Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume

Titel: Safa: Die Rettung der kleinen Wüstenblume
Autoren: Waris Dirie
Vom Netzwerk:
neue Lebensaufgabe.
     
    Seine Begeisterung steckte mich an, daher war die Preisverleihung am Abend außergewöhnlicher als all die anderen, die ich im Laufe der letzten Jahre hatte erleben dürfen. Nach den Ereignissen der letzten Tage und dem konstruktiven Gespräch am Morgen fieberte ich der von der Thomas-Dehler-Stiftung im Münchner Rathaus organisierten Gala geradezu entgegen. Zudem war es der letzte gemeinsame Abend mit meinen Freunden aus Dschibuti. Der bevorstehende Abschied ließ mir trotz meiner Euphorie für die gute Sache das Herz schwer werden.
    Umso mehr freute ich mich, als ich endlich neben Safa in der ersten Reihe des eleganten Festsaals saß. Inab war mitgekommen, genauso wie Idriss, der sich zur Feier des Tages sogar eine Krawatte von meinem Manager geliehen hatte. Auf der anderen Seite hatten neben ihm Sophie, Joanna und Walter Platz genommen. Mehrere hundert Gäste waren gekommen, um die Ehrung unserer Arbeit mitzuverfolgen. Nachdem ein Videozusammenschnitt über die Desert Flower Foundation gezeigt worden war, ergriff Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger das Wort und hielt eine freundliche Laudatio.
    »Meine Damen und Herren«, sagte sie schließlich feierlich, und Safa drückte aufgeregt meine Hand, »ich freue mich, Ihnen die Preisträgerin des Thomas-Dehler-Preises 2013 vorstellen zu dürfen. Herzlich willkommen, Waris Dirie.«
    Joanna hatte ein Manuskript für meine Dankesrede vorbereitet, das ich ihr nun, während ich mich erhob, um zur Bühne zu gehen, spontan zurückgab. Ich wollte nicht vom Blatt ablesen. Ich wollte heute Abend mein Herz sprechen lassen.
    Unter tosendem Applaus schritt ich auf die Bühne. Wehmütig fiel mein Blick auf die erste Reihe, in der Safa, Inab und Idriss strahlend vor Glück saßen. Es war unbeschreiblich, wie sie mir alle drei im letzten halben Jahr ans Herz gewachsen waren. Was hatten wir nicht alles mit ihnen erlebt. Welch große Sorgen hatten wir uns um mein Patenkind gemacht. Wie oft war ich angesichts der harten Kämpfe, die ich mit ihrem Vater austragen musste, der Verzweiflung nahe gewesen. Doch all die Kraftakte und Mühen, um diesen Menschen, die noch nie zuvor ihre Heimat verlassen hatten, unsere Welt und unsere Arbeit näherzubringen, hatten sich gelohnt.
    Ich holte tief Luft, hielt die Lippen dicht vor das Mikrofon und fing an zu sprechen.
    »Wenn ich die Augen schließe und einige Jahre in meine Kindheit zurückreise, wenn ich mein Leben Revue passieren lasse, dann bin ich besonders stolz, heute hier stehen zu dürfen. Niemals hätte ich, das Mädchen aus der Wüste, geglaubt, dass ich es schaffen würde, so viele Menschen zu erreichen. Ich sage nicht, dass ich all das Gute, das mir in meinem Leben widerfahren ist, verdient habe. Aber dieser Preis, diese Geste heute, ist mir besonders wichtig, und Momente wie diesen brauche ich. Ich brauche Ihre Wertschätzung und Ihre Anerkennung. Sie geben mir damit die Kraft und die Motivation, die nötig sind, um nicht aufzugeben und meine Arbeit fortzuführen. Wissen Sie, alle Menschen sind auf der Suche nach Glück. Aber echtes Glück bedeutet, das Richtige zu tun. Ohne es in Frage zu stellen, ohne zu zögern und ohne etwas dafür zurückhaben zu wollen. Das ist der einfachste Weg, echtes Glück zu erfahren. Und Sie können mir glauben, es fühlt sich sehr gut an. Das Lächeln eines Menschen, dem ich geholfen habe, ist das größte Geschenk, das man mir machen kann. Und ich bin der Meinung, dass alle Menschen so denken und handeln sollten. Ich erinnere mich aber auch an unzählige einsame Tage, an denen ich morgens weinend aufgewacht bin und voller Frust war. Oft war ich auch verzweifelt und verwirrt, und immer wieder habe ich mich gefragt, wieso nur passieren diese grauenvollen Dinge? Ich beschloss, etwas zu unternehmen, und gründete vor zwölf Jahren mit meinen besten Freunden die Desert Flower Foundation. Klar, ich hätte mich auch zur Ruhe setzen können. Nur zu gern hätte ich mich auf eine einsame Insel zurückgezogen, die Füße hochgelegt und mein wunderbares Leben genossen. Aber wissen Sie was? Ich hätte es nicht genießen können, mein Herz wäre nicht dort gewesen, es wäre weiterhin bei all den kleinen Mädchen geblieben, die Tag für Tag leiden müssen.«
    Ich atmete tief aus und ließ den Blick durch die Zuschauerreihen wandern. Alle saßen da und hörten mir gebannt zu.
    »Wissen Sie, ich habe meine Arbeit nie getan, um reich zu werden und mir ein Schloss kaufen zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher