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Saeuglingsschwimmen

Saeuglingsschwimmen

Titel: Saeuglingsschwimmen
Autoren: Lilli Ahrendt
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währt die Aufmerksamkeit des Säuglings nur kurzfristig; er kann die Fülle an Reizen noch nicht bewältigen. Ab dem dritten Monat beginnt er, einzelne Sinnesgebiete zu verknüpfen. Das Kind erweitert erst nach und nach seine Fähigkeiten, mit den Sinnen wahrzunehmen. Es nimmt zunächst über die Nahsinne seine Umwelt auf. Zu den Nahsinnen gehören die Hautsensibilität, das Körper- und Bewegungsgefühl, das Gleichgewicht und der Geschmack. Bei Säuglingen ist die Anregung der Nahsinne auf Grund der entwicklungsbedingten Sinnesentfaltung am wichtigsten, da das Gehirn ektodermalen [6] Ursprungs ist. Das erklärt die zunächst vorrangige Bedeutung der Nahsinne für den Säugling. Die Reize auf das Gleichgewichtsorgan werden als bedeutsam eingestuft, weil sie in der biologischen Entwicklung des Menschen zu seinen frühesten Empfindungen gehören. Dem Berühren der Haut kommt eine besondere Bedeutung zu: Taktile Wahrnehmung trägt der kognitiven Hirnfunktion grundlegende qualitative Informationen über die Muskelspannung, die Orientierung im Raum und die aufrechte Position zu. Deshalb begünstigt das Nacktsein den Säugling in der Aufnahme von Bewegungsinformationen.
    Mit zunehmendem Lebensalter während der ersten sechs Lebensjahre überlagern die Fernsinne wie Sehen, Hören und Geruch als bevorzugte Wahrnehmung die Nahsinne.

2.3 BEZIEHUNGSVERHALTEN: VON DER MUTTERKIND- SYMBIOSE ZUR EIGENSTÄNDIGKEIT
    Zwischen der Mutter und dem Kind knüpft sich – besonders in der Zeit des Stillens – ein starkes, gefühlsbetontes Band, das beide zu einem gewissen Grad gegenüber Dritten isoliert, weshalb ihre Beziehung auch als Egoismus zu zweit bezeichnet wird.
    In dieser subtilen Phase bilden sich auch das Urvertrauen, Antrieb und Hoffnung aus. Die Mutter wird vom Säugling als so genannte secure base benutzt. Sie verschafft ihm mit ihrer sicht- und hörbaren Gegenwart den notwendigen Rückhalt, um die Welt erforschen zu wollen.
    Mit steigendem Umweltinteresse und Ausdrucksvermögen des Säuglings beeinflussen die Eltern heranreifenden motorischen, perzeptiven und stimmlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten ihres Kindes, indem sie unzureichend gesteuerte motorische Aktivitäten des Säuglings ausgleichen, ihn für erreichte Fertigkeiten belohnen oder seine Handlungen nachahmen oder vormachen. Dieses Unterstützen und Fördern bahnt weitere Entwicklungsschritte an.
    Körperliche Nähe bedeutet dem Kind Nahrung für sein Wohlbefinden. Wird die Mutter-Kind-Interaktion gestört, erleidet das Kind Entwicklungseinbrüche, vor allem im kognitiven und im sozial-emotionalen Bereich. Der Säugling verlangt nach emotionaler Sicherheit und symbiotischem [7] Schutzraum und hat auch ein Bedürfnis, zu kommunizieren und mit allen Sinnen wahrzunehmen. Um diese Bedürfnisse zu verwirklichen, ist der Säugling auf die Vermittlung durch eine oder mehrere Personen angewiesen. Die vervollkommnenden und kommunikativen Fähigkeiten der Bezugspersonen beeinflussen die Entwicklung des Säuglings in seinen Anpassungs-, Lern- und Einübungsprozessen, ohne dass sich die Eltern dessen stets bewusst sind.
    Zu den typischen Formen des elterlichen Anpassens an die kindlichen Bedürfnisse zählen das Teilhaben, Ausgleichen, Motivieren, Belohnen, Nachahmen und Vorbildgeben.
    Diese Verhaltensregulation steht auch beim Erarbeiten von wirksamen Beruhigungspraktiken der frühen Eltern-Kind-Interaktion im Vordergrund. Nach der Entbindung besteht für den Säugling zunächst eine sehr reizarme Entwicklungszeit. Einige seiner Bewegungen sind noch unwillkürlich und reflexbedingt. Die kurzen Wachzeiten und die energiezehrenden körperlichen Umstellungsprozesse lassen ihn schnell ermüden. Deshalb stellen Trage- und Schaukelbewegungen der Bezugsperson für das Kind eine willkommene vestibuläre und taktile körperliche Anregung dar.
    Die Eltern erkennen vielfach die kaum sichtbaren Schlüsselsignale im kindlichen Verhalten und beantworten diese quasi zufällig visuell, stimmlich, mimisch oder motorisch und stoßen damit das selbstständige, absichtsvolle Verhalten des Kindes und dessen Selbstwahrnehmung an. Um sich bei der Begegnung mit einer neuen, fremden Situation rückzuversichern, sucht es die Deckung der Mutter, um sich an ihren Signalen (Mimik, Sprache) zu orientieren. Diese wiederum vermittelt ihre eigenen unbewussten
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