, daß Sie das schon wuß­ten.“
    „ Señor “, sie zuck­te mit den Schul­tern, „Pe­pe hat­te nicht das Ge­fühl, daß sie sich wie Ih­re Toch­ter be­nimmt.“
    „Wie hat sie sich denn be­nom­men?“
    „Sie war sehr un­glück­lich, Señor .“
    „Jua­ni­ta, sie ist nicht mei­ne Toch­ter, son­dern mei­ne klei­ne Cou­si­ne.“
    „Ja, Señor .“
    „Wer­den Sie das Ma­ria sa­gen? Und sa­gen Sie Ma­ria, sie soll es To­meu er­zäh­len, und viel­leicht wird To­meu es Ro­si­ta er­zäh­len, und Ro­si­ta wird es Ro­dol­fo er­zäh­len...“ Sie lach­ten bei­de. „Ich ha­be nicht ge­lo­gen, Jua­ni­ta. Aber ich ha­be auch nicht die Wahr­heit ge­sagt.“
    „Der Señor braucht sich kei­ne Sor­gen zu ma­chen. Ob sie sei­ne Toch­ter oder sei­ne Cou­si­ne ist...“ Jua­ni­ta zuck­te be­deut­sam mit den Schul­tern, als wä­re die­se Fra­ge zu be­lang­los, um auch nur dar­über nach­zu­den­ken. „Aber für Ca­la Fu­er­te ist der Señor ein Freund. Nichts an­de­res zählt.“
    Sol­che Be­red­sam­keit sah Jua­ni­ta gar nicht ähn­lich, und Ge­or­ge war so ge­rührt, daß er sie hät­te küs­sen kön­nen. Weil er wuß­te, daß sie das bei­de in Ver­le­gen­heit ge­bracht hät­te, sag­te er statt des­sen, er sei hung­rig und öff­ne­te den Brot­kas­ten, um sich ei­ne Schei­be mit But­ter und Apri­ko­sen­mar­me­la­de zum Früh­stück zu ma­chen.
    Wie ge­wöhn­lich war der Brot­kas­ten voll. Fri­sches Brot war auf das al­te ge­legt wor­den, und Ge­or­ge deu­te­te vor­wurfs­voll auf die Un­ord­nung. „Jua­ni­ta, se­hen Sie nur, wie schmut­zig das ist. Das un­te­re Brot hat einen blau­en Bart.“ Um ihr zu zei­gen, daß er recht hat­te, dreh­te er den Kas­ten um und schüt­te­te das gan­ze Brot auf den Fuß­bo­den. Das letz­te schim­me­li­ge Stück fiel her­aus, dann das wei­ße Pa­pier, mit dem Jua­ni­ta den Kas­ten aus­ge­legt hat­te, und als letz­tes ein dün­nes dun­kel­blau­es Büch­lein.
    Es lag auf dem Bo­den zwi­schen ih­nen. Sie sa­hen ein­an­der fra­gend an.
    „Was ist denn das?“ frag­te Jua­ni­ta schließ­lich.
    Ge­or­ge hob es auf und dreh­te es um. „Es ist ein bri­ti­scher Paß.“
    „Aber wem ge­hört er?“
    „Ich den­ke, der Seño­ri­ta .“
     
    Die Idee war, nicht mit dem An­fang der Rei­se zu be­gin­nen, son­dern in der
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