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Samuel Koch - Zwei Leben

Samuel Koch - Zwei Leben

Titel: Samuel Koch - Zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fasel
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Elisabeth und Rebecca, Letztere damals noch ein Säugling, auf und weinten nach der Mama. In dem großen fremden Haus konnte ich die Babysitter nicht finden und machte mich mitten in der Nacht auf, um im Dorf meine Eltern zu suchen. Ich irrte allein, barfuß und frierend in der Dunkelheit herum und wurde immer verzweifelter. Es dauerte scheinbar endlos lange, bis mich schließlich die Polizei fand und mit Blaulicht zu meinen Eltern brachte. Seitdem habe ich unter Albträumen gelitten, bin oft schlafgewandelt und hatte generell eine tief sitzende Angst vor dem Alleinsein und der Dunkelheit.
    Wenn ich dann allein im Bett lag, habe ich mir oft vorgestellt, was eigentlich hinter unserem Horizont, hinter unserem Verstehen liegt. Wenn ich als Kind abends in den Himmel schaute und das Funkeln der Sterne sah, überkam mich die Sehnsucht zu wissen: Wo kommt das her? Wie weit ist das entfernt? Als mir mein Papa dann erklärte, dass wir manches Licht sehen, dessen Absender inzwischen schon längst erloschen ist, weil das Licht so lange auf dem Weg gewesen war, irritierte mich das sehr.
    â€žDu hast öfter mit mir über die Unendlichkeit geredet“, erinnert sich mein Vater. „Du konntest nie genug Antworten darüber kriegen, was das denn nun wirklich bedeutet: Unendlichkeit!“
    Das Konzept der Unendlichkeit war so unfassbar – und deshalb fesselte es mich total. Irgendwann muss doch mal Schluss sein! Und was kommt dann?
    Solche und ähnliche Fragen quälten mich sehr. Damals lag ich oft nächtelang wach in meinem Hochbett und sinnierte über die Fragen, die ich an Gott und die Welt hatte: Wenn es die Unendlichkeit gibt, was mache ich dann so lange? Was passiert genau, wenn ein Mensch stirbt?
    In mir wuchs eine kaum fassbare Angst, die um die Frage kreiste, woher wir kommen und wohin wir gehen. Wenn ich jetzt einschlief und nicht mehr aufwachte, was würde dann passieren?
    Diese Gedankenflut entwickelte sich zu einer richtigen Krise. Ich hatte Angst davor, alleine zu sein und immer weiter über diese Dinge nachzudenken.
Ein Gebet mit Folgen
    Irgendwann wurden meine Nächte unerträglich, meine Gedankenspiralen absurd. Und dann passierte etwas Überraschendes.
    Meine ganzen Überlegungen, meine Ängste und Fragen verwandelten sich in einen fast wütenden Appell. Als ich eines späten Abends wieder mal in meinem Bett lag und die Panik vor dem Einschlafen aufstieg, forderte ich zornig: „Gott, wenn es dich gibt, dann will ich mir keine Gedanken mehr machen müssen! Mir stinkt das! Ich will wieder schlafen können. Mach, dass Schluss ist mit meiner Angst vor meinen Träumen und vor dem Sterben!“
    Seit diesem Abend habe ich nie wieder Albträume gehabt. Auch die teilweise gefährliche Schlafwandelei war schlagartig vorbei.
    Dieses Erlebnis war für mich einschneidend. Mir wurde klar: Gott schien nicht nur eine Geschichte aus dem Bibelbilderbuch zu sein, und offensichtlich hatte er wirklich Interesse an mir und meinen Sorgen! Plötzlich war er keine philosophische Frage mehr, weit entfernt von meinem Lebensalltag.
    Ich suchte die Unterstützung meines Patenonkels, einem nüchternen, sachlich denkenden Elektroingenieur. Zusammen mit ihm forschte ich in der Bibel und diskutierte mit ihm über meine Fragen. Das hat mir zusätzlich geholfen, meinen persönlichen Zugang zu Gott zu finden. Mein Patenonkel ist heute noch ein Vertrauter für mich.
    Langsam wuchs in mir eine wirkliche Beziehung zu Gott. Bald darauf traf ich die Entscheidung, mich taufen zu lassen.
    Ich kam ins Gymnasium und wurde gleich Klassensprecher. Ich habe mehr zur Spaßabteilung gehört, zu denen, die viel feierten und viel Sport machten. In der Abizeitung gibt es bezeichnende Eintragungen zu mir: „Mister Zuspätkommer“, „Sportskanone“ und „Klassenclown“.
    Das sagt ein bisschen was über meine Rolle in der Klasse, in der Schule, bei meinen Freunden. Ich war nie ein Überflieger, aber ich habe ehrlich gesagt auch nie richtig gelernt.
    â€žDu bist ein echtes Sozial-Tierchen“, sagt meine Schwester Elisabeth über mich. Das stimmt. Soziale Kontakte waren mir meist wichtiger als Noten.
    Mit der Taufe hatte ich für mich innerlich ein klares Signal gesetzt. Aber in der Kirchengemeinde gab es kaum Gleichaltrige und schon gar keine Gleichgesinnten. Ich las zwar weiterhin in der Bibel und betete. Jedoch führten meine vielen

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