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Schicksal!

Schicksal!

Titel: Schicksal!
Autoren: S.G. Browne
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hinter mir.
    »Sergio?«
    Ich muss mich nicht mal umsehen, um zu wissen, wer das ist.
    Bestimmung
umrundet einen Kirschbaum und baut sich vor mir auf. »Um Himmels willen, Sergio. Du siehst furchtbar aus.«
    »Dank deiner Hilfe«, erwidere ich und trinke noch mehr Wein.
    »Es tut mir leid«, sagt sie. »Mir war nicht klar … Es tut mir leid.«
    Bestimmung
trägt einen roten Wollmantel zu einem roten Barett, roten Jeans und roten Doc Martens.
    »Das ist ein ziemlich dezentes Outfit für eine Schlampe, findest du nicht?«, bemerke ich und bin mir im Klaren darüber, dass meine S-Laute ziemlich nachgelassen haben.
    »Deinen Charme hast du jedenfalls nicht verloren«, gibt sie zurück und setzt sich auf den Stein neben mir.
    Wir sitzen schweigend da, schauen zu, wie die Sonne über dem Hudson untergeht, und sehen zu den Lichtern, die die George Washington Bridge schmücken.
    »Mischst du dich mal wieder unter das gemeine Volk?«, frage ich. »Guckst mal nach, wie die anderen fünfeinhalb Milliarden Menschen so leben? Oder bist du nur gekommen, um noch ein bisschen über mich zu lachen? Gefällt es dir, wie tief ich gefallen bin?«
    Mehr unangenehme Stille, dann folgt ein Keuchen, als
Bestimmung
eine Nase voll von mir erwischt. Ich reiche ihr die Flasche Wein.
    »Was ist das?«, will sie wissen.
    »Billig«, antworte ich.
    Sie nimmt die Flasche, nippt ein wenig daran und spuckt dann aus. »Das schmeckt ja schrecklich.«
    »Danke«, sage ich und nehme die Flasche wieder an mich.
    Ein paar weitere Minuten vergehen in Stille. Schließlich sagt
Bestimmung:
»Ich hab nicht gewollt, dass es so schlimm für dich wird, Sergio.«
    »Damit sind wir schon mal zu zweit«, entgegne ich und unterstreiche meine Aussage mit einem Rülpsen. »Wenn du meine Menschen nicht getötet hättest, wäre ich vielleicht noch unsterblich.«
    Auf der anderen Seite: Wenn ich ehrlich sein soll, muss ich zugeben, dass ich
Bestimmung
nicht die Schuld daran geben kann, was mit mir passiert ist. Ich kann niemandem die Schuld daran geben, außer mir selbst.
    Was nicht heißt, dass ich nicht trotzdem verbittert wäre.
    »Also, bist du deswegen gekommen?«, frage ich und wische mir Wein aus dem Bart. »Um mir mitzuteilen, dass es dir leidtut? Um dein Gewissen zu beruhigen?«
    »Sozusagen«, erwidert sie. »Ich wollte schauen, wie es dir geht.«
    »Kannst mich wohl nicht sehen, ohne höchstpersönlich zu erscheinen, was?«, sage ich. »Ich bin wohl nicht unbedingt auf deinem Radar, wie?«
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich kann es nicht ungeschehen machen, was ich getan habe, und ich werde mich nicht weiter dafür entschuldigen, Menschen umgebracht zu haben, die von vornherein kein Recht dazu hatten, auf meinem Pfad zu sein. Du kannst den kosmischen Genpool nicht durcheinanderbringen, Sergio. Das senkt die Eigenwerte.«
    »Wenn dir das dabei hilft, nachts gut zu schlafen – bitte«, gebe ich zurück.
    »Sieh mal, ich bin nicht hier runtergekommen, um mit dir zu streiten«, meint
Bestimmung.
»Ich wollte bloß ein paar Dinge erklären.«
    »Na dann danke ich für die Erklärung«, sage ich und kippe die Flasche, um den letzten Schluck Wein zu trinken. »Ach, übrigens: Vielen Dank für den Tipp mit Sara. Ich schulde dir was.«
    Sie öffnet den Mund, um darauf etwas zu antworten, schließt ihn jedoch wieder und blickt über den Hudson.
    »Ich habe mir außerdem gedacht, du würdest wissen wollen, dass Jerry heute Nacht einen Ausflug auf die Erde macht«, sagt sie.
    Wein spritzt mir aus der Nase und aus dem Mund.
    »Wieso sollte ich das wissen wollen?«, frage ich und wische mir mit dem Ärmel über das Gesicht. »Inwiefern soll ich mich deswegen besser fühlen?«
    »Ich wollte nur … Es schien wichtig zu sein«, erwidert sie.
    »Für wen? Für dich? Damit du mich noch ein bisschen mehr quälen kannst?«
    »Es tut mir leid, Sergio«, sagt
Bestimmung.
»Ich wollte nur …«
    »Was?«, schreie ich. »Es mir nur unter die Nase reiben? Mich nur wissen lassen, dass die Frau, die ich liebe, dabei ist, ihre Bestimmung zu erfüllen?«
    »Schau mal«, sagt sie und steht auf. »Ich hätte nicht herkommen müssen, weißt du.«
    »Wieso bist du dann hier?«
    Sie blickt mich an und schaut schnell wieder fort. »Ich dachte nur, du solltest es wissen«, sagt sie, ehe sie an mir vorbeigeht und in den tiefer werdenden Schatten am Flussufer verschwindet.
    Nur ein paar Sekunden später wird mir klar, dass ich nicht will, dass sie geht.
    Ich drehe mich um,
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