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Scheiss dich nicht an - Lebe

Scheiss dich nicht an - Lebe

Titel: Scheiss dich nicht an - Lebe
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wieder sorgfältig zusammenbaut und dabei einen kurzen Blick beim Fenster hinaus riskiert. Da ist ja der edle Spender Tripischovski selbst, der jetzt in Richtung Kirche huscht, gebückter, gebeugter und gebrochener noch als die Zwillinge von der Anni, verlorener Sohn bis dorthinaus, reumütiger Heimkehrer, der sich im Ausland versucht hat und genau das jetzt bitter bereut.
    Was will er?
    Vielleicht will er – zu spät! – vom Pfarrer doch noch wissen, wo seine eigene Missgeburt ist, nachdem er sie ihm vor Jahren anvertraut hat und es seit Wochen Gerüchte gibt. „Wo ist denn in Dreiherrgottsnamen der Ulf?“, wird er ihn vielleicht fragen wollen.
    Wahrscheinlicher aber ist, dass der Pfarrer Schwein den Spieß sofort wieder umdreht und ihm anbieten wird, dass er die Kirchengeher wieder mit Loden ausrüsten darf, wenn er nur nicht mehr zu viel über den Ulf redet und ihm ein weiteres Riesentrumm von einer Glocke in den Turm hinaufhängt, vollkommener Ablass inklusive. Und wahrscheinlich wird er ihn mit der Aussicht locken, dass er mit ihm wieder lateinisch reden kann anstatt mit den Amerikanern amerikanisch, und dass er überhaupt wieder in den Schoß von der so genannten Mutter Kirche plus in die herrlich saftige heimische Gebirgswelt insgesamt zurückkehren darf, wo die Almröseln wachsen und der Enzian blüht, wenn er nur endlich zum Fragen aufhört, wo der Ulf hingekommen ist!
    Aber sehr wahrscheinlich wird es für all das zu spät sein. Der Biermösel hat sich nämlich längst entschieden, dass er die stinkende Giftwolke, die den Pfarrer Schwein umweht, mit der Kalaschnikow endgültig aus dem Tal hinausblasen wird, damit die Leute endlich wieder frei atmen können und er selbst wieder seine heilige Ruhe hat.
    Der Pfarrer Schwein rückt also immer weiter auf die STOP-Tafel in seinem Leben vor, während der Biermösel den Präzisionsschießprügel langsam in Anschlag bringt. Dann kann er sich ungefähr ausrechnen, dass der Tripischovski exakt 23 Sekunden 14, nachdem er in die Kirche eingetreten ist, beim Pfarrer Schwein unter seiner Glocke stehen wird, das ist ein gewisser Erfahrungswert, der sich schlicht und einfach aus der gewissen Erfahrung ergibt.
    „Und warum ballerst du jetzt nicht einfach durch das bunte Kirchenfenster hindurch dem Pfarrer Schwein die einzige verbliebene Kugel zwischen die Augen?“, fragt er sich selbst, weil die Lois Lehn in den großen Momenten der Menschheitsgeschichte natürlich wieder nicht anwesend ist, damit sie ihn selbst fragen und über seine Heldentaten berichten kann.
    Antwort: „Der Meisterschuss aus meiner Büchse heraus täte die Spur sofort und ausschließlich auf mich selbst lenken, weil den Meisterschuss aus dieser Entfernung sonst keiner beherrscht, deswegen.“
    Und dann täten sie wieder alle nur jammern und sich auf die falsche Seite schlagen, wie sich die Leute immer auf die falsche Seite schlagen, und sie täten sich womöglich fragen:
    „Wie kann er denn einen Heiligen einfach wegballern wie die Vogerln und Katzerln und Entlein und Hundsis, wie kann er denn so was tun?“
    „Du meine Güte, in der frühlingshaften Laune natürlich!“ Also wird der Biermösel jetzt die Gefahr, die vom Pfarrer Schwein ausgeht beziehungsweise ausgegangen ist, ein bisserl eleganter aus der Welt räumen und es lieber wie einen tragischen Unfall ausschauen lassen, das ist sein Plan.
    Als die Tripischovski-Glocke dann das erste Mal ordentlich scheppert und ihr fürchterlicher Klang das ganze Tal erfüllt, da setzt sich der Biermösel ruhig auf seinen Schemel hinter dem dicken Vorhang, wo er dem so genannten Auge der Öffentlichkeit verborgen bleibt. Dann zieht er die Kiste mit dem Osterbock näher zu sich heran und zischt gemütlich ein Flascherl, damit er die ruhige Hand für den Meisterschuss hat und während dem Meisterschuss nicht ganz austrocknet. Und noch bevor die Glocke zum dritten Mal donnern kann, wird der Biermösel die Gefahr, die vom Pfarrer Schwein ausgegangen ist, beseitigt haben, er hat ja genug geübt in letzter Zeit — und peng!
    Genau in dem Moment, als die Strahlen der Sonne sich in der sündteuren Glocke brechen, exakt zur Todesstunde vom Herrn Jesus Christus, feuert der Biermösel seinen Meisterschuss ab. Dann ist es handgestoppte drei Sekunden zwölf komplett still, wie es die Tradition am Karfreitag vorschreibt, bevor es doch noch ordentlich kracht und das Beben der Erde die Tradition ein bisserl bricht. Und nur der Biermösel mit seinen patentierten
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