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Satzfetzen: Kriminalroman: Ein Zürich-Krimi

Satzfetzen: Kriminalroman: Ein Zürich-Krimi

Titel: Satzfetzen: Kriminalroman: Ein Zürich-Krimi
Autoren: Isabel Morf
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getröstet. Ein Wochenende in Berlin, das wäre doch nett; es gibt ja so billige Flüge. Sie bemerkte einen jüngeren Mann mit Brille, der die Straße überquerte. Sie hatte ihn schon in der Sport-Bar aus dem Augenwinkel wahrgenommen. Nun schaute er ihr nach. Na also, dachte sie, geht doch. Aber für heute ist mein Bedarf an Abenteuern gedeckt.
    Fridolin Heer sah sie um die Ecke biegen und verschwinden. Attraktiv, dachte er. Was die wohl mit diesem ungepflegten Typen am Hut hat, mit dem sie vorhin in der Sport-Bar war? Frauen hatten manchmal einen eigenartigen Geschmack in Sachen Männer. Angela Legler hatte, so munkelte man in der Fraktion, offenbar mit dem rundlichen intellektuellen Secondo, der nun auch tot war, eine Affäre gehabt. Aber da war, fand er, eher die Vorliebe des Mannes etwas eigenartig gewesen. Ob er um sie getrauert hatte? Schwer vorstellbar. Er jedenfalls, gestand sich Fridolin Heer ohne Gewissensbisse ein, trauerte nicht um Angela Legler. Ihr Tod, da hatte dieser argwöhnische Polizist schon recht gehabt, war für ihn die Chance. Heute Abend hatte er im Celia mit der Fraktionschefin der CVP, die ihn bisher recht herablassend behandelt hatte, gegessen und sie hatte ihn ein bisschen in seine Aufgaben eingeführt. Ob er Leglers Sitz in der Verkehrs- und Umweltkommission erben würde, war noch unklar. Vielleicht würde ihn eines der alteingesessenen Ratsmitglieder beanspruchen. Das war ihm egal. Als Ökonom wäre er in der Wirtschafts- oder der Finanzkommission in seinem Element. Jedenfalls war der Kantonsrat eine Plattform, von der aus er wieder ins Leben starten würde. Es waren ja nicht nur die montägliche Ratssitzung und die Kommissionsberatungen. Er würde ein ganz neues Ansehen genießen, vielleicht würde ihm irgendein Verwaltungsratssitz angeboten, irgendwelche bezahlten Ämter in Organisationen. Er war wieder jemand, er würde Leute kennenlernen, tonangebende Leute, und er würde Frauen treffen, attraktive Frauen. Er hatte es gar nicht nötig, spätabends einer Frau auf der Straße hinterherzuschauen. Es wurde Zeit, dass er wieder einmal eine Freundin hatte. Nun kam endlich wieder Fahrt in sein Leben. Leglers Tod war für ihn geradezu ein Segen. Der Polizist hatte sich nicht mehr gemeldet, er war offenbar, trotz des fehlenden Alibis für den Tatabend, nicht verdächtig. Heer winkte übermütig ein Taxi heran.

Donnerstag
    Streiff ging den Schanzengraben hinauf in Richtung Stauffacher. Es war dunkel. Er war mit Valerie in der Helvti verabredet. Es war kein Zufall, dass er diesen Weg gewählt hatte. Es war der Weg, den vor einer guten Woche der Mörder von Angela Legler gegangen war. Er war hinter ihr hergeschlichen. Streiff hörte seine Schritte auf den Holzplanken. Hatte nicht Angela Legler auch die Schritte ihres Mörders hören müssen? Hatte sie sie gehört, war sie schneller gegangen und er hatte aufgeholt? Sie war sportlich, hätte sie nicht rennen und entkommen können? Oder hatte sie sie nicht gehört? Warum nicht? Vielleicht war sie in Gedanken versunken gewesen, möglicherweise hatte sie telefoniert. Aber mit wem? Ihr Handy war nicht gefunden worden. Das war eigentlich seltsam. Wenn der Täter es mitgenommen hatte, hätte er doch sicher auch das Portemonnaie eingesteckt. Wenn sie telefoniert hätte, müsste die Person am anderen Ende den Überfall mitbekommen haben und hätte sich zweifellos bei der Polizei gemeldet. Oder konnte es einen Grund geben, das nicht zu tun? Hatte Angela Legler vielleicht mit Heinrich Leuzinger gesprochen? Der Täter war ihr nachgelaufen. Hatte er sie zufällig gesehen und war ihr gefolgt oder hatte er sie schon vorher beobachtet? Was hatte er gewollt? Geld, Rache? Was hatte er empfunden? Hass? Angst?
    Streiff näherte sich der Treppe, die zur Sihlbrücke hinaufführte. Er schob die Gedanken an Tod und Verbrechen beiseite. Ihm war etwas mulmig zumute. Valerie hatte eingewilligt, ihn zu treffen. Dass sie damit einverstanden war, sich von ihm ausführen zu lassen, hielt er für ein gutes Zeichen. Wenn sie ihm eine Szene machen wollte, würde sie das eher zu Hause tun. Trotzdem würde er sich ordentlich ins Zeug legen müssen, um wieder gut Wetter zu machen. Er ging über die Sihlbrücke Richtung Helvti. Er war etwas zu früh dran, keinesfalls wollte er sie warten lassen. Er bestellte sich ein Bier und zerkrümelte nervös ein Stückchen Brot. Hunger hatte er überhaupt nicht, aber das war Nebensache. Dann sah er sie kommen. Sie lächelte ihm nicht zu wie
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