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Sagen aus Bayern

Sagen aus Bayern

Titel: Sagen aus Bayern
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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waren immer höher geklettert, und kamen endlich in die Nähe des jungen Schützen. Der war schon lange des Schießens nach einer bloßen Scheibe überdrüßig; in den beiden Ziegen fand er seiner Meinung nach ein weit würdigeres Ziel für seine Kunst – und zwei Bolzen streckten die Ziegen nieder.
    Es war Abend geworden, und die Witwe ging, ihre Ziegen heimzuholen. Sie pflegten sich sonst nie weit von der Hütte zu entfernen, aber die Witwe fand sie dieses Mal nicht an den gewohnten Stellen; sie stieg höher und höher und kam endlich an die Stätte, wo der Knabe seinem Vater jubelnd die Opfer seiner gelungenen Schüsse zeigte. Weinend warf sich die Witwe auf ihre eben verbluteten Lieblinge, die Gespielinnen, die Ernährerinnen ihrer Kinder. »O Barmherziger im Himmel«, rief sie verzweifelnd, »wie hast Du zulassen können, daß ein ruchloser Bube in seinem Übermute eine bedrängte Mutter ihrer letzten Stütze beraubt?! Nun kann ich meine armen Kinder nicht mehr ernähren, und es bleibt ihnen nichts übrig, als Hungers zu sterben!« »Hoho«, sprach der Junge, »wozu das Geschrei, das Jammern? Was ist's für ein Unglück, wenn auch deine Rangen verhungern sollten? Ist's doch nur Bauernpack – und wie man nicht weiß, von wannen es gekommen, so kümmert's auch niemanden, wenn es vergangen.« »Meinst du?« rief das Weib, das in seinem Elende aller Furcht vor dem strengen Burgherrn vergaß: »Meinst du, frecher Bube? In deinen Augen und in denen deines Vaters, der für deine Schandtat nur ein beifälliges Hohnlächeln hat, mag der Bauer nichts gelten, aber der Rächer alles Unrechtes wird euch einst sagen, daß der fleißige Bauer mehr wert ist als der räuberische Junker. Ich bin ein schwaches Weib, das mit euch nicht abzurechnen vermag; aber der, dessen Donnerstimme eben spricht, wird meinen Worten Kraft verleihen. Verflucht seist du, übermütiger Bube, und dein ganzes Geschlecht, verflucht sei das Haus, das dich geboren, verflucht sei dein Name und deines Namens Gedächtnis! «
    Und eben begann sich das Gewitter zu entladen, das schon früher heraufgezogen war. Ein Blitzstrahl zerriß nach dem andern das Gewölk, und die Donnerschläge erschütterten die Erde, daß sie in ihren Grundfesten bebte. Der Ritter und sein Söhnlein, wie die Witwe eilten hinweg, jene mit Rachegedanken in die stolze Burg, diese trostlos in die arme Hütte. Bis tief in die Nacht tobte ein greuliches Unwetter – am andern Morgen war die Burg nur ein Steinhaufen; das Feuer des Himmels hatte sie verzehrt und mit ihr alle Bewohner. Wie sie sich nannten, ist unbekannt; der Name der Burg ist verschollen; nur einige Mauertrümmer geben Kunde, daß Ritter und Burg gewesen. – Wo die Ziegen der Witwe gemordet wurden, wächst heute noch kein Gras und bleibt kein Schnee liegen; für die Kinder wird Der gesorgt haben, der die jungen Raben speist und die Lilien des Feldes kleidet.

Der heilige Sonntag
    Zu Kindstadt in Franken pflog eine Spinnerin des Sonntags über zu spinnen und zwang auch ihre Mägde dazu. Einsten dauchte sie miteinander, es ginge Feuer aus ihren Spinnrocken, täte ihnen aber weiter kein Leid. Den folgenden Sonntag kam das Feuer wahrhaftig in den Rocken, wurde doch wieder gelöscht. Weil sie's aber nicht achtete, ging den dritten Sonntag das ganze Haus an vom Flachs und verbranntze die Frau mit zweien Kindern, aber durch Gottes Gnade wurde ein kleines Kind in der Wiegen erhalten, daß ihm kein Leid geschahe.
    Man sagt auch, einem Bauer, der sonntags in die Mühle ging, sein Getreid zu mahlen, sei es zu Aschen geworden, einem andern Scheuer und Korn abgebrunnen. Einer wollte auf den heiligen Tag pflügen und die Pflugschar mit einem Eisen scheuern, das Eisen wuchs ihn an die Hand und mußte es zwei Jahr in großem Schmerz tragen, bis ihn Gott nach vielem brünstigen Gebet von der Plage erledigte.

Der Jungfernturm und die eiserne Jungfrau
    An jenem Reste der ehemaligen Stadtmauer, welcher sich vom St. Salvatorplatze – dem sogenannten griechischen Markte – bis Zur Häuserreihe des Maximilians- oder Dultplatzes hinzieht, ist eine Gedenktafel angebracht mit der Inschrift:
    Hier stand der
Jungfernthurm,
erbaut im Jahre
1493
Abgebrochen
im Jahre
1804.
    Auf diesem Jungfernturm haftet eine schauerlich-romantische Volkssage. Nach dieser soll in demselben eine eiserne Statue der heiligen Jungfrau gewesen sein, welche das Schlachtopfer, dessen Tod beschlossen war, habe küssen müssen, während dem der Boden unter seinen Füßen sich
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