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SchattenGrab

SchattenGrab

Titel: SchattenGrab
Autoren: Nané Lénard
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all unsere Zeit. Für uns selbst blieb kaum etwas.
    Der Vorfall war mir gelegen gekommen. Ich brauchte nur abzuwarten.
    Am nächsten Tag habe ich Marie ins unterirdische Brunnensystem getragen. Da gibt es eine Nische, in der wir unsfrüher als Kinder versteckt hatten, bevor die Holzklappe gegen eine schwere aus Eisen getauscht worden war.
    Marianne habe ich davon nichts gesagt. Sie glaubt an einen traurigen Unfall. Wir haben vereinbart, eine Geschichte zu erfinden, dass wir Marie in einem Heim untergebracht haben. Gestern war ich noch einmal unten. Ich wollte ihr ein Kissen und eine Decke bringen. Es war ein schauriges Bild, das sich mir offenbarte, denn die Ratten hatten schon begonnen, sich an ihr gütlich zu tun. Ich wandte den Blick ab, als ich ihr das Kissen unter den Kopf schob, der keine Augen mehr hatte und bedeckte die Oberschenkel, von denen einer bereits bis auf den Knochen angenagt war.
    Heute bin ich ein letztes Mal dort gewesen und habe ein Drahtgitter angebracht.
    „Krasse Geschichte“, sagte Thorsten und legte die Blätter auf den Tisch.
    „Unglaublich“, bestätigte Ingo, „wer hätte das gedacht.“
    „Ob er seine andere Tochter auch mehr oder weniger um die Ecke gebracht hat?“, überlegte Thorsten laut. „Du hast doch mitgekriegt, dass Sophie auch von ihm ist? Das verschwundene Mädchen, meine ich.“
    „Ja, habe ich“, antwortete Ingo.
    „Und was hat er damit sagen wollen, das Leben mit Marie sei anstrengend und schwierig gewesen? Ob sie auch behindert war, weil Friedhelm Görlitz diese genetische Veränderung hatte?“
    „Das wird uns die Rechtsmedizin sagen können. Ich mache erst mal weiter“, erklärte Ingo. „Bis später dann.“
    In diesem Moment hörten sie ein leises Rufen aus dem Garten. Die Tür zum Wintergarten stand offen.
    „Ma…, ma…!“
    Es war eine Kinderstimme. Ingo Freund und Thorsten Büthe staunten nicht schlecht. Das musste Sophiesein. Diese Ähnlichkeit zu den Fotos aus dem Keller war atemberaubend. Sie stand im Garten und schrie sofort, als sie die Männer sah.
    „Los, hol die Oma von drüben“, flüsterte Thorsten aus einem Geistesblitz heraus. „Vielleicht ist Marga auch noch dort. Sie soll gleich mitkommen.“
    Marianne gelang es, das Mädchen zu beruhigen. Sie legte Sophie in ihre Hängematte und summte.
    „Wo warst du so lange, Marie?“, fragte sie, ohne eine Antwort zu erwarten.
    „Ma…“, sagte Sophie wieder. Dann summte sie mit.
    Inzwischen war Verena in ihrem ehemaligen Zuhause eingetroffen und wunderte sich, dass ihre Schwiegermutter nicht da war, dafür aber ein junges Mädchen mit blondem Haar.
    „Wer sind Sie, wenn ich fragen darf?“
    „Ich bin Olga und kümmere mich um altes Mutter“, sagte sie. „Sind Sie Frau von Mann?“ Neugierig musterte sie das verbeulte Gesicht.
    „Ja“, antwortete sie. „Wo ist meine Schwiegermutter jetzt?“
    „In Nachbarhaus. Polizei haben sie geholt wegen Kind.“
    Verena schrie auf, ließ alles stehen und liegen und rannte nach nebenan.

Thorsten
    Noch Wochen später schimpfte Thorsten Büthe über diesen undurchsichtigen Fall, den er ungeklärt zu den Akten legen musste.
    Aus Sophie war nichts Vernünftiges herauszubringen. Sie wäre die Einzige gewesen, die Licht ins Dunkel hätte bringen können, aber sie schrie immer nur, wenn sie einen Mann sah, den sie nicht kannte. Selbst wenn er nur auf einem Bild zu sehen war. Ob man daraus schließen konnte, dass sie von einem Mann entführt worden sein musste, blieb eine vage Möglichkeit.
    Eine Frauenärztin hatte festgestellt, dass sie nicht missbraucht worden war. Das war beruhigend.
    Ob sie trotzdem einem Mädchenhändler in die Hände gefallen war, der später feststellen musste, dass sie behindert und daher unbrauchbar für sein Vorhaben war, blieb eine weitere unbestätigte Spur.
    Die vermaledeite Uhr konnte ihr gestohlen worden sein. Oder hatte sie sie auf ihrer unbekannten Reise selbst in Neuharlingersiel verloren?
    Fragen über Fragen und keine Antworten.
    Auch auf Friedhelms Tod konnten sich weder er noch Wolf einen Reim machen. Klar war, dass er gestoßen worden und gefallen war, aber durch wen ließ sich nicht herausfinden. Sie hatten auch keine Ahnung, was er in Bückeburg gewollt haben könnte. Alle Spuren waren ins Leere gelaufen.
    Missmutig rief er Wolf an, weil er sich die letzte Tagebucheintragung von Friedhelm noch einmalangesehen hatte. Was hatte der alte Mann gesehen? Genau das musste ihn nach Bückeburg geführt haben.
    Aber auch
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