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Sanfter Mond über Usambara

Sanfter Mond über Usambara

Titel: Sanfter Mond über Usambara
Autoren: L Bach
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    Simba blinzelte ihn verschlafen an und klopfte mit dem Schwanz auf den Fußboden. Der junge Beamte Horst Knappert hatte ihn vor einigen Wochen nach Daressalam gebracht. Der Hund war irgendwann in Morogoro aufgetaucht, hinkend, voller Narben und eiternder Wunden, ein Wunder, dass die Verletzungen ihn nicht umgebracht hatten. Er hatte herumgelungert und versucht, Josef Gebauers Hühner zu reißen, worauf ihn der eifrige Händler um ein Haar mit seiner Flinte erschossen hätte. Knappert, der durch Zufall bei ihm im Laden gewesen war, hatte sich daran erinnert, dass das einem Löwen ähnelnde Tier zu Frau Johanssen gehörte, und da er sowieso einen dienstlichen Auftrag in Daressalam zu erfüllen hatte, hatte er den Hund mit zu sich nach Hause gelockt, notdürftig seine Wunden versorgt und ihn auf seine Reise mitgenommen. Simba war bereitwillig in die Eisenbahn gestiegen, als sie jedoch den Bahnhof Daressalam erreicht hatten, riss er sich von dem verblüfften Knappert los und stürmte davon. Nur dem Umstand, dass Simba ein lahmes Hinterbein hatte, war es zu verdanken, dass der Beamte ihm folgen konnte und fast gleichzeitig mit dem Hund vor der Villa der Johanssens ankam. Was sich dann im Garten des Hauses abspielte, war so ergreifend gewesen, dass es Horst Knappert beinahe die Tränen in die Augen getrieben hätte: Der verlauste, vernarbte Bursche wurde in den Schoß der Familie aufgenommen wie ein lange verlorener, schon tot geglaubter Freund.
    Charlotte erhob sich leise, um draußen auf der Terrasse nach dem Rechten zu sehen, denn es schien sich ein neuerlicher Gewitterguss anzukündigen. Elisabeth hatte mit ihrer Geburtstagsfeier bisher großes Glück gehabt, nur ein kurzer Regen war am Morgen heruntergekommen, den Nachmittag über hatte George für sie und ihre Freundinnen im Garten allerlei Wettspiele organisiert, und nun saßen die Mädchen beim Schein bunter Papierlampions auf der Terrasse und schmausten vergnügt. Viel bewundert wurde auch Georges Geschenk an Elisabeth: ein Fahrrad mit Luftreifen und einer Karbidlampe, damit sie auch in der Dämmerung damit fahren konnte.
    » Ich glaube, es ist Zeit « , sagte Charlotte lächelnd zu den vier Mädchen. » Da draußen fährt schon das Automobil der Summerhills vor. «
    Die Summerhills beschäftigten einen Chauffeur– schließlich hatte man früher ja auch einen Kutscher gehabt. Charlotte schickte Jim zum Tor, um den Chauffeur einzulassen, dann kehrte sie ins Wohnzimmer zurück.
    » Die Trennung wird den beiden unendlich schwerfallen, aber es muss sein « , sagte Mrs Summerhill soeben zu George, und Charlotte begriff, dass sie ihm von ihrem Vorhaben erzählte, ihre Tochter Florence demnächst in ein Internat in Südengland zu geben. Als sie Charlotte bemerkte, drehte sie sich zu ihr um und fuhr fort: » Nun, es sei denn, meine Liebe, Sie könnten sich entschließen, Ihr Töchterlein ebenfalls in dieses Institut zu schicken. Ich könnte ein gutes Wort für Sie einlegen, Mrs Johanssen. Wir sind mit der Leiterin sehr gut bekannt… «
    Charlotte wechselte einen heiteren Blick mit George, denn das Thema » Schule « war noch längst nicht entschieden. Elisabeth hatte gestern Abend, als George ihr Gute Nacht sagte, völlig neue Wünsche geäußert: Sie wolle auf keinen Fall Ärztin werden, sondern lieber Plantagenbesitzerin. Dann könne Mama hier bei George in der Villa bleiben und müsse nie wieder nach Neu-Kronau fahren, um nach den Kaffeeblüten zu schauen. Das würde sie, Elisabeth, dann übernehmen.
    » Wir werden sehen, Mrs Summerhill. Aber ich glaube, dass sich Elisabeth nicht so gern von Afrika trennen wird. Sie ist hier geboren– es ist ihre Heimat. «
    Es gab den üblichen Protest, als die Summerhills verkündeten, nun heimfahren zu müssen, schließlich hatten sie versprochen, die drei anderen Freundinnen mitzunehmen und bei ihren Eltern abzuliefern. Die Mädchen jammerten, es sei noch zu früh, und die arme Florence, die bereits von der bevorstehenden Trennung wusste, umarmte Elisabeth weinend.
    » Du fährst doch erst in ein paar Monaten nach England « , hörte Charlotte ihre Tochter tröstend sagen. » Bis dahin ist noch ganz viel Zeit. «
    Später, als Jim und Mimi die letzten Teller und Lichter von der Terrasse ins Haus trugen und George Elisabeth oben in ihrem Zimmer eine gute Nacht wünschte, ging Charlotte hinüber ins Arbeitszimmer.
    Sie hatte gestern einen Brief an Jeremy begonnen, das Schreiben dann aber beiseitegelegt, weil ihr nicht die
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