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Schattenkinder

Schattenkinder

Titel: Schattenkinder
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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    Margaret Peterson Haddix - Schattenkinder
    Kapitel 29
    Ehe Luke sich rühren konnte, packte ihn Jens Vater und drängte ihn in den Wandschrank.
    »An der Rückwand ist eine Geheimtür«, zischte er. »Geh da durch.«
    Luke tastete blindlings um sich und kämpfte sich durch viele Lagen von Haaren, wie es ihm vorkam. Hinter sich konnte er Jens Vater rufen hören: »Ich komme! Ich komme! Die Tür kostet zwölftausend Dollar. Wenn ihr sie eintretet, bezahlt ihr sie auch!« Dann hörte Luke, wie der Computer sein Pi-pi-pi-piiep! von sich gab und Jens Vater murmelte: »Ausgerechnet jetzt müssen die entdecken, wie man schneller arbeitet. Komm schon, komm, geh rein...«
    Das Pochen an der Tür wurde stärker und eine barsche Stimme befahl: »Du hast drei Sekunden, George!«
    Luke grub sich tiefer in den Schrank. Er konnte nicht einmal die Rückwand finden, geschweige denn eine Geheimtür. Und dann hörte er im vorderen Teil des Hauses ein Splittern. Sekunden später kamen donnernde Schritte aus dem Computerzimmer.
    »Was hat das zu bedeuten?«
    Es war die Stimme von Jens Vater, die zornig durch den Flur hallte. Hätte er es nicht mit eigenen Augen gesehen, wäre Luke nie darauf gekommen, dass Jens Vater noch vor kurzer Zeit geweint hatte. Er klang so energisch, so sicher und so sehr davon überzeugt, im Recht zu sein, dass alle, die gegen ihn waren, automatisch Unrecht zu haben schienen. Die donnernden Schritte blieben stehen. Selbst tief im Schrank hörte Luke jemanden kichern.
    »Na, da haben wir dich wohl mit runtergelassenen Hosen erwischt, George?«
    »Ja, ja, sehr lustig«, erwiderte Jens Vater, der nicht im Mindesten amüsiert klang. Ein Geräusch wie von einem Reißverschluss, der hochgezogen wurde, war zu hören. »Ist es so weit gekommen, dass man nicht mal mehr auf die Toilette gehen kann, ohne dass einem eine Horde machtbesessener Idioten die Tür eintritt? Und die Tür bezahlt ihr mir, das verspreche ich euch.«
    Wenn Luke einer der Polizisten gewesen wäre, er hätte sich aus Angst vor Jens Vater in die Hose gemacht.
    Er hätte augenblicklich den Rückzug angetreten und pausenlos Entschuldigungen gemurmelt. Nie im Leben hätte er geglaubt, dass Jens Vater ein drittes Kind versteckte. Voller Hoffnung unterbrach er die Wühlerei im Talbotschen Schrank.
    Aber die Stimme, die Jens Vater antwortete, enthielt nur eine Spur von Zweifel.
    »Reg dich ab, George. Du weißt genau, dass wir die Erlaubnis zur Durchsuchung und Beschlagnahme haben.
    Uns wurde berichtet, dass dieser Computer vor gerade mal einer halben Stunde für illegale Zwecke genutzt worden ist.«
    »Ihr seid wirklich noch dümmer, als ich dachte«, erwiderte Jens Vater. »Liest denn keiner von euch seine Memos? Ich habe das Oberkommando heute Morgen unterrichtet, dass ich meine Versuche, in die illegalen Chatrooms einzudringen, fortsetzen werde. Seht es euch doch an, ich habe >Wo ist Jen?< geschrieben und
    >Hallo? Ist da jemand?<. Genau das, was ein verwirrtes drittes Kind schreiben würde, das die Kundgebung verpasst hat. Steht ihr so weit unten auf der Leiter, dass ihr gar nichts begreift? Habt ihr nicht verstanden, dass ich die ganze Zeit über schon so tue, als wäre ich die Guerilla-Anführerin Jen? Und die Ehrenfeier, bei der ich dafür ausgezeichnet wurde, dass ich vierzig Illegale entfernt habe, die habt ihr wohl auch verpasst?«
    Luke fragte sich, wie er ihren Namen aussprechen konnte ohne sich dabei zu verraten. Wenn Luke Jen nicht ganz genau kennen würde - gekannt hätte, verbesserte er sich schaudernd - und wenn er nicht genau wüsste, wie sehr sie ihrem Vater vertraut hatte, wäre er felsenfest davon überzeugt, dass ihr Vater auch mit ihr ein falsches Spiel getrieben hatte. Jedenfalls war ihm himmelangst, dass Jens Vater ihn immer noch verraten könnte. Wie sollte er sich auf jemanden verlassen, der so kaltblütig von der »Entfernung« dritter Kinder sprach? Luke kämpfte sich weiter durch den Wandschrank und gelangte zu einem Deckenstapel ganz am Ende. Schließlich berührte er die Wand, aber alles, was er anfasste, war glatt und eben. Jens Vater hatte gesagt, dass dort eine Tür war. Es musste eine Tür geben.
    – 71 –
    Margaret Peterson Haddix - Schattenkinder
    Die Stimmen draußen klangen nun gedämpft.
    »... das Memo ansehen...«
    »Ich bin sicher, es liegt in deinem Büro auf dem Schreibtisch, zusammen mit all den anderen Papieren, die du nie liest.« Jens Dad wurde lauter, so dass Luke ihn gut verstehen konnte: »Oder
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