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Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum
Autoren: Markus Heitz
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hätte er aus Versehen seine Waffe ausgelöst – und die Haut brannte an seinem gesamten Körper.
    Möchtest du, dass ich dir helfe? Lass mich das kleine Miststück für dich erledigen, schnurrte es tief in ihm.
    Er zog den Mantel aus, damit die Kälte den bloßen Oberkörper traf, gegen die Hitze antreten konnte und ihm lindernde Kühlung verschaffte, während ihn das Silber allmählich von innen verbrannte. Sein Herz schlug nicht mehr, es stach wie mit einem Dolch. Es gab keine Rettung mehr für ihn, bald würden seine Organe anfangen, eins nach dem anderen zu versagen. Er würde dem Gerichtsmediziner einen interessanten Anblick bieten. Doch vorher würde er die Mörderin seines Vaters zur Strecke bringen.
    Er schaute auf den Schnee, in dem sich die Katzenpfoten sehr gut abzeichneten. Vorsichtig folgte er ihnen, gelangte schwankend in einen Stall, in dem Ziegen aufgeregt meckerten, als er ihn betrat.
    »Heben Sie langsam die Hände und lassen Sie die Waffe fallen«, erklang eine Stimme hinter ihm. »Ich habe eine Schrotflinte auf Ihren Kopf gerichtet und blase ihn weg, wenn Sie sich zu schnell bewegen, compris?«
    Eric tat, was man von ihm verlangte, und drehte sich langsam um. Vor ihm stand ein sechzigjähriger Mann und richtete sein Gewehr auf ihn. Er sah entschlossen aus. »Niemand vergreift sich an meinen Ziegen!« Er machte einen Schritt nach hinten. »Und jetzt raus, wir warten auf die Polizei. Waren Sie das, der auf der Straße geschossen hat? Ich …« Die Augen des Mannes wurden plötzlich groß, er schaute an Eric vorbei.
    Eric fuhr herum – und sah die verführerisch nackte Severina, die eine Mistgabel gepackt hielt. »Du wirst sterben!« Sie sprang auf ihn zu und holte mit ihrer Waffe aus.
    Eric griff instinktiv hinter sich nach dem Lauf des Gewehrs und zog ihn samt dem Mann nach vorn. Dabei lösten sich zwei Schüsse. Die doppelte Ladung Schrot schoss unter seinem Arm hindurch – und durchlöcherte Severina. Kreischend fiel sie zwischen die Ziegen, die meckernd versuchten, aus dem Gatter zu gelangen.
    Eric hob die Pistole vom Boden auf und scheuchte die Ziegen zur Seite.
    Severina lag rücklings im Stroh, die Wunden verheilten bereits wieder.
    Eric stand über ihr und sah sie an, betrachtete die Katzenpupillen in den blauen Augen. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
    »Ach Eric …« Um Severina Mundwinkel spielte ein überhebliches Lächeln. »Mitleid und Zweifel stehen einer Bestie wie dir nicht.«
    Er zielte auf das Herz und drückte zweimal ab.
    Severina zuckte zusammen – und verwandelte sich. Vor den Augen der beiden Männer zog sich der Körper zusammen, die Knochen schrumpften und veränderten sich. Über den Rücken und am Bauch entlang spross Fell, und es dauerte nicht lange, dann lag eine Katze vor ihnen.
    Eric beugte sich hinab, fühlte nach dem Puls und hob den leichten Körper an. »Wer weiß, Severina.« Er schlug die Augen nieder.
    Er warf den Kadaver zurück in den Ziegendreck und taumelte an dem zitternden Mann vorbei, der sich nicht mehr rührte und krampfhaft an seinem leer geschossenen Gewehr festklammerte.
    Polizeisirenen erklangen, das Knattern eines Hubschraubers näherte sich. Die Kavallerie rückte an, nachdem sich vermutlich die Zahl der Notrufe sprunghaft gesteigert hatte. Eric musste verschwinden, solange sie nicht nach ihm fahndeten.
    Aber sein Körper war am Ende.
    Er fiel in den Schnee, wischte sich den Rotz unter der Nase weg und hatte Blut am Handschuh. Eric war müde, so unendlich müde. Alles in und an ihm brannte, er konnte sich nicht mehr bewegen. Sein Herz schien auf die halbe Größe geschrumpft zu sein, wurde vom Silber erdrückt … setzte einen Schlag aus … Seine Augen schlossen sich, er wollte schlafen. Nur noch schlafen.
    Das Letzte, was er sah, waren drei Gestalten, die durch den Schnee auf ihn zukamen. Die Waffe glitt ihn aus den Fingern. Er meinte zu fühlen, wie man ihn hochhob, wie er schwerelos wurde und …

XXVIII.
KAPITEL

    20. Mai 1769, Rom, Italien
    Die Glocken wollten gar nicht mehr aufhören zu läuten und verkündeten es Rom und der ganzen Welt: Seit gestern gab es einen neuen Heiligen Vater.
    Dass Papst Klemens XIV. bis vor kurzem noch Ganganelli hieß, wunderte Gregoria wenig. Lentolo und der maskierte Kardinal hatten sich mit ihren Gefolgsleuten im Konklave durchgesetzt, auch wenn es beinahe drei Monate und etwa einhundertachtzig Wahlgänge gebraucht hatte, bis weißer Rauch aus dem Schlot der Sixtinischen Kapelle
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