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Ruf der Wildnis

Ruf der Wildnis

Titel: Ruf der Wildnis
Autoren: Jack London
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Knien, zauste ihn und schüttelte ihn hin und her.
    »Du Dummkopf, du Strolch, du verfluchter Kerl!« Der Mann legte sein Gesicht an den Kopf des Hundes, und die Stimme, die Flüche wie Koseworte flüsterte, war so zärtlich, daß die Umstehenden sich verwundert anstarrten.
    »Donnerwetter, hören Sie«, rief der König von Skokum, »Herr, ich gebe Ihnen für diesen Hund tausend Dollar, was sage ich, zwölfhundert! Aber der Hund gehört mir!«
    Thornton erhob sich. Seine Augen waren feucht. Tränen liefen ihm über die Wangen.
    »Herr, gehen Sie zum Teufel mit Ihrem Geld! Das ist das Beste, was Sie tun können!«
    Buck faßte mit den Zähnen die Hand seines Herrn und schüttelte sie kräftig.
    Die Zuschauer fühlten, daß sie hier nicht länger stören durften. Sie zogen sich schweigend zurück, und keiner wagte es, noch einmal Geld für den Hund zu bieten.

Kapitel 7. Der Ruf ertönt
    M it den mehr als tausend Dollar, die Buck seinem Herrn in wenigen Minuten verdient hatte, konnten alle dringenden Schulden bezahlt werden, und einer Reise nach dem Osten stand nichts mehr im Wege. Eine sagenhafte Goldmine sollte es dort geben, und ihre Geschichte war so alt wie die Geschichte des Landes. Viele Männer hatten schon nach ihr gesucht, und kaum einer war zurückgekehrt. Geheimnis umgab diese Mine, ein tragisches Geheimnis. Kein Mensch wußte, wer sie entdeckt hatte, selbst die ältesten Überlieferungen reichten nicht so weit zurück. Sterbende Männer schworen auf ihrem Totenbett, daß es diese Mine gab, und bewiesen es mit Goldkörnchen, so groß wie sonst kein Nugget im Nordland. Seit jeher sollte dort eine alte, baufällige Hütte stehen, aber kein Lebender hatte sie je gesehen, und die Toten blieben stumm.
    Thornton beschloß, auf gut Glück diese Mine zu suchen. Mit seinen beiden Gefährten Pete und Hans, mit Buck und noch einem halben Dutzend anderer Hunde fuhr er auf seinem Schlitten siebzig Meilen den Yukon hinauf, bog dann rechts ab zum Stuartfluß, dessen Lauf er bis zu seiner Quelle folgte.
    John Thornton brauchte die Menschen nicht, und die Wildnis bot ihm keine Schrecken. Mit einer Handvoll Salz und einer Flinte konnte er ein fremdes Land durchstreifen, so lange er wollte. Nach Indianerart, ohne jegliche Hast, erjagte er sich sein Essen, und blieb er erfolglos, wanderte er gleich dem Indianer weiter und wußte, daß er früher oder später Beute finden würde. Auf dieser großen Fahrt in den einsamen Osten nährten sie sich von der Jagd, und auf dem Schlitten lagen nur die Munition und die Ausrüstung. Sie hatten keine Eile, sie hatten Zeit, und kein Kalender drängte sie.
    Buck fand an diesem Leben ein unbändiges Vergnügen: Jagen, Fischen und endlose Fahrten durch unbekanntes Land. Manchmal wanderten sie viele Wochen. Tag für Tag zogen die Hunde den Schlitten, um dafür wochenlang wieder im Lager herumzulungern, während die Männer auf ihrer vergeblichen Goldsuche Feuer anmachten und in ihren Pfannen Erde auftauten und auswuschen. Manchmal blieben sie hungrig, manchmal hatten sie im Überfluß, wenn das Wild reichlich war und sie Glück bei der Jagd hatten.
    Es wurde Sommer, und Männer und Hunde packten sich ihre Last auf den Rücken, flößten über blaue Gebirgsseen und befuhren unbekannte Flüsse auf schlanken Booten, die sie sich gebaut hatten. Sie wanderten über kahle Berge und durch sonnige Täler, durch Gegenden, die keines Menschen Fußspuren trugen und wo doch Menschen gewesen sein mußten, wenn es die verlassene Hütte und Mine wirklich geben sollte.
    Die Monate vergingen. Sie erlebten die Gewitter im Hochsommer und froren beim fahlen Schein der Mitternachtssonne. Sie litten unter den Mücken-und Fliegenschwärmen, und im Schatten von Gletschern pflückten sie Erdbeeren und Blumen, reif und leuchtend wie jene des Südlandes. Im Herbst drangen sie in ein unheimliches Seengebiet vor, in dem wilde Enten und Gänse genistet hatten, das nun verlassen und traurig dalag, den kalten Winden ausgesetzt, ohne das geringste Zeichen von Leben. Eis bildete sich in den Buchten, und eintönig rollten die Wellen an einsame Ufer.
    Einen zweiten Winter lang suchten sie, folgten nun den verwischten Spuren von Menschen, die vor ihnen das Land durchzogen hatten. Einmal stießen sie auf einen Pfad, und die verlassene Hütte schien plötzlich sehr nahe zu sein. Aber der Weg begann nirgends, endete nirgends und blieb ein Geheimnis wie die Männer, die ihn angelegt hatten.
    Später kamen sie zu einer morschen, alten
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