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Schattenkampf

Titel: Schattenkampf
Autoren: John Lescroart
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Anhörung für Schollers Berufungsverfahren kam. Doch keiner davon belastete Allstrong selbst oder seine Firma.
    Selbstverständlich hatte Hardy in der Zwischenzeit in der Lokalpresse von den FBI-Agenten gelesen, die für den Fall Scholler zuständig gewesen waren. Die Diskussion in den Medien entzündete sich an der Frage, ob die Agenten lediglich aberwitzig unfähig oder kriminell unverantwortlich gewesen waren, als sie derart wichtige Beweise in einem Prozess gegen einen anerkannten Kriegshelden unterdrückt hatten. Agenten wurden versetzt, suspendiert und degradiert.
    Glitsky, der diese Vorgänge mit Hardy täglich verfolgte, konnte seine Schadenfreude kaum unterdrücken. Hardy hatte es zwar als äußerst unwahrscheinlich bezeichnet, dass irgendjemand, der wirklich schuldhaft in diese Vorfälle verstrickt war, jemals ernste Konsequenzen aus seinem Verhalten würde
ziehen müssen, aber Glitsky weidete sich an dem blindwütigen Gemetzel, das das FBI an sich selbst beging.
    Hardy griff nach einem DIN-A4-Umschlag, der mit dem Vermerk »persönlich und vertraulich« an ihn adressiert war. Er war mit der Post eingegangen, ohne Absender, aber mit dem Poststempel von San Francisco. Hardy fasste hinein und zog zwei gefaxte Kopien von E-Mails zwischen [email protected] und [email protected] heraus. Am Tag nach den Khalil-Morden datiert, bestätigten sie, dass Nolan seinen jüngsten Auftrag durchgeführt hatte, und ersuchten um Überweisung des restlichen Honorars auf ein bestimmtes Bankkonto. Allstrong könne Mr. Krekar mitteilen, die Situation sei, wie versprochen, bereinigt und Krekar könne sich ohne Konkurrenz um die Anbar-Aufträge bewerben.
    Obwohl nichts auch nur im Entferntesten Witziges an alldem war, kitzelte der Hauch eines Grinsens an Hardys Mundwinkel. Vielleicht sollte er Glitsky darauf hinweisen, dass Bill Schuyler keineswegs der blauäugige und rückgratlose FBI-Mann war, als der er sich ausgeben musste, um seinen Posten nicht zu verlieren. Andererseits hatte Hardy keinerlei Beweise, dass Schuyler irgendetwas mit diesen neuesten Beweisen zu tun hatte. Jede Erwähnung seines Namens trüge ihm wahrscheinlich nur noch mehr Ärger ein. Und genau besehen, konnten die Beweise von jedem FBI-Agenten zwischen San Francisco und Bagdad stammen, der etwas von diesen Vorgängen mitbekommen hatte und die Rolle, die das FBI dabei zu spielen gezwungen worden war, nicht goutierte.
    Hardy wurde bewusst, dass die Dokumente in seiner Hand ohne einen Zeugen oder eine andere Möglichkeit ihrer Beglaubigung nur zwei vor Gericht vollkommen wertlose Blätter Papier waren. Er saß an seinem Schreibtisch und zupfte an
der gespannten Haut seines Unterkiefers, während er zum hundertsten, nein tausendsten Mal über die Konsequenzen seines Vorhabens nachdachte.
    Er hatte Allstrong keine Versprechungen gemacht. Im Gegenteil, er hatte ihm in aller Unmissverständlichkeit deutlich gemacht, dass er mit jeder Information, die er erhielt, ganz nach eigenem Belieben verfahren würde. Zudem handelte es sich hier nicht um Informationen, die er von Allstrong erhalten hatte. Er war Allstrong also nichts schuldig. Es war, wie Allstrong selbst gesagt hatte, eine unerfreuliche Situation.
    Hardy stand auf und ging wortlos aus seinem Büro und zum Kopierraum, wo er die zwei Seiten kopierte. Zurück an seinem Schreibtisch, heftete er die Kopien in seinen Ordner und begann, in seinen Notizen nach der Adresse von Abdel Khalil zu suchen.

    An einem kühlen Sonntagnachmittag in der zweiten Juniwoche beschnitten Hardy und Frannie die Rosen am Gartenzaun und unterhielten sich über ihre Kinder, die beide in den nächsten Tagen aus ihren Colleges nach Hause kämen. »Ich finde, sie sollten sich beide einen Job suchen«, sagte Hardy. »Ich habe in den Sommerferien immer gearbeitet.«
    »Aber natürlich«, sagte Frannie. »Ich kann dich richtig vor mir sehen, der vierjährige Dismas, wie er die Felder pflügt, nicht zu reden von dem täglichen zehn Kilometer langen Schulweg durch tiefsten Schnee.«
    »Das mit dem Schnee kannst du dir sparen«, sagte er. »Ich bin bekanntlich in San Francisco aufgewachsen.«
    »Schon, aber war in deiner Kindheit das Klima nicht noch etwas rauer?« Diesen kleinen Scherz auf Kosten ihres Altersunterschieds
von elf Jahren hatte sich Frannie nicht verkneifen können.
    »Sehr witzig.« Er schnitt eine gerade aufgeblühte Rose direkt unter der Blüte ab.
    »He, was soll das?« Sie wandte sich ihm zu.
    »Meine Augen lassen nach«,
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