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Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)

Titel: Scalzi, John - Metatropolis (Erzählungen)
Autoren: John Scalzi
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und ohne den Kopf zu drehen sagt er: »Miller!«
    Vor Schreck verschluckt sie die Kippe und erstickt fast an der Mischung aus Glut, beißendem Rauch und Papier, die ihr in die Kehle rutscht. »Sir«, krächzt sie.
    »Fallen lassen!«
    Fast hätte die neue Rekrutin gesagt: »Was fallen lassen?« Es ist ein Überrest trotziger, oppositioneller Jugendlichkeit, die sie erst vor kurzem hinter sich gelassen hat, aber die absolute Stille ihrer Kameraden ist ihr eine Warnung. Vorsichtig wirft sie ihr Feuerzeug nach unten. Er trifft den moosigen Boden mit einem dumpfen Geräusch und wird von den Schatten am Fuß des Baumes verschluckt.
    »Die Kippe, Miller.« Nun klingt Bashar gelangweilt. Genau dann ist er am gefährlichsten. »Lassen Sie die Kippe fallen, Miller.«
    »Ich hab sie nicht mehr«, flüstert sie, dann rülpst sie Rauch und Papierfetzen aus, während ein glühender Schmerz ihren Kehlkopf versengt.
    Bashar schaut sich immer noch nicht um, als er mit seiner Waffe eine Drei-Nadel-Salve abgibt, die in Kamillas Oberschenkel einschlägt. Sie schreit auf, als sie den Schmerz dieses nicht-tödlichen Treffers spürt, während sich der durchdringende Blutgeruch im Baumwipfel ausbreitet.
    Was auch immer er ihr als Nächstes anzutun beabsichtigte, geht in einem überraschten Ausruf von Ward unter, die hundert Meter hügelabwärts hinter einem flechtenbewachsenen Felsblock hockt.
    Ihre Stimme verbreitet sich knisternd über das dissoziierte Netzwerk der geinsteten Komknöpfe, als sie »H-halt!« ruft. Einen Sekundenbruchteil später schallt das Echo des Wortes durch die kühle Luft.
    Bashar bewegt sich wie ein Puma, der ein verwundetes Schaf anfällt. Schnell und lautlos bringt er den Abstieg mit einem guten Dutzend Sprüngen hinter sich. Ward verzichtet wohlweislich darauf, sich zu entschuldigen, da sie keineswegs ein Neuling ist, aber sie hat den Fremden gesichtet.
    Er ist natürlich Tygre, obwohl noch keiner von uns je von ihm gehört hat, und er ist einfach durch die äußere Linie von Bashars Wachposten hindurchspaziert, als wären sie nicht mehr als tote Straßenlaternen an irgendeinem Boulevard von Portland. Der Wachkommandant stellt sich dem Eindringling von Angesicht zu Angesicht in einem Teich aus Mondlicht, was so tief unter den weitläufigen Armen des Bergwaldes selten ist.
    Einen Augenblick lang ist selbst der zäheste unter den Partisanen der abtrünnigen Stadt gebannt vom Mysterium des Mannes, der ihr König werden sollte.

    Wir zitieren aus der Einleitung zu einer Magisterarbeit, die während des letzten Jahres geschrieben wurde, in dem die Sorbonne noch eine Institution zur Vergabe von akademischen Abschlüssen war:
    In den frühen Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts kam es zum Kollaps des amerikanischen Projekts. Ein edles Experiment in Demokratie und Ökonomie war in den Zustand des Imperialismus übergegangen und schließlich in die gleiche hohle Irrelevanz, der die spanische Krone im 18. Jahrhundert zum Opfer gefallen war. Ein Zombie-Imperium schleppte sich durch seine große Massenträgheit voran, jedoch ohne jede Initiative oder Glaubwürdigkeit. Während Spanien in den Jahren nach der Armada von England überholt wurde, fiel ein Rudel Bluthunde über das Post-Reagan-Amerika her: transnationale Terroristen, Post-NATO-Mächte und rohstoffreiche Mikrostaaten mit tiefem Groll und weitreichenden Waffen. Gleichzeitig verrottete das Land von innen heraus, als sich schließlich die Fehler des auf Verbrennungsmotoren basierenden Urbanismus offenbarten wie Würmer im Herzen einer preisgekrönten Hündin.
    Doch die Hoffnung war noch nicht gestorben. Sie lebte in eigenartigen isolierten Kolonien auf dem noch warmen Kadaver der Vereinigten Staaten weiter. Astronomen in ihren Enklaven in Arizona, Wyoming und Westtexas horchten auf gute Nachrichten aus dem Weltall. Grüne Unternehmer, die erst eine Generation zuvor aus Südasien und Osteuropa gekommen waren, konzentrierten sich unter den Monterey-Kiefern von Big Sur, auf den Maisfeldern von Iowa, innerhalb der versiegelten, halb unterirdischen Arkologien entlang des Pamlico Sound. Die stochastische Stadt erblühte im Verborgenen inmitten der Fast-Ruinen von Detroit und prosperierte lautlos und inoffiziell wie keine andere Stadt, seit die Gründung von Levittown im Jahr 1947 zunächst unbemerkt die urbanen Zentren zum langsamen Tod verurteilt hatte.
    Cascadiopolis war eine gleichermaßen verschwiegene, westlichere Antwort auf Detroits geheime Wiedergeburt. Sie wurde auf
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