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Schicksalsfäden

Schicksalsfäden

Titel: Schicksalsfäden
Autoren: Lisa Kleypas
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baten.
    Wie die anderen Bow-Street-Runner, die im Auftrag für Sir Ross Cannon arbeiteten, war auch Grant so sehr mit der Halbwelt verschmolzen, dass er sich hin und wieder fragte, was ihn eigentlich noch von den Kriminellen, die er jagte, unterschied. Mrs. Buttons hatte immer wieder ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen, dass er eines Tages vom wahren Glauben erleuchtet würde. Ach bin nicht zu retten« antwortete Grant dann fröhlich, »sie sollten sich erreichbare Ziele setzen.«
    »Gott im Himmel!«, rief Mrs. Buttons, als sie der triefenden Last in Grants Armen gewahr wurde, »was ist passiert?«
    Grant begann das Gewicht der Frau schmerzhaft in seinen Muskeln zu spüren. »Sie wäre beinahe ertrunken«, sagte er knapp und drängte an der Haushälterin vorbei Richtung Treppe. »Ich bringe sie nach oben in meine Zimmer.«
    »Aber wie … und wer«, stotterte Mrs. Buttons. »Sollten wir sie nicht in ein Hospital bringen?«
    »Sie ist eine Bekannte von mir«, sagte er. »Ich will, dass mein Hausarzt sie untersucht. Weiß der Himmel, was sie im Hospital mit ihr anstellen.«
    »Eine Bekannte«, Wiederholte die Haushälterin, während sie Grant eilig folgte. Sie brannte offensichtlich darauf, mehr zu erfahren, wagte aber nicht zu fragen.
    »Eine Dame der Nacht«, sagte Grant trocken.
    »Eine Dame der … und Sie bringen sie hierher?«, rief sie missbilligend. »Sir, Sie haben sich mal wieder selbst übertroffen.«
    Er grinste. »Danke, Mrs. Buttons.«
    »Das war keineswegs als Kompliment gemeint Mr. Morgan. Sollten wir in diesem Fall nicht eher eines der Gästezimmer vorbereiten?«
    »Ich bringe sie in meine Zimmer«, sagte er in einem Ton, der keine Widerrede mehr zuließ.
    Schmollend wies Mrs. Buttons ein Hausmädchen an, die Pfützen in der Eingangshalle aufzuwischen.
    Nie hätte sich Grant träumen lassen, dass er einmal in einem Haus mit Sheraton-Möbeln, handgeknüpften englischen Teppichen und hohen Fenstern leben würde. Dies war ein großer Schritt von der beengten Dreizimmerwohnung, in der er als Kind mit seinen Eltern, einem kleinen Buchhändler und seiner Frau, und sieben Geschwistern aufgewachsen war. Und ein noch größerer von den Waisen- und Armenhäusern, durch die er sich schlagen musste, nachdem sein Vater im Schuldturm gestorben und seine Familie zerstört worden war.
    Danach fristete Grant sein Leben auf der Straße, bis ein Fischhändler aus Covent Garden sich seiner erbarmte. Der Junge konnte bei ihm mit Hilfsarbeiten etwas Geld verdienen und er bekam auch einen Platz zum Schlafen. Und wenn er sich damals am Küchenofen wärmte, träumte Grant von einem besseren Leben. Doch wie das aussehen mochte, konnte er sich erst vorstellen, als er einen Bow-Street-Runner traf.
    Der Polizist ging auf dem Markt Streife und hatte gerade einen Fischdieb erwischt. Voller Bewunderung starrte Grant den Runner mit seinem roten Rock und der Pistole an. Er schien größer, edler und mächtiger als jeder andere normale Mann. Und in diesem Moment wusste Grant dass er ein Runner werden musste, wenn er seinem armseligen Leben entfliehen wollte. Mit achtzehn begann er als einfacher Streifenpolizist und kaum ein Jahr später wurde er von Sir Ross Cannon in die Eliteeinheit der Bow-Street-Runner berufen.
    Grant warf sich auf jeden Fall, als gehe es um persönliche Rache, denn er wollte sich der Ehre würdig erweisen.
    Einmal verfolgte er sogar einen Mörder bis über den Ärmelkanal nach Frankreich. Sein Erfolg sprach sich schnell herum, auch Privatleute heuerten ihn für viel Geld an, er konnte sich vor Aufträgen kaum retten.
    Und Grant legte das Geld, das er verdiente, geschickt an: Auf den Rat eines Klienten hin investierte er in Werften und Textilmanufakturen, beteiligte sich an einem Hotel und kaufte Grundstücke und Häuser im Westen Londons.
    Mit Glück und Entschlossenheit hatte er es weiter gebracht als Gott oder die Gesellschaft es für ihn vorgesehen hatte. Schon mit dreißig hätte er sich zur Ruhe setzen können, aber er konnte seine Bow-Street-Runner nicht im Stich lassen. Außerdem genoss er das Jagdfieber und die Gefahr. Er wusste nicht warum er keine Ruhe finden konnte, aber er ahnte, das die Gründe dafür tief in seiner Seele vergraben waren.
    Grant trug Vivien zu dem reich verzierten massiven Mahagonibett in seinem Schlafzimmer. Die meisten Möbel im Haus waren Spezialanfertigungen, denn Grant war ein großer Mann, für den Türrahmen und Deckenbalken eine ständige Gefahr bedeuteten.
    Als Grant
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