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Runterschalten!

Runterschalten!

Titel: Runterschalten!
Autoren: Wiebke Sponagel
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wie sich die äußere Architektur von Fußgängerzonen international angleicht, hat sich längst die „innere Architektur“ von Unternehmen angeglichen. Wie bei einer russischen Matka-Puppe erstreckt sich die Vereinheitlichung vom Grossen bis ins Kleinste. Kaum jemand kann sich dem entziehen. So werden Mitarbeiter und Manager – manche mehr, manche weniger – Rädchen in einem Normierungs-Getriebe. In verschiedenen Abstufungen und mit immer mehr Schwung verlangt es dem Karriere-Anwärter Anpassung bis zur Selbstaufgabe ab. Diese Selbstaufgabe ist es, die den vormals beweglichen Menschen, der viele Optionen hatte, mehr und mehr einengt und seiner Möglichkeiten beraubt.
    2. Schritt zur Selbst-Losigkeit: Anpassung an die Branche
Phase drei : Das richtige Studium
    â€žManager werden, das hatte so einen Magnetismus, auch wenn man nicht genau wusste, worauf man sich einlässt. Viele meiner Schulfreunde wollten BWL studieren, also machte ich das auch. Das Studium war sehr lernintensiv“, berichtet Axel Wendel über den Beginn seiner Laufbahn.
    Die zweite Sprosse auf der vereinheitlichten Karriereleiter: Ein Studium der Wirtschaftswissenschaften, BWL oder Jura, Abschluss: MBA. Spezifisches Fachwissen, wie es noch in den 1980er Jahren für Karrieren von unten nach oben im Unternehmen wichtig war, ist heute eher nebensächlich. An dessen Stelle sind Finanzen, Marketing und Controlling getreten. Im MBA-Studium lernt man, Daten zu sammeln, Kennzahlen und Kontrollmethoden zu bearbeiten und wieder neue bürokratische Prozesse zu entwickeln, die nicht unbedingt etwas mit unternehmerischen Zielen zu tun haben. Die Vorschriften zur internationalen Rechnungslegung fordern das, im Zuge der Globalisierung werden solche Verfahrensexperten gebraucht. Halten wir also noch ein Merkmal der Normierungsmaschine fest: Die Kandidaten der Normkarriere produzieren ihrerseits mechanistische Strukturen. Perfekt. Die Maschine reproduziert sich selbst.
    3. Schritt zur Selbst-Losigkeit: Lernen, Prozesse zu produzieren.
Phase vier: Ahnungslos durchs Assessment Center
    â€žDas Studium enthielt unglaublich viel Examenswissen, das man zwei Wochen später schon wieder vergessen hatte. Aber klar, alles in allem und mit den Praktika, die man neben dem Studium gemacht hat, fühlte man sich als frischer MBA als King. Das Gerede vom Assessment-Center konnte da eigentlich erst mal keinen schockieren. Aber dann kriegt man doch das Hosenflattern …“
    Der vierte zu bestehende Schritt in der Laufbahn zum Norm-Manager: Das Assessment-Center (AC). Ein Auswahlverfahren, dessen Ursprünge bei Rekrutierungsverfahren der deutschen Wehrmacht bzw. später der US-Army liegen. Ziel der Tests: Für ein bestimmtes Unternehmen geeignete Kandidaten auf die Führungskräfte-Schiene zu setzen. Worin diese Eignung genau besteht, ist allerdings nicht klar. In Praxisanleitungen zum AC-Verfahren ist die Rede von der „Selektion geeigneter Personen für ausgeschriebene Merkmalsklassen“, und zwar nach „Quoten“ – Sie verstehen?
    Ein Bewerber erzählt von seinen Erlebnissen aus fünf AC. Er stellt fest, dass sich die Verfahren in den großen Unternehmen mehr oder weniger gleichen. Die Konkurrenten beobachten sich und die Reaktionen der Juroren, jeder beäugt jeden, es ist ein Nonstop-Vergleich in alle Richtungen.
    Die konkrete Aufgabenstellung sei bei solchen Prüfungen fast nebensächlich, schreibt der AC-Kandidat. Worauf es den Prüfern allerdings ankomme, weiß der Kandidat nicht: Durchsetzungsfähigkeit? Teamfähigkeit? Emotionalität? Coolness? Es ist, als wenn jemand zum Hundertmeterlauf antritt, um vielleicht nachher zu erfahren, dass der Läufer mit dem besten Hüftschwung siegte. Die Prüfer werden sich irgendetwas notieren, der Kandidat hat keine Ahnung, was.
    â€žFair war das nicht“ erzählt auch Axel Wendel. „Man hatte ständig dieses ungute Gefühl im Magen, aber zeigen durfte man es natürlich nicht.“
    Die Macher der AC-Verfahren glauben, messbare Auswahlkriterien für ihre Merkmalsklassen zu haben. Viele Fragen sind jedoch aus wissenschaftlicher Sicht bis heute ungeklärt: Misst das AC wirklich, was es zu messen vorgibt? Sind da nicht auch „gefühlte“, also nicht messbare Inhalte beteiligt? Sind erfolgreiche AC-Teilnehmer wirklich Garanten für den Erfolg eines Unternehmens? Oder bringt das Verfahren nur
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