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Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)

Titel: Sam & Emily: Kleine Geschichte vom Glück des Zufalls (German Edition)
Autoren: Holly Goldberg Sloan
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höhere Position zu bewegen, sprang er einfach auf. Der Friseurumhang aus Kunststoff, der im Nacken schloss statt vorne, war schon eine Zumutung für ihn gewesen.
    Sam nahm Riddle mit in eine Ecke des Salons. Dort standen sie vor der Toilettentür und steckten die Köpfe zusammen. Dann kamen sie zurück und Sam erklärte mit entschuldigendem Blick, dass sein Bruder keinen modischen Haarschnitt brauchte; er wolle lediglich den Kopf rasiert haben.
    Crystal war alles andere als unangenehm überrascht, im Gegenteil, sie war begeistert. Im Handumdrehen, wie es schien, hatte sie sein Haar durchpflügt, und Riddle, der nicht wiederzuerkennen war, ging samt Memphis-Telefonbuch und Stift glücklich nach draußen, um dort auf Sam zu warten.
    Sein Nachher-Foto wurde vor der Außenwand des Gebäudes aufgenommen. Den Kopf voll blondem Flaum blinzelte er ins Objektiv. Die folgende Stunde brachte Riddle damit zu, eine komplizierte Skizze des hydraulischen Pedals anzufertigen, das sich am Fuß der Friseursessel befand.
    Sam war als Nächster dran.
    Jetzt, da Riddle aus dem Weg war, nahm Crystal sich Zeit. Zuerst wusch sie sein Haar, und zwar nicht einmal oder zweimal – ganze drei Mal wusch sie es. Direkt über ihn gebeugt stand sie da und massierte seine Kopfhaut. Wie von selbst öffnete sich an ihrer Bluse ein weiterer Knopf und Sam schloss die Augen, um nicht ständig auf ihren rosafarbenen Push-up starren zu müssen. Und plötzlich ging es ihm wie Riddle: Er wollte nichts wie weg von hier.
    Aber Crystal schien das nicht zu merken.
    Nachdem sie ihm eine gefühlte Ewigkeit lang die Haare gewaschen hatte, arbeitete sie Festiger ein. Dann saß er wieder auf dem normalen Stuhl und sie begann, sich seinem Haarschnitt zu widmen, als hinge ihr Leben von dem Resultat ab. Sam merkte erst nach einer Weile, dass ihr die beiden anderen Stylisten inzwischen zusahen.
    Sam hatte den Kopf voller drahtiger dunkler Locken. Bisher hatte er sich immer bemüht, sie alle auf gleiche Länge zu schneiden. Aber Chrystal hatte da andere Vorstellungen.
    Das Stirnhaar und einen Teil des Hinterkopfs schnitt sie ihm stufig. Sie dünnte aus, sie kürzte, sie schnitt Stufen. Siebenundvierzig Minuten lang arbeitete sie mit höchster Konzentration und Hingabe. Und es wäre keine Übertreibung, wenn man sagen wollte, dass der fertige Schnitt ihre bisher größte Meisterleistung war.
    Und dann trat der Besitzer des Salons in Aktion. Erst legte er Sam feuchte Tücher aufs Gesicht und verteilte warmen Rasierschaum auf seiner Haut. Anschließend holte er die schärfste Klinge hervor, die Sam je gesehen hatte, und der Siebzehnjährige war sich sicher, dass jetzt sein letztes Stündlein geschlagen hatte.
    Hilflos schloss er die Augen, als nun der Salonbesitzer das Stahlmesser zur Hand nahm und den Flaum wegrasierte, der auf Sams Kinn, Wangen und Teilen seines Halses wuchs.
    Interessant, dachte Sam, dass ihn gerade, als er befürchtete, der Mann könne ihm die Kehle aufschlitzen, ein schicksalergebenes, friedliches Gefühl überkam und er sich gar nicht wehren wollte.
    Der Salonbesitzer schoss das Nachher-Foto höchstpersönlich und bestand darauf, dass Sam dabei neben einem der Spiegel stand, sodass der Schnitt sowohl von vorn als auch von hinten zu sehen war. Anschließend wollte er, dass Sam irgendein Papier unterschrieb, das er Einverständniserklärung nannte.
    Sam hatte keine Ahnung, wovon die Rede war, aber wenn er danach endlich gehen konnte, hatte er kein Problem damit, seinen Namen auf das Formular zu kritzeln. Jetzt wurde er wirklich langsam nervös. Der ganze Salon schien sich mit einem Mal für ihn zu interessieren.
    Während der Salonbesitzer noch seinen Papierkram fertig machte, nahm Crystal eine Plastiktüte und füllte sie mit »Produkten«. Es waren bestimmt mehr als zwei Dutzend kleine Proben – Shampoo und Festiger, Haargel und sogar eine Hautlotion war dabei. Sam sagte nichts. Manchmal wusch er sich die Haare mit Seife, aber meistens stand er einfach unter der Dusche und hoffte, dass sich der Dreck von alleine rauswaschen würde. Als Crystal Sam die Tüte mit den Haarpflegeprodukten – unter anderem auch ein Päckchen mit Wegwerfrasierern – in die Hand drückte, schob sie auch ihre Karte dazu. Sam entdeckte erst zu Hause, dass sie ihre Handynummer mit lila Tinte auf die Rückseite geschrieben hatte und dazu die Worte Ruf mich an . Darunter hatte sie ihren Namen und ein etwas schiefes Herz gesetzt. Sam warf die Karte in den Müll.
    Wie
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