Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattennacht

Schattennacht

Titel: Schattennacht
Autoren: D Koontz
Vom Netzwerk:
wird, vielleicht jedoch auch erst in fernerer Zukunft oder gar nicht. Treten diese Wesen zu zweit oder zu dritt auf, ist die Gefahr größer und näher.
    Erscheint sogar ein ganzes Rudel, so steht die Bedrohung meiner Erfahrung nach unmittelbar bevor. Das heißt, in wenigen Tagen oder Stunden werden viele Menschen zu Tode kommen. Deshalb erschrak ich beim Anblick des Trios zwar, war jedoch dankbar, dass es sich nicht um dreißig handelte.
    Sichtlich vor Erregung bebend, beugten die Bodachs sich über die schlafende Justine, als würden sie das Mädchen aufmerksam beobachten. Als nährten sie sich von ihr.

2
    Die Lampe über dem zweiten Bett war ebenfalls auf die niedrigste Stufe eingestellt worden, doch das hatte Justine nicht selbst getan. Eine Nonne hatte den Dimmer entsprechend reguliert, in der Hoffnung, dass sich das Mädchen so wohlfühlte.
    Justine tat nur wenig für sich selbst und bat um nichts. Sie war teilweise gelähmt und konnte nicht sprechen.
    Als sie vier Jahre alt gewesen war, hatte ihr Vater ihre Mutter erwürgt. Angeblich hatte er der Toten anschließend eine Rose zwischen die Zähne gesteckt, aber so, dass der lange, dornige Stängel in den Schlund ragte.
    Die kleine Justine hatte er in der Badewanne ertränkt; jedenfalls glaubte er, dass ihm das gelungen war. Doch sie überlebte, allerdings mit einem durch den langen Sauerstoffmangel hervorgerufenen Hirnschaden.
    Wochenlang hatte sie damals im Koma gelegen. Inzwischen wachte sie aus ihrem Schlaf regelmäßig auf, reagierte dabei aber unterschiedlich stark auf die Personen, die sich gerade um sie kümmerten.
    Fotografien der vierjährigen Justine zeigten ein Kind von außergewöhnlicher Schönheit. Auf diesen Bildern sah sie schelmisch und überaus fröhlich aus.
    Acht Jahre waren seither vergangen. Nun war sie zwölf und schöner denn je. Die Schädigung des Gehirns hatte nicht zu
einer Gesichtslähmung oder einem verzerrten Mienenspiel geführt. Obwohl sie ihr Leben weitgehend im Haus verbrachte, war sie nicht bleich und abgehärmt. Ihr Gesicht hatte eine gute Farbe und keinen einzigen Makel.
    Justines Schönheit war so keusch wie die einer Madonna von Botticelli und genauso überirdisch. Bei allen, die sie kannten, erregte diese Schönheit weder Neid noch Begehren, sondern weckte eine erstaunliche Ehrfurcht und unerklärlicherweise auch so etwas wie Hoffnung.
    Dennoch argwöhnte ich, dass die drei bedrohlichen Gestalten, die sich aufmerksam über sie beugten, nicht von ihrer Schönheit angezogen wurden. Was auf diese Wesen wirkte, waren wohl zwei Dinge: die Unschuld des Mädchens und die Erwartung, wenn nicht gar Gewissheit, dass es bald gewaltsam sterben und dann endlich hässlich sein würde.
    Die drei Schatten, schwarz wie drei Flecken an einem sternenlosen Nachthimmel, hatten keine Augen, doch ich spürte ihren gierigen, höhnischen Blick; sie hatten auch keine Münder, doch ich konnte fast das gierige Schmatzen hören, mit dem sie sich an der Aussicht auf den Tod des Mädchens ergötzten.
    Einmal habe ich gesehen, wie sie sich in einem Pflegeheim versammelten, wenige Stunden, bevor es durch ein Erdbeben einstürzte. Ich habe sie an einer Tankstelle gesehen, bevor eine Explosion ein tragisches Flammenmeer auslöste. Und ich habe gesehen, wie sie einem jungen Burschen namens Gary Tolliver in den Tagen folgten, bevor er seine ganze Familie quälte und ermordete.
    Ein einzelner Tod zieht sie nicht an, auch zwei oder gar drei Tode tun das nicht. Sie schätzen unheilvolle Geschehnisse, die möglichst theatralisch sind und bei denen erst der Vorhang fällt, wenn möglichst viele Darsteller in Fetzen gerissen wurden.
    In der Lage, auf unsere Welt einzuwirken, sind sie scheinbar
nicht. Es ist, als wären sie an diesem Ort und in dieser Zeit nicht vollständig anwesend, sondern gewissermaßen nur virtuell. Es sind Reisende, Beobachter, Liebhaber unserer Schmerzen.
    Dennoch fürchte ich sie, und zwar nicht nur, weil ihre Anwesenheit ein schreckliches Ereignis ankündigt. Selbst wenn sie unfähig sein sollten, diese Welt maßgeblich zu beeinflussen, habe ich doch den Verdacht, dass meine Person eine Ausnahme für diese Regeln darstellt. Das würde heißen, ich bin ihnen schutzlos ausgeliefert, so schutzlos wie eine Ameise im Schatten eines auftretenden Schuhs.
    Boo, der neben den pechschwarzen Geistern noch weißer aussah als gewöhnlich, knurrte nicht, sondern beobachtete die Bodachs mit Argwohn und Abscheu.
    Ich verhielt mich so, als wäre ich ins
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher