Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saturn

Saturn

Titel: Saturn
Autoren: Ben Bova
Vom Netzwerk:
runzelte die Stirn und warf ihrer Schwester einen
    Blick zu. »Er heißt nicht einmal mehr Malcolm Eberly. Er hat
    seinen Namen geändert.«
    Susan lächelte wissend. »Na und. Was macht das denn für
    einen Unterschied?«
    »Er wurde in Omaha, Nebraska, als Max Erlenmeyer
    geboren«, sagte Pancho streng. »'84 ist er in Linz wegen
    Betrugs festgenommen worden, versuchte dann aus Österreich
    zu fliehen und…«
    »Das ist mir schnurz! Das ist doch Schnee von gestern! Er hat
    sich geändert. Er ist nicht mehr derselbe, der er damals war.«
    »Du wirst trotzdem nicht gehen.«
    »Werde ich doch«, beharrte Susan und runzelte nun
    ihrerseits die Stirn. »Ich werde fliegen, und du kannst mich
    nicht daran hindern!«
    »Ich bin dein gesetzlicher Vormund, Susie.«
    »Ach was! Das interessiert mich nicht die Bohne. Ich bin
    doch schon fast fünfzig Jahre alt.«
    Dabei sah Susan Lane nicht viel älter aus als zwanzig. Sie
    war gestorben, als sie noch ein Teenager war ‒ getötet durch
    eine tödliche Injektion, die Pancho selbst ihr in den bis auf
    Haut und Knochen abgemagerten Arm gespritzt hatte. Dann
    war die klinisch tote Susan in flüssigem Stickstoff eingefroren
    worden, um auf den Tag zu warten, da die medizinische
    Wissenschaft den Krebs zu heilen vermochte, der den jungen
    Körper verwüstete. Pancho hatte ihren Tiefkühl-Sarg zum
    Mond gebracht, als sie die Stelle als Astronautin für die Astro
    Manufacturing Corporation antrat. Irgendwann war Pancho in
    den Vorstand von Astro aufgestiegen und schließlich zur
    Vorstandsvorsitzenden avanciert. Und derweil wartete Susan
    in ihrem Bad aus flüssigem Stickstoff ‒ wartete darauf, bis
    Pancho sicher war, dass man sie wieder zum Leben zu
    erwecken vermochte.
    Es dauerte über zwanzig Jahre. Und nachdem Susan wieder
    belebt und vom Krebs geheilt worden war, der ihren jungen
    Körper zerfressen hatte, glich ihr Bewusstsein einem
    unbeschriebenen Blatt. Pancho hatte damit gerechnet; aus dem
    Kälteschlaf erweckte Menschen hatten normalerweise fast alle
    neuronalen Verbindungen im zerebralen Kortex verloren.
    Sogar Saito Yamagata, der mächtige Gründer der Yamagata
    Corporation, war fast mit dem Bewusstsein eines
    Neugeborenen aus dem Kälteschlaf erwacht.
    Also hatte Pancho ihre Schwester ‒ ein Kleinkind im Körper
    eines Teenagers ‒ gefüttert, gebadet und ihr wieder
    beigebracht, die Toilette zu benutzen. Und sie hatte die besten
    Neurophysiologen nach Selene geholt, damit sie dem Gehirn
    ihrer Schwester mit Injektionen, Gedächtnisenzymen und
    RNA wieder auf die Sprünge halfen. Sie zog sogar eine
    Nanotherapie in Erwägung, verwarf diese Idee dann aber
    wieder; Nanotechnik war in Selene zwar zugelassen, aber nur
    unter strengen Auflagen. Zumal die Experten es selbst für
    unwahrscheinlich hielten, dass Susan mit Hilfe von
    Nanomaschinen die verlorene Erinnerung zurückerhalten
    würde. Das waren schwierige Jahre, doch allmählich
    entwickelte sich eine junge Erwachsene, eine Frau, die wie die
    Susie aussah, an die Pancho sich erinnerte ‒ nur dass ihre
    Persönlichkeit, ihre Einstellung und ihr Bewusstsein sich
    grundlegend verändert hatten. Susan erinnerte sich nicht mehr
    an ihr früheres Leben, doch dank der ihr verabreichten Neuro-
    Booster hatte sie nun ein annähernd fotografisches Gedächtnis:
    Wenn sie einmal etwas sah oder hörte, vergaß sie es nicht
    mehr. Sie vermochte sich mit einer solchen Präzision an
    Einzelheiten zu erinnern, dass Pancho schier schwindlig
    wurde.
    Nun saßen die Schwestern sich gegenüber und funkelten
    sich an. Pancho auf der dick gepolsterten, burgunderroten
    Kunstledercouch in der Ecke ihres großzügigen Büros, und
    Susan saß angespannt auf der Kante des niedrigen Stuhls auf
    der anderen Seite des geschwungenen Kaffeetischs aus
    Mondglas. Die Ellbogen hatte sie auf die Knie gestützt.
    Sie sahen sich so ähnlich, dass man sie sofort als Schwestern
    identifizierte. Beide waren groß und schlank, hatten lange
    Beine und Arme und schlanke, athletische Körper. Panchos
    Haut war etwas dunkler, als habe sie sich in einem
    Sonnenstudio gebräunt, Susans eine Nuance heller. Pancho
    hatte ihr Kraushaar raspelkurz geschnitten und mit modischen
    grauen Klecksen gefärbt. Susans braunes Haar war durch eine
    Spezialbehandlung lang und füllig geworden; sie trug es nach
    der neuesten Mode schulterlang. Bei der Kleidung ging sie
    auch mit der Mode: Sie trug ein bodenlanges Seidenkleid mit
    kleinen Gewichten in den Säumen, damit der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher