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Rügensommer

Rügensommer

Titel: Rügensommer
Autoren: Aufbau
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überrascht, wie viele Gäste immerhin der Einladung zur Eröffnung gefolgt waren. Darunter war auch Udo Neuhaus, der Pensionsbetreiber, der an allem Neuen interessiert war und ständig die Fühler nach möglichen Kooperationen ausstreckte. Bei einem Tässchen Mate-Tee kamen sie ins Gespräch.
    »Also ein Prosecco wäre mir lieber gewesen«, gestand Deike.
    »Ein handfestes Bier hätte es auch getan.« Er lachte. »Wenn Sie keinen Mate-Tee mögen – es gibt auch leckeren Brottrunk.« Seine Lippen kräuselten sich.
    »Ach, ich will keine Umstände machen und bleibe dann doch lieber bei meinem Tee.«
    »Nun ist Andrea also weg, und Sie müssen den Laden alleine schmeißen, wenn ich richtig informiert bin.«
    »Sie hat alles so toll vorbereitet, die Redaktion so gut organisiert, da ist das überhaupt kein Problem. Außerdem habe ich ja einige Kollegen, die wenigstens stundenweise kommen und mir mal Termine abnehmen können, und ungeheuer nette Anzeigenkunden. Was soll da schiefgehen?«
    Udo Neuhaus überhörte ihre charmante Bemerkung und beobachtete sie eine Weile aufmerksam. Dann sagte er: »Soll ich ehrlich sein?«
    Sie war verunsichert und hatte keinen Schimmer, worauf er hinaus wollte. »Unbedingt«, antwortete sie trotzdem.
    »Ich habe nicht geglaubt, dass Sie durchhalten. Hier auf Rügen. Ich habe schon viele kommen und gehen sehen, vom Festland, meine ich. Bisher lag ich immer richtig mit meiner Einschätzung, ob einer auf die Insel passt oder nicht. Sie sind nicht einmal ein Nordlicht! Trotzdem habe ich mich bei Ihnen anscheinend ziemlich verhauen.«
    »Darf ich auch ehrlich sein?«
    Er nickte.
    »Am Anfang habe ich auch nicht hierhergepasst. Wir mussten uns erst einmal aneinander reiben, Rügen und ich, aber jetzt mögen wir uns, und Sie werden mich nicht mehr los, fürchte ich.« Deike strahlte ihn an.
    »Verliebt, was? Ja, in diese Insel muss man sich auch verlieben. Jedenfalls, wenn man das Herz am rechten Fleck hat.«
    Als sie sich von den Betreibern des Studios verabschiedete, bekam Deike ein kleines Päckchen, das eine Yoga-CD und ayurvedischen Tee enthielt. Zuerst überlegte sie, wem sie mit der CD eine Freude machen konnte. Dann fiel ihr jedoch ihr guter Vorsatz wieder ein und sie beschloss, die Bewegungen, die zu innererRuhe und geistiger Stärkung führen sollten, wie der Text auf der Rückseite versprach, wenigstens einmal auszuprobieren.
    Ob Hannes wohl zu Hause war?, fragte sie sich, als sie die Stufen zum Haus hinaufging. Sofort kehrte das vertraute Kribbeln in ihren Bauch zurück. Sämtliche Vorhänge waren zugezogen. Merkwürdig, das war das erste Mal seit Tagen. Ein ungutes Gefühl beschlich sie. Sie blieb vor seiner Tür kurz stehen und wollte schon klingeln, entschied sich dann aber anders. Sich rar zu machen war sicher die bessere Taktik, als wie eine Klette gleich wieder auf der Matte zu stehen. Außerdem wollte sie ja Yoga machen.
     
    Eine angenehme weibliche Sphärenstimme erklärte, wie man sich ganz aufrecht und gleichzeitig entspannt hinzustellen hatte. Ihre Anweisungen wurden von exotischer Musik untermalt, von der Deike nicht sicher hätte sagen können, ob eine menschliche Stimme oder ein fremdartiges Instrument sie erzeugte.
    »Wir üben den Baum«, kündigte die Frauenstimme an und erklärte dann freundlicherweise, wie der Baum funktionierte. »Einatmen mmmhhhh, ausatmen fffhhh«, kommandierte sie in einschläferndem Singsang. Deike war nicht so recht bei der Sache, ihre Gedanken glitten wieder und wieder ab nach nebenan.
    »Wir üben den Hund!«
    »Toll, hoffentlich nicht den kleinen rosa Duschel-Hund«, brummte Deike und versäumte, bei der Beschreibung der Übung aufmerksam zuzuhören.
    »Tief einatmen. Und dann gehen wir summend in den Hund!« Summend in den Hund gehen? Nein, Yoga war definitiv nichts für sie. Sie schaltete das Gesäusel ab. Dann doch lieber laut Musik hören und dazu tanzen, bis sie aus der Puste war. Sie legte eine andere CD ein und drehte auf. Im Takt derRhythmen hüpfte sie durch ihr Wohnzimmer, sprang immer wilder herum. Ja, das machte wesentlich mehr Spaß, und man kam wenigstens ins Schwitzen. Was auch immer sie je in irgendwelchen kitschigen Tanzfilmen gesehen hatte, machte sie nun nach, großartig und sehr nah am Original, wie sie fand. Sie drehte Pirouetten, wie vor wenigen Tagen beim Maibowlen-Fest, nur war Hannes leider nicht zur Stelle, um sie aufzufangen. Beinahe wäre sie über ihr Sofa gestolpert. In letzter Sekunde konnte sie das
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